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SCHONDRA: Rettung für 22 Rassehunde

SCHONDRA

Rettung für 22 Rassehunde

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    Über 20 freiwillige Helfer fanden sich zum Scheren der verwahrlosten Briards.
    Über 20 freiwillige Helfer fanden sich zum Scheren der verwahrlosten Briards. Foto: Foto: Stefan Bönning

    Es war ein schrecklicher Anblick für die beiden Retterinnen: 22 unterernährte und verwahrloste Hunde schleppten sich in einem Anwesen in Schondra (Lkr. Bad Kissingen) umher. Die 50-jährige Halterin war tags zuvor aus dem Leben geschieden. Einzelne Hunde teilten dieses Schicksal. Geschwächt vom offenbar bereits länger grassierenden Hunger waren sie verendet. Darunter ein Wurf Welpen, die den ersten Tag nicht überstanden.

    Eine Woche später gibt es von den überlebenden Tieren im Alter von sieben Monaten und zwölfeinhalb Jahren gute Neuigkeiten. 20 Briards und zwei Lhasa Apso sind inzwischen gut untergebracht. Ein Aufruf über Facebook hatte Hundefreunde aus ganz Deutschland mobilisiert. Sie fanden sich in dem sozialen Netzwerk in einer eigenen Gruppe zusammen. Sogar international sorgte die Notlage für Aufsehen. Zwei der Tiere holte ein Österreicher ab. Ein US-Amerikaner zeigte ebenfalls Mitleid. Er reiste extra aus den Vereinigten Staaten an, um einen der Hunde zu holen.

    Die Welle der Hilfsbereitschaft hängt wohl auch damit zusammen, dass Briards viele Fans haben. Die zotteligen, hüfthohen Hütehunde gelten als gutmütig mit einem ausgeprägten Familiensinn. Durch die spontane Rettungsaktion blieb ihnen eine Unterbringung im Tierheim erspart.

    „Das wäre auch gar nicht gegangen“, sagt Ingrid Hesse aus dem hessischen Knüllwald-Ellingshausen. Die Tiere sind zu sehr auf eine menschliche Bezugsperson fixiert. Mit ihrer Tochter Nadine, die selbst Briards züchtet, koordinierte sie die Hilfsaktion. Beide holten die überlebenden Hunde in einem Kleinbus für die Erstversorgung in ihrer hessischen Heimat ab.

    Noch fällt es den beiden Frauen schwer, über das Erlebte zu sprechen. Bei ihrer Befreiung hatten die Hunde noch misstrauisch auf die Retterinnen reagiert. Die Briards hatten sich in ihrem Kampf ums Überleben offenbar in verfeindenden Gruppen arrangiert. Vollkommen unklar ist im Nachhinein der Verbleib eines Wurfes junger Hunde, dessen Geburt für den vergangenen September dokumentiert ist.

    Mindestens ein Vierteljahr seien die Hunde nicht mehr gepflegt worden, vermutet Ingrid Hesse. Zentimetertief sei das Fell verfilzt gewesen. „Die Hunde konnten sich kaum mehr bewegen“, beschreibt sie das Elend. Die Tiere litten unter Entzündungen an Haut und Augen sowie Hungerödemen.

    Über einen weiteren Aufruf in der Facebook-Gruppe fanden sich über 20 Helfer für das Scheren der Hunde. Drei Tage herrschte bei Hesses Leben in Haus und Garten. Es sei sehr rührend gewesen, wie sich die anfängliche Distanz der Hunde in Anlehnungsbedürftigkeit gewandelt habe, so Hesse.

    Der Halterin müssen die Hunde irgendwann über den Kopf gewachsen sein, vermutet die Retterin. Die verstorbene Frau sei Mitglied in wechselnden Zuchtverbänden gewesen.

    Ingrid Hesse versteht nicht, warum die Lebensbedingungen der Hunde dem Umfeld so lange verborgen geblieben sind, zumal 2015 von der Gemeinde schon einmal das Veterinäramt und die Polizei eingeschaltet worden seien.

    Bei einer unangemeldeten Kontrolle im Frühjahr 2015 habe es keinen Anlass zum Einschreiten gegeben, erklärt das Veterinäramt Bad Kissingen auf Nachfrage dieser Redaktion. Überrascht ist die Behörde jetzt über die vorhandene Anzahl von Hunden. Im Vorjahr habe man nur sieben angetroffen.

    Ingrid Hesse nutzt das Durchlebte für einen Appell, um solche Hundeschicksale künftig zu vermeiden. Es sei wünschenswert, in einer Nachbarschaft gut aufeinander zu schauen.

    Mindestens zwei Wochen wird ihre Familie noch hautnah mit dem Vorfall konfrontiert sein. Dann ist auch der letzte Schützling so aufgepäppelt, dass ihn sein neuer Halter in die Arme schließen kann. Immerhin springt der zutrauliche Rüde schon munter durch den Garten.

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