(kal) Rhönschaf, Rhönforelle, Rhönlamas oder Rhöner Gelbvieh inzwischen reichlich bekannte tierischen Vertreter des Landes der offenen Fernen. Aber es gibt ein weiteres, wenn auch eher unbekanntes, Tier mit der Bezeichnung Rhön im Namen. Dabei handelt es sich nicht um den gelegentlich besungenen Rhönhas, den Albert Handwerker in seinem gleichnamigen Lied verewigt hat, sondern um das Rhönkaninchen.
Die Züchter dieser Rasse trafen sich im Thüringischen Rhöndörfchen Kaltenlengsfeld. Sie kamen aus allen Gegenden Deutschlands und sogar aus der Schweiz ins kleine Kaltenlengsfeld, um sich zu treffen und Erfahrungen auszutauschen.
1971 wurde das Rhönkaninchen erstmals von Karl Becker aus Stadtlengsfeld gezüchtet. Doch das eher kleine Tier hatte es zu DDR-Zeiten nicht gerade leicht, denn da waren große Rassen gefragt, die viel Fleisch lieferten. Inzwischen werden die Freunde des Rhönkaninchens aber Jahr für Jahr mehr, was vor allem den Sohn von Karl Becker, Reiner Becker, freut.
Anlass des Treffens von Züchtern aus dem Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland war die offene Schau des Rhönkaninchen- und Schwarzgrannenkaninchenklubs Thüringen. Der Rhönkaninchen- und Schwarzgrannenkaninchenklub Thüringen ist ein Spezialklub, der sich mit der Zucht eben dieser Rasse beschäftigt.
In Kaltenlengsfeld waren auch Klubs aus Hessen-Nassau, Westfalen sowie weitere Landesverbände aus Württemberg-Hohenzollern, Bayern, Berlin-Mark Brandenburg, Sachsen und Hannover vertreten. Die 78 Aussteller waren mit 538 Tieren angereist; der Hesse Marco Zinke aus Linsengericht, der die beste Häsin ausstellte, war sogar mit 36 und damit mit den meisten Tieren in die Rhön gekommen.
„Diese Schau ist ein Wettbewerb zwischen allen Rhönkaninchen-und Schwarzgrannenzüchtern bundesweit und genießt daher einen hohen Stellenwert“, sagt der Vorsitzende des Thüringer Klubs, Mario Wirsing. Seit 19 Jahren gibt es die Schau, und dementsprechend werde auch eine Klubwertung durchgeführt. „Im nächsten Jahr wird das Rhönkaninchen 40 Jahre alt“, meint Reiner Becker, der Sohn von Karl Becker, der einst das erste Rhönkaninchen züchtete. „Von der Färbung her sollte das Rhönkaninchen aussehen wie ein Birkenstamm, das war der Grundgedanke von meinem Vater“, erinnert sich Reiner Becker, der von klein an mit der Kaninchenzucht aufgewachsen ist. Karl Becker züchtete das Rhönkaninchen aus den Rassen Japaner und Kleinchinchilla. „Japaner sind schwarz-gelb. Aber durch die Gene des Kleinchinchilla wird kein Gelb mehr produziert, sondern weiß. Das ergibt die charakteristische Färbung des Rhönkaninchens“, erklärt der langjährige Zuchtfreund. Zu DDR-Zeiten seien es lange nur drei Züchter gewesen, die die Weiterzucht des Rhönkaninchens aufrecht erhielten. „Eine kleine Rasse wie das Rhönkaninchen wurde nicht gefördert. Gefragt waren große Rassen, die viel Fleisch lieferten. Deshalb konnte sich das Rhönkaninchen auch nicht durchsetzen“, erzählt Rainer Becker.
Hinzu kam die Tatsache, dass sein Vater der neuen Rasse ausgerechnet den Namen „Rhön“ verliehen hatte, was auch nicht gerade zur Beliebtheit bei den staatlichen Stellen beigetragen habe, denn die Rhön sei schließlich als politisch „schwarz“ bekannt gewesen. „Vielleicht hätte er es Lenin-Kaninchen nennen sollen, dann wäre der Erfolg bestimmt größer gewesen“, meint Reiner Becker heute schmunzelnd.
Nach und nach seien mehr Tiere in den Westen gelangt. „Dort hat sich die Rasse gut aufgebaut, und heute werden es bundesweit immer mehr Züchter, die Gefallen an unserem Rhönkaninchen finden“, freut sich Becker. Das Rhönkaninchen erreicht ein Gewicht von 2,75 bis 3,25 Kilogramm. „Es zeichnet sich durch ein sehr kurzfaseriges Fleisch aus“, sagt Reiner Becker. Und wie schmeckt es? „Das kommt ganz auf den Koch an“, lacht er.