Die alte Redensart, dass Blut dicker als Wasser ist, kennt vermutlich jeder. Dass jedoch manches Blut auch ein bißchen schwuler sein kann als anderes, dürfte für die meisten neu sein. Aber bei der Blutspende gibt es diese strikte Trennung. "Homosexuelle dürfen grundsätzlich kein Blut spenden", sagt eine Ärztin des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes.
Laut Transfusionsgesetz sei es nicht gestattet, das Blut von Homosexuellen weiterzugeben, also macht es auch keinen Sinn, es überhaupt einzusammeln. Betroffen von dem Verbot sind nur Schwule. Lesben dürfen spenden.
Schwule sind ein Leben lang ausgeschlossen
Das Bundesgesundheitsministerium bestätigt das. Die Regelung gibt es seit 1977. Der wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer erklärt: Nie wieder Blut spenden darf, wer einer Bevölkerungsgruppe angehört, die besonders stark AIDS-gefährdet ist. Dazu gehören Prostituierte. Und homosexuelle Männer.
Doch die meisten anderen Risikogruppen werden nur auf Zeit vom Blutspenden ausgeschlossen. „Das Blut wird natürlich untersucht, aber zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit ist es oft schwer, Viren im Blut nachzuweisen“, erklärt die Ärztin des Roten Kreuzes. Wer also in einer Situation gewesen sei, in der er sich zum Beispiel mit AIDS hätte infizieren können, muss daher eine Wartezeit einlegen.
Der Blutspendedienst zählt Beispiele auf: Wer zu einer Prostituierten geht, darf ein Jahr danach kein Blut spenden. Ein Mann, der eine neue Freundin hat, darf die ersten sechs Monate in der neuen Beziehung ebenfalls nicht spenden. Eine Frau, die von ihrem Mann betrogen wird, darf zwölf Monate nicht mehr spenden, weil sie über ihren Mann gefährdet wäre. Wer in einem AIDS-Risiko-Gebiet wie Afrika wechselnde Sexualpartner hat, darf nach seiner Rückkehr nach Deutschland zwölf Monate nicht mehr spenden.
"Eine infame Ungerechtigkeit"
"Schwule sind ein Leben lang vom Spenden ausgeschlossen", sagt Gärtner. "Auch wenn sie monogam leben, also seit fünfzehn, zwanzig Jahren nur mit einer einzigen Person eine sexuelle Beziehung haben. Das ist eine infame Ungerechtigkeit."
Begründet wird der lebenslange Ausschluss damit, dass sich Betroffene immer wieder in Risiko-Situationen begeben. „Das entspricht aber nicht der Realität. AIDS kommt ja nicht angeflogen, das holt man sich. Wer als Schwuler in einer treuen Beziehung lebt, ist nicht automatisch in einer Risiko-Situation“, sagt Gärtner.
Ihn ärgert besonders, dass Homosexuelle damit unter "einen typisch deutschen Generalverdacht gestellt werden". Denn während Heterosexuelle vor der Spende eigentlich sagen müssen, ob Risikofaktoren vorliegen - also zum Beispiel, ob sie ihre Frau betrügen oder zu einer Prostituierten gehen - werden Homosexuelle nicht nach Risikofaktoren gefragt. Sie werden generell ausgeschlossen - unabhängig davon, wie ihr individuelles Risiko aussieht.
So sind Homosexuelle, die seit Jahren in einer festen Beziehung leben, genauso vom Spenden ausgeschlossen, wie homosexuelle Prostituierte. Ein heterosexueller Mann, der häufig wechselnde Partnerinnen hat und zu Prostituierten geht, wird hingegen als geringeres Risiko eingestuft, indem er nur zeitweise vom Blut-Spenden ausgeschlossen wird. Gegen diese Ungleichbehandlung protestiert unter anderem der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD).
Homosexuelle werden auch in anderen Ländern vom Blutspenden ausgeschlossen. Aber nicht überall. Als das Militärkrankenhaus in Madrid beispielsweise Homo- und Bisexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung ablehnte, protestierten viele Schwulenverbände. Daraufhin lenkte das Verteidigungsministerium im Jahr 2003 ein: Der Ausschluss von Bi- und Homosexuellen sei „altmodisch“, „falsch“ und „überholt“.