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Maßbach/Berlin: Sabine Dittmar antwortet auf Samstagsbrief: "Müssen die Impflücke bis zum Herbst schließen"

Maßbach/Berlin

Sabine Dittmar antwortet auf Samstagsbrief: "Müssen die Impflücke bis zum Herbst schließen"

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    Staatssekretärin Sabine Dittmar, von Beruf Ärztin, impft regelmäßig selbst Frauen und Männer in ihrem Wahlkreis Bad Kissingen.
    Staatssekretärin Sabine Dittmar, von Beruf Ärztin, impft regelmäßig selbst Frauen und Männer in ihrem Wahlkreis Bad Kissingen. Foto: Marco Heumann

    Trotz vieler Warnungen seitens der Expertinnen und Experten fallen jetzt abgesehen von einem "Basisschutz" fast überall in Deutschland die Corona-Regelungen. Im "Samstagsbrief" an Sabine Dittmar, die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, meinte  Redakteur Michael Czygan: "Frau Dittmar, Sie haben sich von der FDP über den Tisch ziehen lassen!". Jetzt hat die SPD-Politikerin und Ärztin, die in Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) zu Hause ist, geantwortet. Hier ihr Brief im Wortlaut:

    Sehr geehrter Herr Czygan,

    keine Sorge, ich habe dem Team Vorsicht keineswegs den Rücken gekehrt. Auf den ersten Blick mag es Ihnen seltsam erscheinen, bei Rekordinzidenzen grundrechtseinschränkende Maßnahmen zurückzunehmen. Allerdings sind die Auswirkungen der aktuellen Inzidenzen im Bereich zwischen 1000 und 3000 in keinster Weise mit den Auswirkungen der Inzidenzen im Bereich um 100 zu vergleichen, die zum Zeitpunkt der Bundesnotbremse vorherrschten.

    Das Virus und die Immunitätslage der Bevölkerung haben sich verändert. Wir haben es mit einem nach wie vor hoch infektiösen Virus zu tun, das allerdings bei den meisten nur milde bis symptomlose Krankheitsverläufe auslöst. Das hat zum einen sicher mit veränderten Eigenschaften des Virus zu tun, aber auch damit, dass die Bevölkerung zunehmend durch die Impfung eine gute Immunantwort entwickelt. Die Folge ist, dass die Hospitalisierungsraten und Intensivbettenbelegungen nicht mehr zu einer flächendeckenden Überlastung des Gesundheitssystems führen. Aber genau diese Überlastung war der Grund für gesetzlich angeordnete Grundrechtseinschränkungen.

    Es ist kein Geheimnis, dass die jüngste Änderung des Infektionsschutzgesetzes ein sehr mühsames parlamentarisches Verfahren war. Denn, auch wenn dem Gesundheitswesen wegen Corona augenblicklich nicht der Kollaps droht, so ist die hohe Zahl an Neuinfektionen bedrohlich. Unser Ziel muss es daher nach wie vor sein, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren. Corona ist kein „einfacher“ Infekt oder mit der Grippe vergleichbar. Die Spätfolgen und dauerhaften Beeinträchtigungen für die Organe, das Nervensystem oder das kognitive Befinden sind derzeit noch nicht absehbar.

    Im Gesetzgebungsverfahren zum Infektionsschutz haben wir einen Kompromiss gefunden zwischen dem Wunsch nach Normalität und dem Schutz der Bevölkerung, zwischen ersehnten Erleichterungen und Rekordinfektionen. Dieser Kompromiss mag manchen nicht gefallen, aber es war ein notwendiger Kompromiss, denn ohne Änderung des Infektionsschutzgesetzes wären ALLE geltenden Schutzmaßnahmen zum 19. März ersatzlos ausgelaufen.

    Das neue Infektionsschutzgesetz ist nun gültige Gesetzeslage. Bundesjustizminister Marco Buschmann bürgt dafür, dass die getroffenen Regelungen verfassungskonform und gerichtsfest umsetzbar sind. Die Länder haben nun wieder mehr Verantwortung für die Infektionskontrolle. Und ich erwarte, dass die Länder damit verantwortungsvoll umgehen – das gilt auch für die bayerische Staatsregierung. Einfach zu sagen, das Gesetz gefällt mir nicht und deshalb wende ich es nicht an, wäre verantwortungslos. Dass man auch ganze Bundesländer umfassende Regelungen treffen kann, zeigen mehrere Bundesländer, die sich bereits zu Hotspots erklärt haben.

    Die große Herausforderung, vor die uns Corona aktuell stellt, ist nicht die Schwere des Krankheitsverlaufs, sondern die mit der festgestellten Infektion verbundenen Quarantäne- und Isolationsanforderungen an Infizierte und Kontaktpersonen. Hier werden häufig völlig symptomfreie Personen „aus dem Verkehr gezogen“. Dies führt zu Personalengpässen nicht nur im Krankenhaus und in der Pflege, sondern insgesamt in der kritischen Infrastruktur und auf dem Arbeitsmarkt.

    Aktuell werden die Quarantäneregeln überprüft. Das Robert-Koch-Institut (RKI) bewertet fortwährend die epidemiologische Lage und leitet, unter Berücksichtigung der neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, daraus die notwendigen Isolations- und Quarantäneregeln ab.

    Klar ist aber auch: Nur eine ausreichend hohe Impfquote führt uns raus aus der Pandemie. Unser Ziel muss es sein, bis zum Herbst eine hohe Grundimmunität innerhalb unserer Bevölkerung zu erreichen. Dafür stehen uns hochwirksame und sichere Impfstoffe zur Verfügung. Wir wollen schließlich keine neue Welle mit massiven Auswirkungen und Einschränkungen auf unser soziales und wirtschaftliches Leben. Wir müssen die Impflücke bis zum Herbst schließen. Deshalb plädiere ich für eine allgemeine Impfpflicht, die jetzt greift und nicht erst im September.

    Corona eignet sich nicht für parteitaktische Spielereien. Bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag muss sich jeder seiner Verantwortung für das Wohl unserer Gesellschaft bewusst sein.

    Zudem appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger, weiterhin die gängigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu befolgen und die Selbst- und Bürgertests zu nutzen – zum Eigenschutz und zum Schutz des Umfelds.

    Werter Herr Czygan, ich versichere Ihnen, dass die Bundesregierung weiterhin das Infektionsgeschehen genauestens verfolgt und dass wir nicht zögern werden, nachzujustieren, wenn es notwendig ist.

    Es grüßt Sie Ihre

    Sabine Dittmar aus dem Team Vorsicht

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