Eine Berlinerin ist sie nicht, sagt Sabine Dittmar, obwohl die 60-Jährige längst zur festen Größe im politischen Berlin geworden ist. Seit 2013 sitzt sie für die SPD im Bundestag, ist als Staatssekretärin im Gesundheitsministerium gewissermaßen die Nummer Zwei hinter Minister Karl Lauterbach. Ihr erneuter Einzug in den Bundestag gilt über die Landesliste als sicher. Dennoch sagt Dittmar: "Heimat sind für mich Maßbach und die Region." Die Spitzenpolitikerin lässt sie sich in ihrem Auftreten selten anmerken.

Ihre Rolle als Staatssekretärin bringe mit sich, in Berlin oft präsenter zu sein als im Wahlkreis. Das sieht sie als Nachteil des Jobs. In der Hauptstadt hat Dittmar die Ampelkoalition nicht nur hautnah erlebt, sondern war wichtiger Teil der Regierung. Sie weiß um das unglückliche Bild, das sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen zuletzt abgab: "Du hast dich am Abend auf etwas geeinigt, das dann am Morgen aufgekündigt wurde. So kann man nicht arbeiten."

Einfacher werde es künftig nicht, egal in welcher Regierungskonstellation. Aber: "Man muss in der Lage sein, einen Konsens einzugehen und den nach außen zu vertreten."
Sabine Dittmar will Physiotherapeuten oder Logopäden direkter ins System einbinden
Die unzureichende medizinische Versorgung auf dem Land beschäftigt Dittmar akut: "Gerade, was die Grundversorgung angeht, wird es immer schwieriger, ärztliche Kollegen zu finden, die im ländlichen Raum praktizieren", so Dittmar. Kein neues oder unbekanntes Problem, das sich kaum über weitere politische Anreize lösen lasse. Da sei schon eine Menge passiert und im ländlichen Raum seien weiche Faktoren entscheidender.

Man müsse die medizinische Versorgung neu denken. "Wir werden irgendwann eher das Zentrum haben, das die Region außen herum versorgt." Ein weiterer Ansatz sei es, Physiotherapeuten oder Logopäden direkter einzubinden. "Im Moment muss man zum Hausarzt, der einen oft noch zum Orthopäden schickt, bis man eine Verordnung bekommt", so Dittmar.
ÖPNV im ländlichen Raum: Ganz ohne Auto wird es laut Sabine Dittmar nicht gehen
Ein anderes Dauerthema auf dem Land: das lückenhafte ÖPNV-Netz. Dittmar: "Das beschäftigt uns im Kreistag seit 30 Jahren. Es gibt neue Modelle, die ich ganz gut finde. Aber bundespolitisch werden wir das nicht lösen können und ganz ohne Auto werden wir in unserer Region nicht auskommen." Dazu komme, dass die Bevölkerung Konzepte und Ideen im ländlichen Raum oft nicht wirklich annehme. Da müsse auch das Denken der Menschen sich verändern.

Mit Sorge blickt Dittmar auf die gesellschaftliche Entwicklung. In Sachen Zuwanderung irritiere sie oft der Ton in der Debatte. Man müsse klar unterscheiden zwischen irregulärer Zuwanderung und geförderter Fachkräftezuwanderung. "Wir können unseren Standard nur aufrechterhalten, wenn wir Zuwanderung für den Arbeitsmarkt haben."
Und: "Das Recht auf Asyl ist unantastbar. Da wird mit uns in möglichen Koalitionsgesprächen auch keiner verhandeln können." In Sachen Rückführung fehle ihr öffentlich manchmal der Blick auf die Fakten: "Die Asylanträge sind zurückgegangen und die Rückführungen gestiegen. Die beschlossenen Maßnahmen greifen."
Energiepolitische Maßnahmen dürfen die Menschen sozial und finanziell nicht überfordern
Zur Sicherheitslage in Deutschland sagt die Politikerin: "Wenn wirklich ein Angriffskrieg auf uns stattfinden sollte, sind wir nicht in dem Maße verteidigungsfähig, wie wir es sein sollten." Es brauche mehr Soldatinnen und Soldaten. Ob eine Wehrpflicht alleine das lösen könnte, sieht sie skeptisch.
In Sachen Energiepolitik wirbt Dittmar für einen Mittelweg. "Es sollte unbestritten sein, dass der Klimawandel menschlich mitgemacht ist. Aber Maßnahmen dürfen die Menschen sozial und finanziell nicht überfordern." Es sei dabei schon einiges gelungen. "Der Ausbau der Erneuerbaren hat deutlich zugenommen, Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt." Der Schritt zurück zur Atomkraft sei kein zukunftsweisender.

Die Energiewende wird unbequeme Maßnahmen mit sich bringen, so Dittmar. Sie verweist auf die Trassendebatte in Unterfranken und sagt: "Einen Tod musst du sterben." Um Entlastungen für die Bevölkerung zu schaffen, hält sie eine Deckelung der Netzentgelte für erstrebenswert. Auch Anreize für den Kauf von E-Autos zu setzen, sei sinnvoll. Zumal auch die Industrie wissen müsse, "dass die Elektromobilität mit ein Zukunftsfaktor ist".
Zur PersonSabine Dittmar wurde am 15. September 1964 in Schweinfurt geboren. Sie wuchs in Maßbach im Landkreis Bad Kissingen auf und lebt dort mit ihrem Ehemann. Dittmar ist Kinderpflegerin und Medizinerin, seit 2008 aber Berufspolitikerin. 2013 wurde Dittmar, bis heute auch Kreisrätin in Bad Kissingen, erstmals in den Bundestag gewählt. Seit 2017 ist sie dort gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und wurde 2021 zur Parlamentarischen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium. Im Wahlkreis 247 Bad Kissingen tritt sie 2025 zum vierten Mal als Direktkandidatin der SPD zur Bundestagswahl an.Quelle: si