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Bad Kissingen: Samstagsbrief: Paddelverbot auf der Saale im Landkreis Bad Kissingen - wie konnte es so weit kommen, Herr Landrat Bold?

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Samstagsbrief: Paddelverbot auf der Saale im Landkreis Bad Kissingen - wie konnte es so weit kommen, Herr Landrat Bold?

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    Kanu-Verbot auf der Saale: Bad Kissingens Landrat Thomas Bold bemüht sich derzeit, die Wogen zu glätten.
    Kanu-Verbot auf der Saale: Bad Kissingens Landrat Thomas Bold bemüht sich derzeit, die Wogen zu glätten. Foto: Isolde Krapf

    Sehr geehrter Herr Landrat Bold,

    der Landkreis Bad Kissingen wirbt mit dem Slogan "Hier geht's besser". Mit dem Paddelverbot für die Fränkische Saale dürften Wassersportlerinnen und -sportler das im Moment anders sehen. Die Wut und das Unverständnis der Betroffenen sind das eine, der wirtschaftliche Schaden und die Imagedelle für den wichtigen Freizeit-Tourismus im Landkreis das andere.

    War das Verbot wirklich nicht zu vermeiden oder zumindest abzumildern?

    Dass dieser Brief sich allein an Sie richtet, weil Sie als Landrat die Verfügung zur Sperrung des Flusses unterzeichnet haben, ist vielleicht nicht ganz fair. Genauso wenig wie die Tatsache, dass sich der Zorn der Betroffenen in erster Linie auf Ihre Behörde richtet. Das Landratsamt habe es verbockt, hört man oft.

    Ein Baumstamm versperrt die Fränkische Saale bei Großenbrach im Landkreis Bad Kissingen.
    Ein Baumstamm versperrt die Fränkische Saale bei Großenbrach im Landkreis Bad Kissingen. Foto: Simon Snaschel

    Wie genau es dazu kam und wer eigentlich wofür verantwortlich ist, interessiert bei all der Aufregung meist gar nicht. Dabei ist für die Uferpflege nicht das Landratsamt, sondern das Wasserwirtschaftsamt zuständig. Das ist also, salopp ausgedrückt, gar nicht ihre Baustelle.

    Fakt ist aber: In dieser Sache sieht der Landkreis Bad Kissingen einfach schlecht aus. Paddlerinnen und Paddler laufen Sturm, die Sicherheitsfrage an der Saale wird teilweise ins Lächerliche gezogen. So kam mit einer Portion Galgenhumor zum Beispiel die Frage auf, was das Landratsamt gegen Anglerinnen und Angler hat, weil die sich ja weiter an den "lebensgefährlichen" Fluss setzen dürfen.

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    Es geht um mehr als um Menschen, die man in ihrem Hobby einschränkt – was wohl schon für genug Emotionen sorgt. Die Touristikbranche schlägt Alarm: Ihr Bad Kissinger CSU-Parteikollege Steffen Hörtler, Stiftungsdirektor der Bildungsstätte Heiligenhof, sprach von mehr als 500 stornierten Übernachtungen allein für Mai 2024. Die Existenz der Einrichtung sei bedroht.

    Auch Bootsverleiher im Landkreis haben Zukunftsängste. Der wirtschaftliche Schaden, der durch den Wegfall der Einnahmequelle entstehen könnte, ist nicht abzusehen. Dabei ist das Bootswandern wichtiger Bestandteil des Bad Kissinger Tourismus, wie Sie selbst betonen. Der Landkreis wirbt seit Jahren für das Kanufahren.

    Das Image der Freizeitregion leidet unter dem Paddel-Zoff. Und so bleibt doch vor allem die Frage: Wie konnte es so weit kommen? Noch dazu mehr oder weniger über Nacht.

    Schon seit einiger Zeit gibt es am Ufer der Saale Warnhinweise für Paddlerinnen und Paddler.
    Schon seit einiger Zeit gibt es am Ufer der Saale Warnhinweise für Paddlerinnen und Paddler. Foto: Simon Snaschel

    Ja, Vorzeichen und Warnungen gab es. Vom Befahren der Saale rät Ihre Behörde aufgrund der Einschätzungen des Wasserwirtschaftsamtes zur hohen Baum- und Astbruchgefahr schon seit Jahren ab. Obwohl das Landratsamt nicht direkt zuständig ist, waren Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinter den Kulissen in den letzten Jahren engagiert dabei, die Probleme zu lösen. Haben mit Wasserwirtschaftsamt, Sportlerinnen und Sportlern Gespräche geführt, um den Bootstourismus wieder sicherer zu machen.

    Nur vielleicht nicht mit dem allerletzten Nachdruck, wie das Resultat nun zeigt.

    Denn: Dieses Verbot mit derart weitreichenden Folgen kam doch sehr plötzlich. Hätte man sich nicht vorher, quasi als letzte Warnung, noch einmal mit Vertreterinnen und Vertretern aus Tourismus und Paddelsport sowie dem Wasserwirtschaftsamt an einen Tisch setzen können, um die Entwicklungen zu besprechen und Lösungen oder Perspektiven zu finden? Hätten Sie als Landrat nicht alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um die Lage nicht derart eskalieren zu lassen?

    Denn auch wenn Sie für die Uferpflege nicht verantwortlich sind: Für die Folgen des Verbots, die Wut und das Unverständnis der Menschen sind Sie es. Jetzt müssen Sie notgedrungen moderieren und die versalzene Saale-Suppe auslöffeln. Noch dazu, weil die Art der Kommunikation nicht gerade glücklich war.

    Der Politik wird oft fehlende Transparenz vorgeworfen. Durch Ihren plötzlichen Erlass fühlen sich viele in dieser Meinung bestätigt und in wichtigen Entscheidungsprozessen nicht mitgenommen. Dabei sind Sie selbst als Landrat in Sachen Aiwanger-Trasse ja gerade Leidtragender einer fragwürdigen Informationspolitik und darüber nicht glücklich.

    Zur Wahrheit gehört, dass sich jetzt viel bewegt. Ein Runder Tisch im Landratsamt, viele Gespräche, die Bitte um Unterstützung an die Staatsregierung, die Priorisierung besonders wichtiger Streckenabschnitte - all das sind gute Ansätze.

    Und all das stimmt zuversichtlich, dass die Sperre nicht von langer Dauer ist. Hoffentlich gelingt es, mit allen Beteiligten schon für diese Paddelsaison zumindest eine Teillösung zu finden.

    Nun ist es an Ihnen, diesen Optimismus auch unter den Betroffenen zu verbreiten. Deren Ängste und Sorgen verschwinden nicht durch Besprechungen, sondern mit konkreten Perspektiven. Unternehmerische Planungssicherheit ist in unserer bewegten Zeit ein hohes Gut. Ich bin guter Dinge, dass die beteiligten Behörden, ob direkt zuständig oder mittelbar betroffen, um den Ernst der Lage wissen.

    Ich wünsche Ihnen ein gutes Händchen dabei, die hohen Wellen bald in den Griff zu bekommen und die Paddlerinnen und Paddler auf der Saale schnell wieder in ruhiges Fahrwasser zu schicken.

    Herzliche Grüße,

    Simon Snaschel, Redakteur

    Persönliche Post: der SamstagsbriefJedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.Quelle: MP

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