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Schondra: Geplanter Solarpark: Der Widerstand fällt heftig aus

Schondra

Geplanter Solarpark: Der Widerstand fällt heftig aus

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    Die geplante Anlage grenzt unter anderem direkt an den Flugplatz der Rhönflug Segelflieger. Das könnte zu Interessenskonflikten führen.
    Die geplante Anlage grenzt unter anderem direkt an den Flugplatz der Rhönflug Segelflieger. Das könnte zu Interessenskonflikten führen. Foto: Sebastian Schmitt

    Zwischen Unterleichtersbach und Einraffshof soll nach den Plänen der Bayernwerk Natur GmbH ein 35 Hektar großer Solarpark zur Erzeugung von Strom aus Photovoltaik entstehen. Die Anlage könnte rein rechnerisch rund 8500 Zwei-Personen-Haushalte mit Strom versorgen.

    Bei der außerordentlich gut besuchten Informationsveranstaltung in der Schondratalhalle brach sich der erbitterte Widerstand der Anwohner unmissverständlich und unüberhörbar Bahn. Doch bevor die Bürger zu Wort kamen, waren zunächst einmal die Gemeinderäte aus Oberleichtersbach und Schondra am Zug, die mit den Vertretern der Bayernwerk Natur in einen regen Austausch traten. Und schon da ging es bisweilen recht emotional zu.

    Für die lokale Energieversorgung

    Deutlich machten die Vertreter der Bayernwerk Natur, dass regenerative Energien unverzichtbar seien, um den Klimawandel zu bekämpfen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren. Der geplante Solarpark könne ein bedeutsamer Beitrag zur lokalen Energieversorgung sein. Die Dringlichkeit solcher Projekte sei insbesondere angesichts des steigenden Energiebedarfs von Industrie und privaten Haushalten gegeben.

    Ausgesprochen groß war das Interesse der Bürger an der jüngsten gemeinsamen Sitzung der beiden Gemeinderäte aus Schondra und Oberleichtersbach.
    Ausgesprochen groß war das Interesse der Bürger an der jüngsten gemeinsamen Sitzung der beiden Gemeinderäte aus Schondra und Oberleichtersbach. Foto: Sebastian Schmitt

    Doch schon bald wurde in der Diskussion mit den Schondraer und Oberleichtersbacher Kommunalpolitikern deutlich, dass das millionenschwere Vorhaben grundlegende Fragen hinsichtlich des Landschaftsschutzes aufwirft. Immer wieder kam zur Sprache, dass die Brückenauer Kuppenrhön, bisher geprägt durch eine recht kleinteilige Landwirtschaft, durch den Solarpark in ihrer ästhetischen und ökologischen Struktur verändert werde. Derartige Eingriffe in die Landschaft würden auch das landschaftskulturelle Erbe und die Identität der Region beeinflussen.

    Noch kein Beschluss

    Im Kern ging es in der kommunalpolitischen Debatte darum, wie viel Eingriff in die Natur für den Ausbau erneuerbarer Energien vertretbar ist. Schondras Bürgermeister Bernold Martin (CSU/CBB) machte deutlich, dass es zunächst bei der Veranstaltung nur um Information gehe. „Es wird noch kein Beschluss gefasst. Auch wenn wir theoretisch beschlussfähig wären.“

    Was er allerdings am Ende der mehrstündigen Veranstaltung sagte, dürfte ein entscheidender Fingerzeig gewesen sein: „Aus Einraffshof werden die Bürger versuchen, das Projekt zu stoppen , so gut sie es können. Das dürfte allen Teilnehmern klar geworden sein.“

    Um Sachlichkeit bemüht

    Der Oberleichtersbacher Bürgermeister Dieter Muth (Aktive WG) sagte: „Wir müssen alle Bürger auf einen Stand bringen, um auf diese Weise unnötige oder unsachliche Diskussionen zu vermeiden.“ Dennoch ließ auch er immer wieder durchblicken, dass er dieses vermutlich rund 20 Millionen Euro schwere Projekt für einen unzumutbaren Balanceakt hält: Der Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung sei unverzichtbar, dürfe jedoch nicht auf Kosten eines unreflektierten Landschaftsverbrauchs geschehen.

    An die Landwirtschaft denken

    „Wir dürfen unsere landwirtschaftlichen Betriebe nicht außer Acht lassen. Die Rhön ist ein benachteiligtes Gebiet hinsichtlich der Bodenqualität. In Oberleichtersbach und Schondra ist noch sehr viel Landwirtschaft vorhanden. Das müssen wir berücksichtigen“, so Bürgermeister Muth. Problematisch sei auch, dass die Anlage recht nahe an die Wohnbebauung reichen soll.

    Nico Grupp von der Bayernwerk Natur machte klar, dass die für den Solarpark benötigte Fläche nicht mehr intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet werden kann. Es sei allenfalls an Schafzucht zu denken. Und er appellierte, man solle doch „den Strom am besten dort herstellen, wo er tatsächlich gebraucht wird“. Grupp erläuterte auch, dass die Trassenführung für die wegführenden Stromkabel unterirdisch verlaufen werde.

    Ernüchterung

    Nach einer hochemotionalen Diskussionsrunde gab sich Grupp, der immer wieder leidenschaftlich die Vorteile eines Solarparks im ländlichen Raum in den Ring warf, reichlich ernüchtert: „Noch ist unklar, ob die beiden betroffenen Gemeinderäte das Projekt überhaupt unterstützen. Wir wollten trotzdem erst einmal alle Kommunalpolitiker und Bürger informieren über das Projekt.“

    Eine entscheidende Frage der Bürger lautete, wie es denn nun eigentlich weitergehen soll, wenn die Gemeinderäte aus Schondra und Oberleichtersbach diesem Projekt nicht ihre Einverständnis erteilen werden. Darauf erklärte Bernold Martin : „Wenn wir nicht unsere Zustimmung geben, dann wird sich die Bayernwerk Natur GmbH möglicherweise von diesem Projekt zurückziehen. Aber dann kommt der nächste Investor mit genau der gleichen Anfrage.“

    Verein Rhönflug  hält Projekt für nicht realisierbar

    Eine riesige Hürde im Genehmigungsverfahren für den geplanten Solarpark der Bayernwerk Natur GmbH zwischen Unterleichtersbach und Einraffshof dürfte der direkt an den geplanten Solarpark angrenzende Flugplatz des Vereins Rhönflug Bad Brückenau  sein. Vorsitzender Dirk Stumpe aus Bad Brückenau machte beim Informationsabend deutlich, dass aus seiner Sicht der Solarpark, der nur wenige Meter an das Segelfluggelände angrenzen soll, so nicht realisierbar sei. 

    „Wir sind Segelflieger, wir betreiben Sport im Einklang  mit der Natur. Das hat nun seit 50 Jahren sehr gut funktioniert zusammen mit allen Anwohnern. Aber was da jetzt auf uns zukommen soll, kann ich nicht ganz nachvollziehen“, so Stumpe. 

    „Wir haben einen Anflugbereich. Wir landen immer gegen die Windrichtung. Es  ist daher völlig unmöglich, dass wir immer nur aus einer Himmelsrichtung unseren Landeanflug machen können. Es gibt darüber hinaus Hoheitsgebiete rund um Flugplätze. Daher werden unter Umständen hoheitliche Rechte tangiert. 

    Es geht uns ganz speziell um Abstandsflächen.  Beispielsweise müssen 50 Meter in Verlängerung der Landebahn überrollbar sein. Das ist im Moment gegeben. Bei einem Solarpark sieht das schon wieder ganz anders aus.“ 

    Unklar blieb im Verlauf der Veranstaltung, wie genau die Ergebnisse eines Blendgutachtens  für den Solarpark ausgefallen sind. Doch das spiele für die Segelflieger gar nicht die ganz große Rolle, so Stumpe in seinen Erläuterungen: „Die tief stehende Sonne blendet uns allemal mehr als ein Solarpark. Denn beim Fliegen geht es ja um das dreidimensionale  Erfassen des Raumes.“ 

    Hintergrund: Die Bayernwerk Natur GmbH

    Weil die Bayernwerk Natur GmbH den meisten  nicht wirklich ein Begriff war, gab es Hintergrundinformationen dazu. Demnach wolle die Bayernwerk Natur die Projektierung und Vermarktung des Solarparks selbst in die Hand nehmen und  betreibt nach eigenen Angaben  rund 180 regenerative Kraftwerksanlagen. 

    Sitz der  Bayernwerk Natur ist Unterschleißheim. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige Tochter der Bayernwerk AG. 

    Rund 20 Prozent der Anteile an dem geplanten Solarpark könnten die betroffenen Gemeinden selbst halten. 

    Wie genau die flächenmäßige Aufteilung des  Areals zwischen  Oberleichtersbach und   Schondra ausfallen wird, vermochten die Planer noch nicht zu sagen. Bürgermeister Muth geht aber davon aus, dass der geringere Anteil rein flächenmäßig auf Oberleichtersbach entfällt. 

    Dass es  um rund 35 Hektar Flächenbedarf geht, schockierte die Anwohner aus Einraffshof. Da half es dann auch nichts, dass die  Planer auf  Ausgleichsflächen, Biotope und die in Aussicht stehende Gewerbesteuer für die Kommunen hinwiesen. 

    Das Argument der zusätzlichen Gewerbesteuer vermochte die Gemeinderäte nicht so richtig zu überzeugen, denn diese falle ja erst nach  den üblichen Abschreibungen, vermutlich also erst in zehn Jahren, so richtig ins Gewicht. 

    Nico Grupp von der Bayernwerk betonte, dass  kein Naturschutzgebiet betroffen ist, so dass ein Solarpark  genehmigungsfähig sei. Aber der  Solarpark tangiert ein Landschaftsschutzgebiet.

    Das Missrauen sitzt tief - ein Kommentar von Sebastian Schmitt

    Der geplante Solarpark zwischen Unterleichtersbach und Einraffshof zeigt  eindringlich, wie groß das Spannungsverhältnis zwischen ökologischer  Notwendigkeit und dem Schutz traditioneller Kulturlandschaften ist. Die Proteste der Anwohner und die emotional aufgeladene Informationsveranstaltung verdeutlichen die tiefe Verunsicherung, die ein solch großflächiger Eingriff  in die Landschaft auslöst.

    Dabei geht es nicht um die grundsätzliche Ablehnung erneuerbarer Energien, sondern um  die Art und Weise, wie diese  umgesetzt wird. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass in der Informationsveranstaltung viele kritisierten, nicht rechtzeitig oder ausreichend über das Projekt informiert worden zu sein. Dies hat den Widerstand  maßgeblich befeuert.

    Das geplante Areal von 35 Hektar ist für die ländliche Struktur der Kuppenrhön überdimensioniert und wird als Eingriff in die  ästhetische und ökologische Integrität der Landschaft empfunden. Dass die Bayernwerk Natur GmbH hierbei mutmaßlich eine vorrangige Versorgung der Industrie im nahe gelegenen Bad Brückenau anstrebt, wurde zwar nicht  explizit gesagt, drang jedoch im  Subtext der Veranstaltung durch. Dies wirft die Frage auf, ob die Last der Landschaftsveränderung gerecht zwischen lokalen und industriellen Interessen verteilt ist.

    Zudem haben viele die Sorge,  dass ein Projekt dieser Größenordnung die landwirtschaftlichen Nutzflächen massiv beeinträchtigen könnte. Die Rhön, ohnehin durch geringe Bodenqualität  gekennzeichnet, ist stark von kleinteiliger Landwirtschaft geprägt, und viele befürchten, dass diese durch den Solarpark an den Rand der Existenz gedrängt wird.

    Der Hinweis auf alternative Flächen wie entlang der Autobahn verdeutlicht, dass es den Bürgern  nicht an Kooperationsbereitschaft mangelt. Sie wünschen  aber Mitbestimmung und faire Abwägung. 

    Offen blieb auch, ob der Solarpark langfristig  Bedeutung   für die Region haben wird. Bedenken, dass der erzeugte Strom primär in Ballungsräume  abfließen könnte, verdeutlichen die lokale Perspektive, dass hier eine Infrastruktur aufgebaut wird, deren unmittelbare Vorteile für die betroffene Gemeinde nicht klar ersichtlich sind. Dieser Umstand, gekoppelt mit der Nähe zur Wohnbebauung und der potenziellen  Wertminderung von Immobilien  verstärkt das Misstrauen. 

    Insgesamt zeigt sich, dass ein solches Vorhaben nur dann Akzeptanz finden kann, wenn Transparenz, Partizipation und ein klar erkennbarer regionaler Nutzen gewährleistet sind. 

    Die Energiewende erfordert  zweifelsohne mutige Schritte, doch diese dürfen nicht zu einer Polarisierung zwischen städtischen und ländlichen Interessen führen. Der Widerstand in der Kuppenrhön ist ein  Signal an die Verantwortlichen, die Bürger ernsthaft in  die Entscheidungsprozesse einzubeziehen und die ökologische Transformation im Einklang mit den Bedürfnissen der betroffenen Regionen voranzutreiben. Andernfalls droht das Projekt ein Symbol für gescheiterte Kommunikation und gespaltene Interessen zu werden.

    Was bisher geschah:

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