Karin Wengerter ist froh: „Endlich trauen sich unsere Kunden wieder in die Bibliothek und nutzen unsere Angebote“, fasst die Leiterin der Stadtbibliothek Hammelburg die Jahresbilanz 2022 zusammen: 33.033 Besucherinnen und Besucher zählte das Team der Bücherei. Das sind 55 Prozent mehr als im Jahr 2021.
Regelmäßiger Gast ist unter anderem der gebürtige Hammelburger Bernhard Pfennig: Seit seiner Jugend begleite ihn die Bibliothek, er habe 1987 den Umzug ins Kellereischloss miterlebt und komme alle zwei Wochen.
Sein Programm sei immer gleich: Zunächst lese er in den ausliegenden Magazinen, danach leihe er sich ein bis zwei Bücher aus. „Wenn ich mehr mitnehme, liegen die nur ungelesen rum“, erzählt der 70-Jährige lachend.
Vorfreude auf neues Konzept
Sachbücher und Reiseführer haben es dem Hammelburger Urgestein und ehemaligen Polizisten angetan. „Ich lasse es mal auf mich zukommen“, kommentiert er den geplanten Umzug der Stadtbibliothek ins Bürgerhaus. Das geplante Konzept einer offenen Bibliothek, in die Besucher auch außerhalb der Öffnungszeiten können, gefällt ihm.
Bereits jetzt nutze er die elektronische Ausleihe ohne Personal. Trotzdem seien die engagierten Mitarbeiterinnen natürlich sehr wichtig: „Ich lasse mich gerne von der Auswahl neuer Bücher inspirieren“, beschreibt Pfennig sein Lese-Verhalten.
Der für Herbst geplante Umzug beschäftigt auch Bibliotheksleiterin Karin Wengerter fast täglich. Aktuell werde die Inneneinrichtung geplant. Die Vorbereitungen laufen bereits seit zwei Jahren: In und auf alle rund 23.000 Medien wurden Transponder geklebt, damit sie die Besucherinnen und Besucher selbst ausleihen oder zurückgeben können.
Von 500 auf 439 Regalmeter
Zudem müssen Schwerpunkte gesetzt werden: Im Kellereischloss hat die Bibliothek derzeit noch rund 500 laufende Regalmeter alleine an Büchern. „Wir specken ab auf 439 Meter“, fasst Wengerter die Planung zusammen.
Um Platz zu sparen, werden auch Filme und Hörbücher reduziert, Musik-CDs hat das Team bereits im vergangenen Jahr komplett aus dem Sortiment gestrichen. Aussortierte Medien werden bei einem Flohmarkt im Rahmen des Frühjahrsmarktes am 25. und 26. März verkauft. Unterstützt wird das hauptamtliche Team dabei vom Freundeskreis „Lesezeichen“.
Ehrenamtliche Unterstützung gibt es auch bei der Betreuung der beiden „Minibibs“ am Viehmarkt und in Westheim, der „Lesbar“ im Schwimmbad sowie Arbeiten in der Bibliothek.
Zudem betreuen Vorlesepatinnen die Kinderprogramme: Bei einem neuen Angebot werden bereits Kleinkinder angesprochen, Vorschulkinder können den Bib-Fit-Führerschein machen, für Schulkinder gibt es jede Menge weitere Angebote, darunter die „Unzelfunzel“-Vorlesestunden. „Damit ist die Hemmschwelle weg, und Kinder bauen eine Beziehung zur Bibliothek auf“, sagt Wengerter.
1636 aktive Leser
Die Zahl der aktiven Leser mit Ausweis ist mit 1636 Ende 2022 (zum Vergleich: 1639 Ende 2021) konstant geblieben. Weil es keine Coronabeschränkungen mehr gab, stiegen die Öffnungszeiten von 1093 auf 1325 Stunden (plus 21,2 Prozent).
81.288 Medien wurden im vergangenen Jahr entliehen, das waren 10,6 Prozent mehr als im Vorjahr. „Wir sind wieder auf dem Stand von vor Corona“, fasst Wengerter die Statistik zusammen. Einen eindeutigen Trend gebe es zu E-Medien: 14,6 Prozent aller Ausleihen laufen über ein gemeinsames Portal von acht Bibliotheken: 11.904 E-Books und 8685 E-Audios.
Und was wird gelesen? Ältere Leser würden aktuell vor allem bei mehrteiligen Familiensagas zugreifen. Für jüngere Leser gebe es den „New-Adult“-Bereich: Bei den Geschichten für und über junge Erwachsene gehe es meist um Zuneigung und körperliche Liebe, berichtet die 62-Jährige. Auch über die Pandemie konstant geblieben sei der gesamte Kinder- und Jugendbuchbereich, auch wenn laut Wengerter die Lesefähigkeit einiger Jugendlicher kontinuierlich abnehme.
Jung, weiblich und aus dem Stadtgebiet
Und wer kommt in die Bibliothek? „Jung und weiblich“ sei die typische Kundin, berichtet Wengerter: 68 Prozent der aktiven Leser seien weiblich, 40 Prozent jünger als 20 Jahre und 61 Prozent aus dem Stadtgebiet Hammelburg .
2023 ist für Karin Wengerter das letzte Jahr als Leiterin der Stadtbibliothek : Zum Jahresende geht die Diplom-Bibliothekarin in den Ruhestand, ihre Nachfolge ist bereits ausgeschrieben. Eingestellt werden soll zum 1. Oktober, damit Wengerter noch einarbeiten kann.
Wengerter selbst kam am 1. April 1987 aus der Nähe von Aschaffenburg nach Hammelburg : Damals zog die Stadtbibliothek vom Rathaus in die frisch umgebauten Räume des Kellereischlosses um. Wenn alles klappt, wird Wengerter ihre Dienstzeit zum Jahresende mit dem Umzug der Bibliothek ins Bürgerhaus beenden.