Wieder erscheinen in sozialen Netzwerken Fotos von einem Tier, das offenbar von einem anderen Tier gerissen worden ist: Dieses Mal handelt es sich um einen Strauß der Züchter Thomas Dömling und Heike Listmann aus Rannungen. Ihr Verdacht: Das war ein Wolf. Nur: Ob sich der Verdacht bestätigt oder nicht, entscheiden Fachleute vom Landesamt für Umwelt mit Hilfe von Ehrenamtlichen des „Netzwerk große Beutegreifer“. Und diesem Netzwerk machen die Straußenzüchter nun Vorwürfe. Es sei bei der Entnahme von Proben nicht sauber gearbeitet worden.
Bauchdecke aufgerissen
Rückblick: Am Sonntag, 15. Dezember 2024, entdeckte Thomas Dömling auf seiner Weide den Kadaver eines ein Jahr alten Straußes. Das Tier lag auf dem gefrorenen Boden, die Bauchdecke aufgerissen und leergefressen, den Darm hat das angreifende Tier verschmäht. Der Straußen-Kopf fehlte.
Der Hof des Paares liegt in einer Senke zwischen Rottershausen und Rannungen, auf der Rannunger Seite der A71. Also nicht weit entfernt von der Weide von Landwirt Klaus Müller . Dort wurde am 2. Dezember ein Kalb tot mit aufgerissener Bauchdecke auf der Weide gefunden.
Rottershäuser Fall soll Totgeburt gewesen sein
Die Untersuchungen zu diesem Fall durch das Landesamt für Umwelt sind mittlerweile abgeschlossen: Laut Aussage des Amts gäbe es keine Hinweise auf den Wolf , vielmehr sei das Tier eine Totgeburt gewesen. Die Reaktion des Landwirts Max Schätzlein fällt knapp aus: "Schwer zu glauben."

Zurück zu Straußenzüchter Thomas Dömling. Er meldete den Fund am Montag dem Landesamt für Umwelt und fotografierte ihn. Dömling: „Mir wurde gesagt, ich solle den Kadaver mit einer Plane – einer goldsilbernen Rettungsplane – abdecken und mit einem großen Behälter abdecken, um das tote Tier vor weiteren Aasfressern zu schützen.“
Aasfresser vergingen sich am Kadaver
Dömling tat, wie ihm geheißen, beschwerte die Ecken der Plane noch mit Steinen. „Doch am nächsten Tag war die Plane weggerissen, andere Tiere hatten sich am Kadaver gütlich getan.“ An jenem Dienstag verschickte er die Fotos ans Amt. Dann erhielt er an diesem Tag Besuch von einem Ehrenamtlichen, der sich vor Ort für das „Netzwerk große Beutegreifer“ umsah und den Fund dokumentierte.
Straußenzüchterin arbeitet im Labor
Soweit decken sich die Aussagen von Thomas Dömling und der Stellungnahme des Landesamts für Umwelt . Doch dann gehen sie auseinander. Heike Listmann ist nicht nur Geflügelzüchterin, sie arbeitet im Hauptberuf in einem Labor, das auch auf gentechnische Untersuchungen spezialisiert ist. Sie weiß, wie wichtig Sauberkeit in diesem Fall ist.

Heike Listmann: „Ich habe beobachtet, wie der Mitarbeiter erst mit Einmalhandschuhen den Bauchraum des Kadavers betastete. Dabei wurden auch Fuchsfraßspuren entdeckt.“ Soweit, so normal.
Mit blutigen Handschuhen Asservate-Tüte angefasst
Doch dann kam es zur für Heike Listmann irritierender Szene: „Mit diesen Handschuhen arbeitete er jetzt weiter, um die letzte Probe zu sichern, nämlich die Haare an dem Zaun. In der Vorbereitung dazu, nahm er ein Plastiktütchen und packte in dieses ein kleines weißes Beutelchen hinein, welches er aus einem anderen Tütchen nahm. Leider fasste er diesen kleinen Beutel mit seinen kontaminierten Handschuhen an und steckte es dann in die Tüte, das zur Aufnahme der Haare vorgesehen war.“
"Er hätte frische Handschuhe anziehen müssen"
Und zwar jener Haare, die er an einem Zaun entdeckte und die von einem Wolf stammen könnten. Heike Listmann: „Ergo war zwangsläufig dieses Beutelchen bereits kontaminiert und damit das Innere des Plastiktütchens, in welches die Haare kommen sollten. Er hätte zwingend jedes Mal frische Handschuhe anziehen müssen.“
Sie habe den Mann darauf angesprochen, doch anhand der Antwort, es sei alles okay, sei sich der Mann, da ist sich Heike Listmann sicher, seines Fehlers absolut nicht bewusst. „Die Probeentnahme der Haare am Zaun erfolgte dann mit einer Pinzette, was wieder völlig korrekt war, doch leider wurden die Haare in das bereits zuvor kontaminierte Tütchen gesteckt.“
"Aussagekraft dieser Probe hinfällig"
Heike Listmann: „Diese Haare wären gegebenenfalls die einzige Möglichkeit gewesen, einen Wolf nachzuweisen. Es war uns völlig klar, dass nach dieser Zeitspanne - von Sonntag bis Dienstag - es einem Lottogewinn gleichkäme, noch die DNA eines Wolfs nachzuweisen, nachdem Fuchs und Co. sich den Bauch vollgehauen haben. Leider ist damit auch die Aussagekraft dieser Probe völlig hinfällig.“
Das sagt das Amt für Umwelt
Mit den Vorwürfen konfrontiert reagiert das Landesamt für Umwelt schriftlich: „Neben den Dokumentationen am Tier wurde auch die Umgebung auf mögliche Wolfshinweise abgesucht. Dabei wurden zahlreiche Fuchsspuren dokumentiert. Mögliche Haare eines Caniden, die im Zaun verfangen waren, wurden gesichert. Zur Sicherung von Haarproben führen die Netzwerker sterile Pinzetten mit sich.“
Probe wird gentechnisch analysiert
Fraßspuren am Tierkörper hätten auf „umfangreiche Nachnutzungen (Füchse, Vögel)“ hingedeutet. An den Fraßstellen wurden Proben für genetische Analysen genommen. Weiter heißt es in der Mail vom Amt: Der Kadaver habe „mindestens eine Nacht und einen halben Tag ungeschützt auf der Weide“ gelegen „und war zum Zeitpunkt der Dokumentation bereits mehr als 48 Stunden tot. Durch den ungehinderten Zugang von Aasfressern zum Kadaver waren aussagekräftige Teile des toten Tieres nicht mehr vorhanden. Die genetische Analyse der genommenen Proben erfolgt aktuell. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden diese auf der Internetseite des LfU veröffentlicht.“

Das Paar fühlt sich von der Behörde „völlig enttäuscht“ und „nicht ernst genommen“. Denn schon bei der Meldung sei Thomas Dömling gesagt worden, „dass das sicherlich ein Fuchs gewesen ist“. Thomas Dömling dazu: „Wir haben hier zwölf Monate im Jahr diverse Füchse. Mitunter lag schon ein toter Fuchs im Gehege, weil der Straußenhahn ihn erwischt hat. Doch an einen lebendigen, einjährigen Strauß geht kein Fuchs, der ist bereits zu groß und zu wehrhaft.“
Die Geflügelzüchter sind enttäuscht
Was das Paar neben einer ordentlichen Arbeit erwartet hätte: „Dass sofort nach Meldung und Bekanntwerden des Risses und der Umstände der Behördenapparat angelaufen wäre, um schnellstmöglich DNA zu sichern. Eigentlich dachten wir, die Behörde arbeitet für uns.“
