Auch wenn ich in der Vorweihnachtszeit immer versuche, öfter einmal inne zu halten beziehungsweise es im wahrsten Sinne des Wortes etwas "besinnlicher" angehen zu lassen, scheitere ich leider jedes Mal kläglich. Daher erinnere ich mich immer gerne an meine Zeit als Kind zurück.
Denn mein Opa, der beruflich Bäcker und Konditor war, hat mit viel Liebe jedes Jahr im November für die ganze Familie nicht nur zarte Plätzchen gebacken, sondern auch unglaublich leckere Lebkuchen. Leider waren die Lebkuchen immer genau abgezählt und man durfte nur einen Lebkuchen pro Adventstag essen – und das obwohl die im Vergleich zu den normalen Lebkuchen, die man überall kaufen kann, wirklich klein waren.
Als Zehnjähriger heimlich in den Keller geschlichen
Doch dieses von mir sehr oft vorgebrachte Argument der unterdurchschnittlichen Größe überzeugte meinen Opa nie. Ich als kleiner Zehnjähriger – ganz "schlau" wie ich damals war – bin also abends, als alle anderen schon schliefen, auf Zehenspitzen heimlich nochmals die Treppen in den dunklen Keller gegangen, habe ganz leise die Metallbox geöffnet, in der die leckeren Lebkuchen einzeln liebevoll aufgereiht lagen, und mir mindestens noch einen weiteren Lebkuchen aus der Metallbox gegriffen.
Meinen essbaren "Schatz" habe ich dann vorsichtig in eine Serviette eingewickelt und in die Tasche meiner nicht gewollten, aber dennoch geschenkten Schlafanzughose von Weihnachten letzten Jahres gesteckt. Denn falls mich doch jemand ertappt hätte, wäre es demjenigen vielleicht nicht gleich aufgefallen, dass ich ein "Lebkuchen-Stibitzer" bin.
Oh welch ein "Wunder", als von Adventstag zu Adventstag und Adventswoche zu Adventswoche die Lebkuchen immer weniger wurden und am 24. Dezember nur noch ein paar wenige übrig waren, sodass pro Plätzchenteller nur noch ein einzelner Lebkuchen serviert werden konnte. Als mich mein Opa auf das wundersame Verschwinden der Lebkuchen ansprach, meinte ich nur: "Das muss der Weihnachtsmann gewesen sein." Ich wusste natürlich, dass mein Opa es wusste, und er wusste, dass ich es wusste.
Der Opa schaut von oben herab
Aber ich glaube, ihm hat es gefallen und auch gut getan, dass der ganzen Familie (und allem voran mir) seine Lebkuchen so gut geschmeckt haben. Wenn ich also heute einen Lebkuchen esse, erinnere ich mich automatisch an diese schöne Zeit zurück. Und ich bilde mir ein, dass mein Opa "von oben" auf mich herunterschaut und vergnüglich lacht, wenn er mich einen Lebkuchen "mampfen" sieht.
Und dann werde ich auf einmal ganz ruhig und wieder das kleine Kind von damals, für welches es das Höchste im Advent war, Opas Lebkuchen zu essen. Ich hätte übrigens auch noch eine weitere Weihnachtsanekdote mit meinem Opa, einer Katze und einem Pott heißen Kakao. Sprechen Sie mich gerne darauf an, wenn Sie diese erfahren wollen. In diesem Sinne genießen Sie die Adventszeit im Kreise Ihrer Liebsten und bleiben Sie gesund!
Text: Sebastian Bünner
Foto: Heidi Fay / Montage: Anne Schmidhuber
Sebastian Bünner (38) ist Wirtschaftsförderer der Stadt Bad Kissingen.
In der Kolumne "Kissinger Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Bad Kissingen Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.