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Bad Kissingen: TV-Star Christine Neubauer eröffnet den Kissinger Sommer

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TV-Star Christine Neubauer eröffnet den Kissinger Sommer

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    Es ist doch fast wie im echten Leben: Was zunächst als Katastrophe daherkommt, entpuppt sich als größtes Glück. Die Katastrophe: Die Schauspielerin Gisela Schneeberger sagte fürs Eröffnungskonzert des Kissinger Sommers ab, als die Programmhefte schon gedruckt waren. Das größte Glück: Ihre Kollegin Christine Neubauer sprang ein. Die Autorin, Malerin, TV-, Theater- und Kinogröße erzählt im Interview von der Gnade böser Rollen, ihrer zweiten Passion und warum sie keine Zeit für den Schönheitschirurgen hat.

    Ola, Frau Neubauer, noch sind Sie auf Ihrem Zweitwohnsitz in Mallorca, am Freitag werden Sie durch das Konzert des hr-Sinfonieorchesters unter der Leitung von Alain Altinoglu führen. Was genau machen Sie da eigentlich?

    Ich führe schauspielernd durch die Geschichte und schlüpfe als Erzählerin in die Rolle der Fürstin von und zu Anhilte, Fürstin von und zu Lippert Weylersheim

    Diesen Namen muss man auch erst mal fehlerfrei aussprechen...

    ....ja, den habe ich schon drauf und noch viel mehr. Ich führe zwischen Orchester und Sängern und Sängerinnen durch den Abend. Edwin, der sich in der "Czardasfürstin" in die ungarische Sängerin verliebt, ist mein Sohn - unser Part ist nicht trocken, sondern sehr parodistisch und komisch. Und weil es in Bayern stattfindet, darf ich als Fürstin auch deftig sein und aus tiefstem Gedärm fluchen, garniert mit überzuckertem Humor.

    Hatten Sie eigentlich schon mal eine richtig böse Rolle?

    Ja, die entdeckt man nur nicht. Es war um die Jahrtausend-Wende, da besetzte mich RTL in einer Dreier-Reihe als die Böse. Und auf der Bühne - da ging mir mein kindliches Schauspielerherz auf - war ich bei den Karl May-Festspielen in Bad Segeberg ein halbes Jahr lang die Schurkin. Das schönste Kompliment habe ich von einem kleinen Jungen erhalten: Hey Christine, du bist die geilste Böse ever.

    Sie sind zweifache Grimmepreisträgerin und dennoch werden Sie immer auf die leichte Kost reduziert. Warum ist das so?

    Das liegt an Journalisten, die mich nur so sehen wollen. Dass ich in Seoul, Korea, Szechuan und in New York Preise als beste Schauspielerin erhalten habe, sehen die nicht. Viele Journalisten machen es sich leicht.

    Aber das Gute ist ja: Es sind nicht alle Journalisten so, und die Zuschauer lieben Sie für beide Rollen, die leichten und die harten.

    Ja, die Zuschauer sehen es. Und die goutieren es auch, dass es schwerer ist, einen herzberührenden Film zu drehen als einen Krimi. Es ist in der Erarbeitung anspruchsvoller, wenn ich den Zuschauer mit einem guten Gefühl gehen lassen möchte. Deshalb sind Katie-Fforde-Filme großartig. Es gibt so viele Varianten der Unterhaltung, aber Unterhaltung sollte mich aus meinem Alltag in eine Geschichte mitnehmen. Und dann sind wir bei den großen Geschichtenerzählern - das ist eine Kunst. Ob das eine seichte Geschichte oder ein spannender Krimi ist - die Kunst ist gleichwertig, wenn sie die Gunst des Zuschauers gewinnt.

    Sie spielen nicht nur, Sie malen Bilder. Hieß es, als Sie Ihre Werke öffentlich machten: Ach, jetzt malt Sie auch noch?

    Kunst mit Bildern zu präsentieren, ist etwas sehr Persönliches. Und natürlich schwang der Unterton, na, jetzt malt sie auch noch!, bei der ersten Ausstellung vor sieben Jahren mit. Da war sie, eine neue Schublade für mich. Aber diese Schublade wurde nicht zugemacht, denn ich habe mit meiner Kunst überzeugt. Der Betrachter hat meine Kunst angenommen und es wurden auch viele Bilder verkauft und zwar nicht, weil ich mit meinem Namen signiere. Worauf ich sehr stolz bin: Eines meiner Bilder hängt seit letztem Jahr dauerhaft im Romy Schneider-Museum im Klein Loitzer Schloss bei Dresden.

    Ich war erstaunt, als ich mich mit Ihrer Vita beschäftigt habe. Ich dachte, bei Ihnen lief alles glatt, was die Karriere angeht. Nun las ich aber, dass Sie von der Schauspielschule abgelehnt wurden. Hatten Sie einen Plan B?

    Nein, eher eine Ausweichstelle. Ich habe zwei Semester Psychologie studiert, was mir bei der Schauspielerei natürlich geholfen hat. Ich erstelle für meine Arbeit immer ein Psychogramm für die neue Rolle, das hilft, sensibel zu bleiben. Und eins darf man nicht vergessen: In den 80er Jahren war ich als Vollweib schlicht nicht in Mode. Jetzt haben wir endlich die Diversität, die es damals überhaupt noch nicht gegeben hat. Damals waren die wehmütigen Elfen up to date. Ich als Vollfrau habe diesem Klischee nicht im Geringsten entsprochen.

    Zum Glück. Ich möchte jetzt allerdings verhindern, dass wir in ein Interview rutschen, das Ihren Körper zum Thema macht - das wurde meiner Meinung nach viel zu lang getan.

    Ja, das Vollweib kommt ja von innen und nicht durch die Kleidergröße.

    Stimmt. Sie werden bald 60 Jahre alt. Gab es in Ihrem Leben Situationen, in denen Sie sich rückblickend anders entschieden hätten?

    Nein. Denn so sehe ich das Leben nicht. Ich weiß, dass gewissen Schritte und Wege im Leben für einen bereitstehen und die durchläuft und durchlebt man dann, auch mit Fehlern. Aber die macht man, um daraus zu lernen. Deshalb ist es ja genau mein Leben, auch mit den Fehlern, die ich gemacht habe. Oder mit Entscheidungen, die anders vielleicht besser gewesen wären. Doch wie auch bei den glücklichsten Momenten in meinem Leben - ich würde rückblickend nichts anders machen.

    Und kommen Sie mit dem Altern klar? Mal unter uns: Was zwischen 50 und 60 passiert, ist doch wie Pubertät rückwärts und genauso anstrengend...

    ...wenn von außen her nicht so ein riesiges Bohei um die Zahl gemacht werden würde, käme ich nie auf die Idee, mich wie 60 zu fühlen. Für mich bedeuten Zahlen nichts. Ich sehe nicht aus wie 60...

    ...stimmt. Von wem haben Sie diese Gene?

    Von Mutter und Vater. Mein Vater starb leider vor drei Jahren, meine Mutter ist 85 und topfit. Ich werde es mit 100 aussehen wie 60.

    Sie tun ja auch viel dafür.

    Weil ich muss, aber auch möchte; - Ich mache Tanztraining, um mich auch weiterhin beweglich und kraftvoll zu halten. Andere sind mit 20 nicht so beweglich wie ich. Dadurch fühle ich mich in meinem 60 Jahre alten Körper viel wohler als mit 20. Was mich aber wirklich bei mir stört: hängende Mundwinkel. Da sehe ich Fotos, die mich mit einem negativen Gesichtsausdruck zeigen, obwohl ich das doch gar nicht bin. Nicht als Alterssignal, sondern die Negativität, die so suggeriert wird. Das schau mich mir mal genau an, wie weit ich die Mundwinkel noch absinken lasse. Aber ich habe momentan doch gar keine Zeit, zum Schönheitschirurgen zu gehen - es gibt viel Wichtigeres.

    Ihren neuen Kinofilm zum Beispiel.

    Richtig. "Hundswut" spielt in der Zeit der Machtergreifung Hitlers und zwar in einem abgelegenen bayerischen Dorf. Dort ist die Bevölkerung mit der großen Politik abgelenkt, als heftig verstümmelte Leichen entdeckt werden. War es ein Wolf? Oder die Tat eins Außenseiters, den man eh loswerden möchte und dem man das in die Schuhe schieben kann? Im Dorf setzt sich ein grausiger Mechanismus in Gang, es kommt sogar zum Hexenprozess. Mein Kollege Christian Tramitz spielt auch mit - auch so einer, dem man nur die vermeintlich leichten Sachen zutraut. Bald schon stehe ich in dem Stück "Eine Mutter , zwei Töchter" von Gabriel Barylli, der hier dann auch die Regie führen wird - auf der Theaterbühne. Gabriel Barylli kenne ich bereits seit "Krambambuli", er spielte in diesem Film aus dem Jahre 1998 neben dem wunderbaren Tobias Moretti und meiner Wenigkeit mit. Für dieses Filmepos wurde ich mit einem Grimme-Preis bedacht, was mich bis heute besonders freut.

    Das Kissinger Sommer-Publikum hat selbstverständlich enttäuscht reagiert, weil Gisela Schneeberger nicht kommt - und mit großer Freude, dass Sie Ihren Platz einnehmen. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen Sie noch nie als Geschichtenerzählerin auf der Bühne erlebt haben.

    Ich freue mich sehr darauf - und kann nur sagen: Lassen Sie sich überraschen.

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