Unverhofft wird der Ruhestand zum Unruhestand für Eduard Lintner: Nach sechsjährigen Ermittlungen muss sich der frühere Bundestagsabgeordnete aus Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) ab 16. Januar in München nun doch wegen dubioser Geldflüsse aus Aserbaidschan vor Gericht verantworten: Bestechung von Politik-Kollegen wird ihm vorgeworfen, was Lintner vehement bestreitet.
Seit sechs Jahren wurde ermittelt
Bekannt gewordene Ermittlungen samt Hausdurchsuchung 2020 bei Lintner zuhause und entsprechend wenig schmeichelhafte Schlagzeilen nagen seitdem an seinem Ansehen.
Am Freitag hatten nach sechsjährigen Ermittlungen alle Zweifel ein Ende: Das Oberlandesgericht München "hat die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft vom 1. Dezember 2023 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen," betont Pressesprecher Laurent Lafleur auf Anfrage.
Am 16. Januar beginnt der Prozess gegen Lintner sowie den Karlsruher Ex-Abgeordneten Axel Fischer, der solche Gelder aus dubiosen Quellen kassiert haben soll, um seinen Einfluss zugunsten Aserbaidschans geltend zu machen. Ziel der Zahlungen sei die Beeinflussung von Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) gewesen.
Geldzahlungen waren gestückelt
Lintner, der 33 Jahre lang im Bundestag und bis 2010 in der PACE saß, soll nach Angaben der Ermittler über zwei Gesellschaften bis 2016 "einen mehrfachen Millionenbetrag über 19 ausländische Briefkastenfirmen" erhalten haben. Diese soll er teils an andere Abgeordnete weitergeleitet haben, die Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen sollten.
Der viermal im Jahr tagende Europarat ist so etwas wie der Hüter der Menschenrechte in den 47 Staaten Europas. Doch 2013 fand dort ein kritischer Bericht zur Lage der Menschenrechte in Aserbaidschan überraschend keine Mehrheit – möglicherweise wegen Lobbyarbeit und Korruption. Dazu kamen offenbar vom Regime in Baku gesponserte Reisen deutscher Politikerinnen und Politiker nach Aserbaidschan, die jedoch – anders als kritische Wahlbeobachtende – keine demokratischen Unregelmäßigkeiten in dem Land entdecken konnten.
Interner Untersuchungsbericht belastete Lintner
Der Vorwurf basiert auf einem internen Untersuchungsbericht des Europarates von 2018, der dieser Redaktion vorliegt. Der 200-Seiten-Report enthielt massive Vorwürfe gegen Lintner. Demnach soll er auf Umwegen über Konten in Großbritannien – und teilweise auf bis zu zwölf Zahlungen gestückelt – hohe Summen kassiert haben, die er teilweise an Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk weitergeleitet haben soll.
Lintner blickt auf eine erfolgreiche Laufbahn zurück, wurde lange in einem Atemzug mit einflussreichen Politikgrößen in Unterfranken wie den früheren Bundesministern Wolfgang Bötsch und Michael Glos genannt. Der Geflüchtete aus dem Sudetenland studierte in Würzburg Jura.
Seine politische Karriere begann als Gemeinderat in Erlabrunn (Lkr. Würzburg) im Jahr 1972, nach seinem Umzug nach Münnerstadt stieg er rasch in die Bundespolitik auf. Von 1976 bis 2009 saß der CSU-Politiker im Bundestag.
Angeklagter Ex-Politiker betont: "Ich bin nicht bestechlich!"
Als er sich 2009 nach 33 Jahren im Bundestag aus der aktiven Politik zurückzog, macht er aus der politischen Unterstützung für Aserbaidschan kein Geheimnis. Sechs- bis zehnmal pro Jahr sei er dort.
Doch wie weit ging sein Engagement? "Ich bin nicht bestechlich", beteuerte der CSU-Politiker dieser Redaktion bereits 2021 im Gespräch. "Angeblich habe ich Gelder an Abgeordnete weitergeleitet, was alles nicht stimmt“. Jeden Vorwurf der Korruption wies er als "überzogen" und "haltlos" zurück.
Lintners Verteidiger äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht. Mit einer Entscheidung ist laut Gericht Ende April 2025 zu rechnen.