Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bad Kissingen
Icon Pfeil nach unten

Oberthulba: Vom Breakdancer zum Landarzt: Wie Joachim Hepp Medizin in Oberthulba volksnah gestaltet

Oberthulba

Vom Breakdancer zum Landarzt: Wie Joachim Hepp Medizin in Oberthulba volksnah gestaltet

    • |
    • |
    Joachim Hepp in seiner Praxis in Oberthulba.
    Joachim Hepp in seiner Praxis in Oberthulba. Foto: Silvia Gralla

    Rotbraunes T-Shirt, weiße Hose und moderne Sneaker, breite Schultern und ein freundliches Lächeln. Die langen, lockigen Haare zum Zöpfchen zusammengebunden. Sein Studium hat er sich größtenteils mit Breakdance-Shows finanziert und gibt in seiner Freizeit heute noch solche Tanzkurse: Zumindest eine kleine Rolle würde sich für Dr. Joachim Hepp in vielen Medizin-TV-Serien sicher finden.

    Anders als so mancher Fernsehdoktor ist Hepp fachlich versiert, entspricht jedoch auch in der Realität nicht dem Bild des klassischen Mediziners. Als sich ihm die Chance auf eine Stelle als Oberarzt im Lohrer Krankenhaus bot, entschied der heute 42-Jährige sich, den Karriereweg als Hausarzt auf dem Land einzuschlagen. Dort, in Oberthulba im Landkreis Bad Kissingen, betreibt er seit 2017 "die Landarztpraxis". Und ist in Zeiten immer schlechter werdender Versorgung in ländlichen Regionen ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht.

    undefined

    Dass er als junger Mediziner, der sich als Hausarzt verwirklicht, immer mehr zum Exoten wird, beschäftigt Hepp. "Ich liege schon manchmal im Bett und frage mich, wie das weitergehen soll", sagt er. Und spüre oft eine innere Diskrepanz: "Alle Hausärzte haben wahnsinnig viele Anfragen. Auf der einen Seite möchte ich niemanden wegschicken, auf der anderen Seite möchte ich mir aber für alle Patienten ausreichend Zeit nehmen. Es gibt Tage, da bin ich von 6 bis 21 Uhr in der Praxis. Da fragst du dich schon, wie das weitergeht, wenn immer mehr Kollegen wegbrechen."

    Hepp sieht viele Ursachen, aus denen es an Hausärztinnen und -ärzten so akut mangelt: "Ich denke die Selbständigkeit ist für viele ein Grund, aus dem sie es nicht machen. Es heißt, man verdiene zu wenig und müsse 24 Stunden arbeiten. Dann ist es so, dass der Beruf des Haus- oder Allgemeinarztes oft etwas schlechtgemacht wird. Auch ich habe früher unterschätzt, was Hausärzte leisten und wie breit man fachlich aufgestellt sein muss."

    Gute Zusammenarbeit zwischen Medizinerinnen und Medizinern

    Er selbst würde den Weg jedoch immer wieder einschlagen: "Für mich ist die Praxis ideal mit der Familie vereinbar". Hepp lebt mit seinen beiden Kindern und Ehefrau Sabrina im wenige Kilometer entfernten Hassenbach, seine Partnerin kümmert sich als Praxismanagerin um alles, was nicht direkt mit der Medizin selbst zu tun hat. "Durch die kassenärztlichen Bereitschaftspraxen hat man mehr Freizeit als früher und man verdient gutes Geld. Die Hausarztpraxen sind einfach enorm wichtig." Für Hepp sei es "total interessant, Menschen von klein auf durchs Leben zu begleiten".

    Seine "Landarztpraxis" soll eine moderne sein. "Früher hat man sich unter den Praxen als Konkurrenz verstanden. Inzwischen arbeiten wir gut zusammen." Hepp ist Teil der WhatsApp-Gruppe "Die jungen Wilden" mit Ärztinnen und Ärzten aus der Umgebung. "Wir verabreden uns alle sechs oder acht Wochen, treffen uns und tauschen uns aus."

    Joachim Hepp wurde über den zweiten Bildungsweg zum Mediziner

    Der 42-Jährige ist ein Beispiel dafür, Medizin volksnah zu gestalten. Im Wartezimmer seiner Praxis liegen Lifestyle- und Fitnessmagazine wie die "Cosmopolitan" oder "Men's Health", die Einrichtung ist farblich aufeinander abgestimmt und schlicht gehalten. "Ich will authentisch bleiben und normal sein", sagt er. "Ich mag das einfach und denke, dass ich so einen guten Draht zu den Patienten habe, mit fast allen bin ich per Du."

    Die Einstellung zu seinem Beruf spiegelt Hepps Werdegang wider. "Ich war sicher nicht von Anfang an ein Einserschüler", sagt er. Das Gymnasium verließ er nach der 8. Klasse, machte seine Mittlere Reife und im Anschluss eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Über den zweiten Bildungsweg, die Berufsoberschule in Würzburg, landete er schließlich doch im Medizinstudium - das aus seiner Sicht nach wie vor zu elitär behandelt wird.

    "Ich kenne aus dem Studium Menschen mit Einser-Abi, die für den Beruf kaum geeignet waren. Und andersherum auch welche, die mit Dreier-Abi und Umwegen über das Ausland heute mit die besten Ärzte sind. Weil sie es unbedingt wollten und alles dafür getan haben. Ich kann nur dazu ermutigen, Dinge zu versuchen, die man gerne möchte." Natürlich brauche es eine gewisse Grundbildung, doch der hohe Numerus Clausus von oft 1,0 sei als häufig alleiniges Auswahlkriterium für die Zulassung zum Studium der falsche Weg, so Hepp.

    Er kämpft dafür, Nachwuchs für seinen Berufszweig zu begeistern. "Dafür muss das, was wir tun, transparenter werden. Wir profitieren alle davon, wenn wir die Belastung auf mehr Köpfe verteilen." Derzeit hospitieren zwei Studenten in seiner Praxis. "Sie sind immer wieder überrascht, wie vielseitig wir arbeiten. Aber klar ist, dass Maßnahmen, die wir heute ergreifen, sich erst in zehn oder zwölf Jahren auszahlen werden."

    In nächster Zeit würde für eine Nebenrolle in einer TV-Serie also kaum Zeit bleiben. Doch Landärzte, das ist sicher, werden auch in Zukunft dringender gebraucht als weitere Fernsehärzte.

    Zur PersonDr. med. Joachim Hepp stammt aus Neuendorf (Lkr. Main-Spessart). Nach seiner Ausbildung zum Krankenpfleger absolvierte er seinen Zivildienst im Lohrer Krankenhaus und holte anschließend sein Abitur nach. Nach dem Medizinstudium in Würzburg und Ulm arbeitete er als Assistenzarzt in Lohr und wurde dort zum Facharzt für innere Medizin. 2017 ließ Hepp sich als hausärztlicher Internist in Oberthulba nieder. Besonders wichtig ist ihm seine Unabhängigkeit als Arzt. Hepp ist seit 2010 Mitglied einer Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte. "Ich besuche keine Fortbildungen von Pharmafirmen und meine Praxis ist frei von beeinflussender Pharmawerbung", sagt der 42-Jährige.Quelle: www.dielandarztpraxis.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden