Der edle Tropfen fließt gleich literweise in einen Metalleimer und verbreitet seinen typischen Duft nach reifer Williamsbirne und Alkohol. Trinkbar ist dieses Destillat allerdings noch nicht.

„Der Alkoholgehalt liegt nun bei etwa 80 Prozent“, sagt Thomas Kleinhenz, Chef der gleichnamigen Landbrennerei in Wartmannsroth. Ein Schluck davon würde vermutlich selbst trinkfeste Zecher glatt aus den Schuhen hauen.
Die hochprozentige Flüssigkeit muss mit klarem Wasser verdünnt werden. „Dazu braucht man besonders weiches Wasser“, erklärt der 61-Jährige. Erst dann kann der edle Brand in Flaschen gefüllt und verkauft werden.
Dritte Generation von Brennern
Vom Baum bis zum Schnapsglas muss die aromatische Birne sorgsam behandelt und mit viel Erfahrung gebrannt werden. Und die hat man in der Landbrennerei Kleinhenz schon in der dritten Generation.
1959 kaufte Großvater Alexander das Brennrecht in Obererthal und legte den Grundstein für die Brennerei im Nebenerwerb. In den Siebzigerjahren machte sein Sohn Arthur daraus einen regionalen Produktionsbetrieb für hochwertige Schnäpse, Edelbrände, Geiste und Liköre .

Der heutige Chef Thomas Kleinhenz schlug zunächst einen anderen beruflichen Weg ein. Er war mehr als 30 Jahre Soldat bei der Bundeswehr . 2009 übernahm er die Landbrennerei und stattete den traditionellen Handwerksbetrieb mit moderner Technik aus.
Auch das Sortiment wurde erweitert. 2010 wurde bei Kleinhenz das erste Fass Whisky abgefüllt. Mittlerweile gehört der ursprünglich aus Schottland stammende Branntwein zum festen Repertoire.

2000 Liter Whisky „ Barbarossa “ lagern in Holzfässern im Keller. Darunter sind auch einige ganz besondere Exemplare. In einem ehemaligen Rumfass aus Jamaika reift „ Barbarossa Nr. 9“, der im Juni nächsten Jahres auf den Markt kommen soll. Sechs Jahre konnte die neue Whisky-Sorte bis dahin ihr Aroma entwickeln.
Ein Fass Whisky zur Geburt

Auf ein Fass ist Thomas Kleinhenz besonders stolz. Zur Geburt seines Enkels Silas wurde noch am Tag der Niederkunft am 18. Dezember 2016 ein Fass mit Whisky gefüllt. Wenn er erwachsen ist, hat Silas seinen eigenen Whisky , der viele Jahre reifen konnte.

Der ehemalige Stabsfeldwebel muss wieder zurück zum Brennkessel. Temperatur und Druck müssen peinlich genau stimmen, sonst leidet die Qualität. Und darauf legt der Familienbetrieb besonderen Wert.

2,7 Tonnen Williamsbirnen gekauft
Von 40 eigenen Hochstammbäumen werden Äpfel, Mirabellen, Zwetschgen oder Birnen geerntet. Die besonders aromatischen Williamsbirnen müssen jedoch von einem Obstbauern aus der Nähe von Volkach zugekauft werden. „Das Klima in der südlichen Rhön ist für diese empfindliche Frucht einfach zu rau“, erklärt Kleinhenz.

2,7 Tonnen Williamsbirnen hat der Wartmannsrother in diesem Jahr gekauft. In mühevoller Handarbeit wurde von jeder Birne der Stiel abgezupft, weil die darin enthaltenen Bitterstoffe den Geschmack des Brands beeinträchtigen würden.
Die ganze Familie packt mit an
Dabei helfen alle mit: Ehefrau Manuela, die Kinder Victor und Carmen mit ihren Familien und natürlich Vater Arthur. Auch bei der Obsternte sind mittlerweile vier Generationen Kleinhenz im Einsatz.

Vor dem Brennen werden die Birnen in einem sogenannten Muser zu einem Brei zerkleinert. Etwa drei Wochen lagert die Birnenmaische dann in Gärbehältern, die luftdicht versiegelt wurden.
Anschließend werden die vergorenen Birnen im Brennkessel so lange erhitzt, bis der mit Aromen versetzte Alkohol über gekühlte Leitungen in einen großen Metalleimer fließt.
Aroniabeere und Kümmelschnaps
Neben Obstbränden und Whisky bietet Kleinhenz auch weniger bekannte Spirituosen an. Zu diesen Besonderheiten zählen die vitaminreiche Aroniabeere sowie Kümmel oder Schlehen. Auch Himbeeren, Johannisbeeren und Haselnüsse bilden die Grundlage für Destillate.

Brand, Geist und Likör
Bei der Verarbeitung von Früchten, Beeren, Nüssen oder anderen Ausgangsstoffen unterscheiden die Brenner drei Verfahren:
- Brand: Vergärung von Früchten unter Zugabe von Hefe. Der Fruchtzucker vergärt zu Alkohol.
- Geist: Einige Früchte – zum Beispiel Schlehen, Johannisbeeren, Aronia oder Haselnüsse – enthalten von Natur aus wenig Fruchtzucker und können deshalb kaum Alkohol entwickeln. Deshalb werden sie mit geschmacklosem Neutralalkohol übergossen. Nach etwa 14 Tagen sogenannter Mazerationszeit hat der Alkohol die Fruchtaromen aufgenommen.
- Likör : Früchte, Zucker und Alkohol werden in einem Glas- oder Tongefäß gemischt und mehrere Wochen gelagert.
Nach der Destillation warten im Steinkeller Brände, Geiste und Liköre in 25 Liter großen Ballonflaschen darauf, für Kunden in Flaschen abgefüllt zu werden.

Dass in den Whisky-Fässern mit jedem Jahr der Lagerung immer ein bisschen weniger drin ist, sieht Thomas Kleinhenz gelassen. Die Verdunstung des Alkohols durch das Holz dient einem guten Zweck: Dieser unter Whisky-Brennern „Angels’ share“ genannte Effekt heißt zu Deutsch „Engelsanteil“ oder „Schluck der Engel“. Und dieses Schlückchen sei den himmlischen Wesen von Herzen gegönnt. Zum Wohl!
„Tag der edlen Brände“ am 19. und 20. Oktober
In Wartmannsroth hat das Schnapsbrennen eine lange Tradition. Fünf größere Betriebe sind in der Gemeinde ansässig:
- „Bold’s Schnapsideen“ in Neuwirtshaus
- „Der Schnapskocher“ in Völkersleier
- „Franziska - die Brennerin“ in Wartmannsroth
- „Landbrennerei Kleinhenz“ in Wartmannsroth
- „Genussbrennerei Lutz“ in Windheim Zusammen laden sie am Samstag und Sonntag, 19. und 20. Oktober, zum „Tag der edlen Brände“ ein. Die Brennereien der Gemeinde Wartmannsroth richten an diesem Wochenende gleichzeitig fünf unterschiedliche Hoffeste aus. Neben Spirituosen und Spezialitäten aus der Region gibt es ein buntes Rahmenprogramm mit Schaubrennen, Kinderanimation und Livemusik. Außerdem fährt regelmäßig ein Shuttlebus.