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WALDFENSTER: Von Anfang an integriert

WALDFENSTER

Von Anfang an integriert

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    Lächeln für die Fotografin: Bewohner des Wohnpflegeheims Waldfenster beim Zusammensetzen von Wäscheklammern.
    Lächeln für die Fotografin: Bewohner des Wohnpflegeheims Waldfenster beim Zusammensetzen von Wäscheklammern. Foto: FOTOs Susanne Wahler-Göbel

    Das von Ralf Mützel und seinem Schwager Klaus Voll vorgelegte Konzept überzeugte seinerzeit beim Bezirk Unterfranken. So begann die erfolgreiche Geschichte der Pflegeheime im Januar 1997 in Oehrberg mit anfangs sieben Bewohnern. Diese kamen aus der Psychiatrie in Lohr und sollten im Rahmen der so genannten Ent-Hospitalisierung in Bayern in einem adäquaten Heim untergebracht werden.

    „Die eine oder andere große Hürde musste erst einmal überwunden werden.“

    Ralf Mützel Heimleiter

    „Ziel war es, statt einer Nur-Verwahrung eine Pflegeeinrichtung mit familiären Ambiente und umfassender Betreuung für die Betroffenen zu schaffen“, erklärt Mützel seine Motivation. Was anfangs alles andere als einfach war, wie er unverblümt zugibt. „Die eine oder andere große Hürde musste erst einmal überwunden werden.“

    Etwa die Umstellung von einem großen Schlafsaal auf Einzelzimmer. „Die gab es in der Psychiatrie nicht.“ Anfangs hätten sich alle Bewohner nachts auf dem Flur zum Schlafen versammelt, erinnert sich Mützel. Im Nachhinein sieht er das mit einer gewissen Lockerheit, „aber damals war das alles andere als lustig“. Erst mit der Zeit lernten die Heimbewohner die Vorteile eines Einzelzimmers kennen und schätzen.

    „Heute ist unsere Arbeit professionell strukturiert“, sagt der 40-Jährige, der sich unter anderem im Bereich Qualitätsmanagement weiter gebildet hat. Zu dem Haus in Oehrberg sind je eines im Oktober 1998 in Geroda und im April 2001 in Waldfenster dazu gekommen. Aktuell leben dort insgesamt 58 geistig Behinderte mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren. „Die Basis unserer Arbeit ist die Grund– und Behandlungspflege der Bewohner“, so Mützel. Zusätzlich unterstützen ortsnahe Therapeuten die insgesamt 62 Mitarbeiter der Häuser. „Drei Angestellte der ersten Stunde sind heute noch dabei“, sagt Mützel nicht ohne Stolz.

    „Wir möchten unseren Bewohnern das Gefühl geben, dass sie wichtig sind.“

    Ralf Mützel

    Der zweifache Familienvater legt großen Wert auf menschliche Atmosphäre. „Wir möchten unseren Bewohnern das Gefühl geben, dass sie wichtig sind.“ Dafür gibt es verschiedene arbeitstherapeutische Angebote oder Freizeitangebote wie Ausflüge oder Hausfeste. Besonders froh ist Mützel über die Unterstützung eines Diakons aus Waldfenster, der neben regelmäßigen Gottesdiensten auch Trauerfeiern in den Häusern hält, wenn ein Bewohner gestorben ist. „Auf diese Weise nehmen wir ganz persönlich Abschied.“

    Auch wenn die Wohnheime jeweils etwas außerhalb der Dorfkerne liegen, ist Mützel voll des Lobes über den Zuspruch durch die Dorfbewohner. „Da gab es nie Probleme. Wir wurden von Anfang an in das Dorfleben integriert, sei's beim Gang zum Frisör oder zum Bäcker bis hin zum Maifest“, sagt Mützel, der vor seiner Selbstständigkeit vier Jahre bei der Lebenshilfe gearbeitet hat.

    Mützel hat anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Oehrberger Hauses und der anderen gewachsenen Einrichtungen allerdings nicht nur Grund zur Freude. „Wenn ich mir so die politisch-gesellschaftliche Lage in unserem Land anschaue, zieht es mich doch immer wieder runter“, gibt der aus Oberthulba stammende Heimleiter zu. Das Stichwort Gesundheitsreform legt ihm Sorgenfalten in die Stirn. „Ich hoffe, dass wir die gute Versorgung der Bedürftigen in unseren Häusern aufrecht erhalten können.“

    An ihm selbst soll das nicht scheitern. „Ich möchte einen guten Job machen“, sagt der 40-Jährige, der in seiner Freizeit gerne Klavier und Tennis spielt. Von den Heimbewohnern jeden Tag freudig begrüßt zu werden und ihnen bei ihren täglichen Bedürfnissen helfen zu können, das, beschreibt Mützel, „ist für mich wohl so ähnlich wie für einen Schauspieler der Applaus.“

    Im Blickpunkt

    Familiäres Heim statt Psychiatrie Im Rahmen der so genannten Ent -Hospitalisierung in Bayern haben Ralf Mützel und Klaus Voll 1997 ihre Idee von einem privaten Wohnpflegeheim verwirklicht. Die Ent-Hospitalisierung sieht vor, geistig schwer behinderte Menschen mit psychischen Erkrankungen statt in psychiatrischen Krankenhäusern in Heimen mit familiärer Atmosphäre unterzubringen. Mützel und Voll gründeten eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), mieteten zunächst in Oehrberg ein Haus und richteten dort eine vollstationäre Pflegeeinrichtung mit 18 Betten ein. Mittlerweile leiten der ehemalige Heilerziehungspfleger und der gelernte Bankkaufmann zwei weitere Häuser in Geroda (16 Plätze) und Waldfenster (24 Plätze). Alle Einrichtungen werden von den Sozialhilfeträgern und den Pflegekassen finanziert.

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