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Wen Waldemar Hartmann siezt

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Wen Waldemar Hartmann siezt

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    Aschach Mit dem ganzen Gewicht seines Körpers und der Gewalt seiner Wortakrobatik ist Andreas Giebel sofort mittendrin mitten im Leben. Wie aus einem Maschinengewehr des satirischen Humors prasseln seine scharfen Pointen zielsicher auf die 100 Zuhörer im Bad Bockleter Kursaal in einem Tempo, dass mancher Lacher nur verspätet einsetzen kann und man Gefahr läuft, die nächste Pointe zu verpassen.

    So kommt das schon 2003 gestartete Soloprogramm des Münchener Kabarettisten unverändert frisch über die Bühnenrampe und zieht das Publikum in seinen Bann.

    Glücklicherweise braucht auch Giebel Atempausen, so dass man wieder aufholen kann. Man muss schon aufpassen bei diesem rasanten Schleuderkurs durchs Leben. Sonst erkennt man sich selbst vielleicht gar nicht in einer der vielen Figuren, die Giebel spielt oder von denen er erzählt.

    Giebels Bühnenfigur ist der bodenständige Halbgebildete ("Sushi ist die Abkürzung für Subunternehmen mit solventen Holding-Interessenten") mit klarem Weltbild: "Ich teile die Menschen in mehrere Gruppen ein: Die einen gehn in die Wirtschaft, die andern nicht." So macht er sich Gedanken über seine neuen Freunde vom Bierstehtisch auf dem Viktualienmarkt, den Intellektuellen Puschkin, der auf alles eine philosophische Antwort weiß, und über den etwas kurz geratenen und voller Komplexen steckenden Placebo, der mit seiner Standardformulierung "I wois net, ob i mir des bloß einbild, aber..." eher zur Vorsicht neigt. Sie bringen etwas Unordnung in Giebels sonst so klares Weltbild.

    Eine Erkenntnis bleibt ihm: "Bei einem jungen ehrgeizigen Leberspezialisten nützt einem die beste Leber nix!" So stellen die Ärzte bei Ewald, dem Gesundheitsfanatiker, von Tag zu Tag auch immer mehr fest, so dass seine Freunde inzwischen einen neuen Job "für einen blinden bettlägerigen ehemaligen Leichtathleten" suchen.

    Giebel berichtet in einem geistreichen Mix aus Kalauern und philosophischen Spitzfindigkeiten von seinem Beziehungsstress mit Isabella, vom gemeinsamen Kochen mit Freunden, die er der Reihe nach vergrault ("Angriff ist die beste Verteidigung, bevor die mir schräg kommen"), und grübelt über den Unterschied zwischen Esoterik- und Erotikmesse, obwohl er sich abschließend gar nicht mehr so sicher ist.

    Er kennt sogar einen Mann, der sich mit Sportmoderator Waldemar Hartmann siezt: "Waldemar ist bekannt dafür, dass er jeden duzt; da freut er sich, wenn er privat auch mal einen siezen darf." Zur Vorsicht schlägt er aber doch noch in seinem Lexikon "Um was geht's eigentlich" nach, das er immer zur Hand hat, und findet darin tatsächlich: "Harem Harnröhre Hartmann, Waldemar".

    Nach einem trotz seiner zwei Stunden viel zu kurzen Kabarettabend bedankt sich Andreas Giebel artig bei seinen Zuhörern für ihr Kommen und vor allem, dass sie auch alle geblieben sind. "Man weiß ja nie in dieser schnelllebigen Zeit. Obwohl in Bad Bocklet?"

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