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Werntalbahn war gedacht als Kanonenbahn

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Werntalbahn war gedacht als Kanonenbahn

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    Klaus Göbel ist "bahnbelastet". Schon sein Großvater war Lokführer bei der Reichs- und Bundesbahn. Das Wohnhaus, in dem er aufgewachsen ist, stand unmittelbar neben dem Bahndamm, am Einfahrsignal des Bahnhofs Mühlhausen.

    "Die Lok hat direkt vor unserem Haus gehalten", sagt Klaus Göbel. "Wenn es nicht gleich eine Einfahrerlaubnis in den Bahnhof gab, stand sie auf Höhe unseres Vorgartens." Das hat das Interesse des heute 40-Jährigen an der Bahn schon früh geweckt.

    Seit über zehn Jahren beschäftigt sich Klaus Göbel deshalb intensiv mit der Geschichte der Werntalbahn. "Die Werntalbahn wurde ehemals hauptsächlich unter militärischen Aspekten gebaut", so Klaus Göbel. Zehn Jahre dauerten die Vorüberlegungen, bis 1877 der Spatenstich erfolgte. Innerhalb von zwei Jahren war die Werntalbahnlinie, die eine direkte Verbindung zwischen der Kugellagerstadt Schweinfurt und Gemünden schuf, fertig gestellt. Bei den Recherchen zu seinem Buch erfuhr Klaus Göbel, dass beispielsweise beim Bau des Einschnitts bei Mühlhausen täglich 300 Arbeiter tätig waren.

    Die erste Initiative zum Bau einer Bahnlinie Schweinfurt-Gemünden gab schon 1836 der Schweinfurter Handelsstand, der einen Anschluss an den Raum Frankfurt forderte. Dieser Forderung wurde zunächst aus staatspolitischen Gründen nicht stattgegeben, da der Schifffahrts- und Kanalbau erste Priorität hatten.

    1868 wurden neue Überlegungen angestellt und verschiedene Streckenführungen untersucht. Die Neigungsverhältnisse durch das Werntal mit 1: 200 schienen günstig, was sich bis zum heutigen Tag im Güterverkehr niederschlägt. Wurde zunächst der Anschluss der Orte Büchold und Schwebenried in die Überlegungen einbezogen, scheiterte diese Planung an den 400 Meter hohen Berghügeln, die zu überwinden gewesen wären. Schließlich entschieden sich die Planer, unmittelbar dem Lauf der Wern zu folgen, was sich bis zum heutigen Tag bewährt hat. Geplant wurde die Werntalbahn als Kanonenbahn, schreibt Klaus Göbel in seinem Buch. Ursprünglich sei es der preußische General Hellmuth von Moltke gewesen, der eine Verbindung von Meiningen nach Gemünden forderte, um das Herzogtum Sachsen-Meiningen militärisch anzubinden. Bayerns Militär unterdessen forderte eine Zufahrt zur Pfalz und eine gleichzeitige Entlastung des Würzburger Bahnhofs. Auch heute, so Klaus Göbel, entlastet die Werntalbahn den Bahnhof Würzburg im Güterverkehr, der über die Werntalstrecke geleitet wird.

    Bis 1988 zählte die Strecke Würzburg - Gemünden zu den dicht befahrenen Eisenbahnstrecken mit einem Fünf-Minuten-Wechsel. Erst seit dem Bau der ICE-Strecke hat sich das geändert. Über die Werntalbahn werden werktäglich etwa 60 Güterzüge abgewickelt, die größtenteils während der Nachtstunden unterwegs sind. Durchschnittlich im 25-Minuten-Rhythmus passieren die Züge die Strecke Gemünden - Waigolshausen - Schweinfurt nach Bamberg oder Nürnberg. Die Züge werden tagsüber beladen und erledigen den Transport meistens in der Nacht.

    Über zwei Unfälle berichtet Klaus Göbel in seinem Buch. 1967 gab es einen Unfall mit hohem Sachschaden bei Mühlhausen, der durch eine falsch gestellt Weiche verursacht worden war. Der Lokführer sprang damals rechtzeitig vom Zug ab. 1977 rammte ein Zug einen Schneeräum-Unimog bei Schönarts. Ein Mensch kam bei dem Unfall ums Leben. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Werntalbahn liegt bei 100 Kilometern pro Stunde. Als Bremsstrecke für einen Güterzug muss ein Kilometer berechnet werden. Die maximale Zuglänge auf der Werntalbahn beträgt 750 Meter. Ein Buchfahrplan gibt genaue Auskünfte, wann und wo schnell gefahren werden darf und wo es zu kritischen Situationen kommen kann.

    Die Werntalbahnstrecke kann laut Klaus Göbel als relativ gefahrenfreie Bahnstrecke bezeichnet werden, weil es hier moderne Stellwerktechnik und nur einen Straßenübergang gibt.

    Der Personennahverkehr auf der Werntalbahn wurde 1976 endgültig eingestellt. Obwohl Kenner behaupten, dass die Nachmittagszüge voll besetzt gewesen seien, erschien der Bahn der Personennahverkehr auf der Werntalbahn unrentabel. Personal wurde abgezogen. Die Stellwerke wurden nach und nach geschlossen. Die letzte Dampflok fuhr 1974 durch das Werntal. Damit endete auch hier die Ära der "schnaufenden Ungeheuer".

    "Ich habe noch so viel Bildmaterial, dass es für ein zweites Buch reichen würde", sagt Klaus Göbel. "Ich sammle weiter, auch um die Fotos für die Nachwelt zu sichern."

    Das Buch über die Werntalbahn beschränkt sich nicht auf Zahlen und Fakten rund um das Eisenbahnwesen. Zeitgeschichte fließt ein wie beispielsweise die Bewachung der Bahnhöfe vor dem Ersten Weltkrieg und die damit verbundene Spionageangst. Bemerkenswertes aus dem Leben der Bahnstelleninhaber und deren berufliche Ära wird beschrieben und natürlich die Streckenführung der Kanonenbahn durch das Werntal.

    Übrigens: Im Jahre 2004 kann die Werntalbahn ihr 125-jähriges Bestehen feiern.

    Zu beziehen ist das 110 Seiten starke Buch über den Buchhandel und im Verlag Wolfgang Bleiweis, Schweinfurt, Postfach 4013, unter der ISBN-Nummer 3-928786-77-6.

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