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Früher belächelt, heute bewundert: Öko-Winzerin Schwester Hedwig Mayer

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Früher belächelt, heute bewundert: Öko-Winzerin Schwester Hedwig Mayer

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    Und sie kennt sich mit der Kunst des Durchhaltens aus, bis sich der richtige Moment endlich blicken lässt.

    Die Augustinus-Schwester, die gemeinsam mit fünf weiteren Mitgliedern der säkularen (nicht-klösterlichen) Gemeinschaft auf der Vogelsburg lebt, leistete beim Weinbau ökologische Pionierarbeit – und wurden dafür lange und ausgiebig belächelt. Während an der Vogelsburg in den Weinbergen gejätet wurde, schwang man ringsherum die chemische Keule. Jäten im Weinberg – so stellt man sich nicht gerade eine Revolution vor. Und doch war es eine. Die Wiege des Öko-Weinbaus – sie steht auf der Vogelsburg.

    Der Blick auf die Mainschleife mit Escherndorf und Nordheim, dazwischen die Fähre. Wer genau hinguckt, erhascht noch den Turm der Hallburg. Eigentlich könnte man auf der Vogelsburg nur fürs Gucken Eintrittsgeld verlangen. Das alles wäre jedoch ohne die Weinhänge nur die Hälfte wert. Hier ist das zwei Hektar große Weinbergs-Reich von Hedwig Mayer, das ihr völlig überraschend in den Schoss fiel. Es war Anfang der 1970er Jahre, als sie beim Besuch auf der Vogelsburg ein Stück vom Paradies für sich entdeckte.

    Eine Entdeckung mit Folgen. Ende 1972 wurde aus einer 30-jährigen kaufmännischen Angestellten aus Erlangen eine Augustinus-Schwester auf der Vogelsburg. Dass just zu diesem Zeitpunkt jemand gebraucht wurde, um sich der hauseigenen Weinberge anzunehmen – es kann nicht wirklich Zufall gewesen sein.

    Zwar hatte die Neu-Vogelsburgerin einst in der elterlichen Landwirtschaft mit zugepackt, der Weinanbau indes war absolutes Neuland. Weshalb kurz darauf eine Schwester in der Würzburger Berufsschule ein- und ausging, um 1975 die Winzergehilfenprüfung abzulegen.

    Vielleicht ist das der richtige Moment, um über den Glauben zu sprechen. Und darüber, dass Schöpfung und Bewahrung auch vor einer Rebe nicht haltmachen. Dass viele Dinge durchaus einen übertragenen Sinn haben. Dass das Bewusstsein vielleicht schon deshalb ein anderes ist, weil der Wein hier auf einem geschichtsträchtigen Ort wächst: Die erste urkundliche Erwähnung der Vogelsburg stammt aus dem Jahr 906. Vor 1100 Jahren Tradition nehmen sich 50 Jahre Vogelsburg-Schwestern nicht gerade mächtig aus – vielleicht ist aber gerade deshalb die Achtung so groß. Weshalb es auch nicht weiter verwundert, dass Schwester Hedwig Mayer von einem „religiösen, spirituellen und kulturträchtigen Ort“ spricht. Hier könne man „auftanken“. Und: „Wenn ich mich hier umschaue, dann kommt mir die Schöpfungsgeschichte in den Sinn: Gott setzte den Menschen in den Garten Eden, ihn zu bebauen und zu behüten.“

    Dieses andere, religiösere Herangehen an den Weinbau – genau das ließ die Schwestern ihrer Zeit weit voraus sein. Während woanders gespritzt und kein anderes Kraut geduldet wurde, waren hier die Weinberge schon immer grüner. Bereits Anfang der 1960er Jahre wurde begonnen, nach ökologischen Prinzipien zu wirtschaften. Hedwig Mayers Vorgängerin, Schwester Christa Schleser, verzichtete auf den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden. Später wurden auch Fungizide verbannt und es kamen regelmäßige Bodenanalysen wie selbstverständlich dazu – Meilensteine im Weinbau.

    Nachdem die Winzergehilfin 1982 den nächsten Schritt gemacht und die Winzermeisterprüfung abgelegt hatte, mischte sie sich auch öffentlich ein. Wer die Herrin der Öko-Reben zu einer Podiumsdiskussionen einlud, wusste schon vorher, dass Stimmung in der Bude sein und die gängige Lehrmeinung in Frage gestellt würde. Auch wenn der Öko-Kampf längst gewonnen ist, hat sich von damals einiges erhalten: Bei Weinproben etwa erzählt Hedwig Mayer weniger über harmonische Zusammenspiele und wie sich der Wein im Abgang verhält – eher gibt es etwas über Humuswerte, Nitratbelastung, Bodenerosion und Begrünungsmaßnahmen zu hören.

    Ansonsten kann man sich die flüssigen Ergebnisse des Weinbaus an der Vogelsburg gleich neben der Kirche „Mariä Schutz“ in der eigenen Gaststätte schmecken lassen. Von deren Terrasse aus öffnet sich der unbezahlbare Blick. Wie ein Paradiesgarten wirkt von hier aus das fränkische Weinland. Ein ökologischer Paradiesgarten, versteht sich.

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