Das war gut gemeint, doch der Schuss ging nach hinten los. Im Jahr 2020 hat die Gemeinde Knetzgau die Friedhofstraße in Westheim saniert. Zuvor war der Verkehr hier über Betonplatten gerollt, die im Laufe der Jahre immer mehr zerbrochen und in Teilen auch wackelig geworden waren. Welch Fortschritt, als die Betonpiste einer Asphaltdecke wich.
Doch von wegen schöne neue Straße. Die Fahrbahn zeigte insbesondere dort, wo die Friedhofstraße von Westen kommend zum Siedlerheim ansteigt, alsbald Risse und Wölbungen. Und die Schäden nahmen solche Ausmaße an, dass die Gemeinde die Friedhofstraße im genannten Abschnitt sperrte.
Der Schuldige ist gefunden: Gips im geologischen Untergrund
Im Knetzgauer Rathaus weiß man, was die Straßendecke kaputt macht: Es ist der hier in den Keuperschichten des geologischen Untergrundes natürlich vorkommende Gips. Kommen Gipsminerale in Berührung mit Wasser, quellen sie auf, dabei entstehen gewaltige Kräfte, die die darüber liegenden Schichten dehnen und schließlich auch eine Asphaltschicht wölben und aufreißen können.
Die Gemeinde hatte sich 2020 gegen den Vollausbau entschieden
Bei der Friedhofstraße handelt sich um keine Durchgangsstraße, der Verkehr hält sich in Grenzen, meist sind es Besucherinnen und Besucher des Friedhofs, die hier mit ihren Autos unterwegs sind. Und so hatte sich Knetzgau 2020 aus Kostengründen – die Rede ist von einer Ersparnis in Höhe von 180.000 Euro – gegen einen Vollausbau entschieden. Die Gemeinde ließ den Boden stabilisieren und teeren, nichts ahnend, dass sich in mehreren Metern Tiefe jene heimtückischen Gipslagen befinden.

Nach Bekanntwerden der Schäden hatte die Bauverwaltung auf einen Faktor gesetzt: die Zeit. In zwei, vielleicht drei Jahren, so die Hoffnung, dürfte sich der Untergrund stabilisiert haben. Und sobald an der Oberfläche keine nennenswerten Veränderungen mehr erkennbar sein würden, würde die Gemeinde den Asphalt abfräsen und durch eine wassergebundende Deckschicht ersetzen lassen.
Doch nun will Bürgermeister Stefan Paulus (CWG/SPD) nicht mehr warten, bis der Gips zur Ruhe kommt. Im Gegenteil: "Wir müssen jetzt handeln", sagte das Gemeindeoberhaupt am Freitag zur Redaktion, weil die Schäden an der Friedhofstraße in den letzten Wochen solche Ausmaße angenommen haben, "dass wir Angst haben, dass auch unsere Wasserleitung beschädigt wird."
Hat der Kanalbau die Wasserführung im Untergrund verändert?
2020 nämlich hatte Knetzgau an der Friedhofstraße auch eine neue Regen- und Abwasserleitung legen lassen. Möglicherweise war es dieser Kanalbau, der die Wasserführung im Untergrund so beeinflusst hat, dass Niederschläge oder Grundwasserströme die Gipslagen erreichen konnten – mit den verheerenden Auswirkungen auf die Straße. Aber das sei nur eine Mutmaßung, sagte Paulus.
Wie dem auch sei, zum Schutze der Kanalisation will die Gemeinde nun unverzüglich tätig werden. Die Schuld dafür, was an der Friedhofstraße geschehen ist, möchte er niemanden geben; das mit dem Gips habe doch niemand wissen können. Auch die Baufirma könne man nicht zur Verantwortung ziehen, weil sie vor nunmehr fast vier Jahren auftragsgemäß eben nur Ausbesserungsarbeiten, aber keinen Komplettausbau durchgeführt habe.
Schon bald also wird sich der Verkehr in der Westheimer Friedhofstraße "auf Schotter" bewegen, bei dem sich Unebenheiten recht einfach und immer wieder auffüllen oder glatt walzen lassen. Das ist nicht ganz so komfortabel wie das Dahingleiten auf Asphalt. Aber immerhin werden die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer nicht mehr an einer Sperrung wenden müssen.