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Bamberg: Alarmierend: „Der Nachbar, der seit 25 Jahren neben mir wohnt, wird obdachlos“

Bamberg

Alarmierend: „Der Nachbar, der seit 25 Jahren neben mir wohnt, wird obdachlos“

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    Obdachlosigkeit: Durch wirtschaftliche und soziale Not geraten immer mehr Menschen in persönliche Krisen und in ein Leben auf der Straße. (Symbolfoto)
    Obdachlosigkeit: Durch wirtschaftliche und soziale Not geraten immer mehr Menschen in persönliche Krisen und in ein Leben auf der Straße. (Symbolfoto) Foto:  Leroy Skalstad

    Wohnungslosigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen: „Der Nachbar, der seit 25 Jahren neben mir wohnt, wird obdachlos“, beginnt Peter Klein aus einer Biografie zu erzählen, die ihm aus seiner täglichen Arbeit mit Obdachlosen immer wieder begegnet. Der Leiter des Treffpunkts „Menschen in Not“ in der Siechenstraße weiß nur zu gut, dass die Zahl der Personen ohne eigene Wohnung auch in Bamberg steigt: „Sie fallen durch das Hilfesystem, wir stoßen an Grenzen“, sagt Klein.

    „Das Problem Obdachlosigkeit ist kein neues, aber es ist intensiver geworden.“

    Mario-Christian Schmidt, Sachgebietsleiter Erwachsenenhilfe/Betreuungsstelle im Sozialamt der Stadt Bamberg

    Grenzen, die dem akuten Mangel an bezahlbaren und sozialgebundenen Wohnungen geschuldet ist. Zumal Wohnungslose in der Stadt mit über 12.000 Studierenden um günstige 1-Zimmer-Wohnungen konkurrieren, und Bamberg es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch Geflüchtete aus der Ukraine und anderer Herkunftsländer unterzubringen.

    Tag der Wohnungslosen am 11. September: Es wird immer schwerer, eine Wohnung zu finden

    „Das Problem Obdachlosigkeit ist kein neues, aber es ist intensiver geworden“, erklärt auch Mario-Christian Schmidt, Sachgebietsleiter Erwachsenenhilfe/Betreuungsstelle im Sozialamt der Stadt Bamberg. Die Zahl der Betroffenen aus Mittelschichtsfamilien und von psychischen Erkrankungen würde stetig höher steigen: „Sie werden aus dem System gespült“, sagt Schmidt.

    Sie machen auf das zunehmende Problem der Wohnungslosigkeit und die steigende Obdachlosigkeit in Bamberg aufmerksam (von links): Amelie Fuchs, Mario-Christian Schmidt, Peter Klein und Maria Joecks.
    Sie machen auf das zunehmende Problem der Wohnungslosigkeit und die steigende Obdachlosigkeit in Bamberg aufmerksam (von links): Amelie Fuchs, Mario-Christian Schmidt, Peter Klein und Maria Joecks. Foto: Marion Krüger-Hundrup

    Gemeinsam mit Peter Klein, Amelie Fuchs (seiner Mitarbeiterin aus der Präventionsstelle) und der Sozialpädagogin Maria Joecks vom Projekt „Übergangswohnen Plus“ schlägt Schmidt Alarm: „Es wird immer schwerer, für unsere Klientel Wohnungen zu finden.“ Darauf wollte die Gesprächsrunde mit unserer Zeitung am Internationalen Tag der Wohnungslosen (11. September) hinweisen, nicht „um den Tag zu zelebrieren, sondern um auf den negativen Trend aufmerksam zu machen“. Denn „Wohnen ist Menschenrecht“.

    Armut werde mit Schuld assoziiert, Obdachlose stigmatisiert und isoliert

    Ein Recht, das etwa einer Million Menschen in Deutschland verwehrt wird, was die Dimension der Wohnungslosigkeit unterstreicht. Notunterkünfte der Kommunen nach dem Ordnungsrecht sowie der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe sind knapp. Zig Tausende campieren auf der Couch bei Freunden – ohne Privatsphäre und der Sicherheit, bleiben zu dürfen. Treffpunkt-Leiter Klein bricht das Problem wieder auf Bamberg herunter: Vor der Corona-Pandemie habe es in seiner Einrichtung etwa 100 Postfächer gegeben, seien es jetzt 120. Und in die Wärmestube kämen täglich etwa 50 Menschen zum kostenlosen Mittagessen: „So viel wie nie!“

    "Das ist nicht so, Arme und Obdachlose sind keine schlechten Menschen."

    Peter Klein, Leiter des Treffpunkts „Menschen in Not“ zum Thema, dass Armut oft mit Schuld assoziiert wird

    Die Summe an Krisen wie Trennungen von Eheleuten, Miet- und Energieschulden, allgemeine Kostenexplosion, Entlassung aus der Haft oder Therapie, Erkrankung oder fristlose Kündigung von Wohnraum lasse Armut und Obdachlosigkeit wachsen. So wünscht sich der städtische Sachgebietsleiter Schmidt auch mehr Verständnis von den Bambergern für diesen Personenkreis, der „stigmatisiert und isoliert ist“. Armut werde mit Schuld assoziiert, ergänzt Peter Klein: „Das ist nicht so, Arme und Obdachlose sind keine schlechten Menschen.“

    Rechtzeitig melden, um die Obdachlosigkeit möglichst zu verhindern

    Sozialpädagogin Amelie Fuchs wirbt darum, dass sich bei drohender Wohnungslosigkeit Familien mit Kindern und Alleinstehende rechtzeitig in der „Präventionsstelle – vorbeugende Wohnungshilfen der Stadt Bamberg“ melden. Oftmals könnten Verhandlungen mit Privatvermietern und Baugenossenschaften eine fristlose Wohnungskündigung abwenden, „bei einer ordentlichen Kündigung wird es schwieriger, das hängt vom Vermieter ab“, räumt Fuchs ein. Immerhin gelinge es, etwa 100 Wohnungen im Jahr zu retten und 400 Beratungen vorzunehmen.

    Ein positives Beispiel ist auch das Kooperationsprojekt „Übergangswohnen Plus“, das Bürgern und Bürgerinnen der Stadt Bamberg hilft, die obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht sind, Wohnraum zu erhalten. Die vorerst befristeten Wohnungen können nach einer erfolgreich verlaufenen Projektphase von zwölf Monaten unbefristet übernommen werden. In dieser Zeit werden die Mieter und Mieterinnen von Maria Joecks sozialpädagogisch beraten und intensiv in lebenspraktischen Dingen begleitet.

    Die Stadtbau GmbH Bamberg bietet nach Verfügbarkeit sieben bis acht Wohnungen an, in die die Präventionsstelle des Sozialamtes Interessenten vermittelt. Seit dem Projektstart im Dezember 2019 konnten 17 Menschen „sicher im Wohnraum untergebracht werden“, sagt Joecks. Eine erfolgreiche Bilanz ihrer Meinung nach, die aufgrund der finanziellen Zuschüsse der Stadt Bamberg, dem Vinzenzverein Bamberg, dem Caritasverband für die Stadt Bamberg und des Diakonischen Werkes Bamberg sowie mithilfe von Spenden möglich sei: „Der Fortbestand dieses Pilotprojektes ist sichergestellt“, freut sich die Sozialpädagogin, die im Treffpunkt „Menschen in Not“ ihren Arbeitsplatz hat. Derzeit werde überlegt, noch andere Vermieter und Baugenossenschaften anzusprechen, um dem Wohnungsbedarf gerechter werden zu können.

    Von drohender Wohnungslosigkeit Betroffene können sich an folgende beiden Stellen wenden: Übergangswohnen Plus, Siechenstraße 11, 96052 Bamberg, Tel.: (0951) 70039-96, E-Mail: maria.joecks@caritas-bamberg-forchheim.de; Präventionsstelle – vorbeugende Wohnungshilfen – Amt für soziale Angelegenheiten, Promenadestraße 2a, 96047 Bamberg, Tel.: (0951) 871480.

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