Galgenberg und Zentweg. Wenn Name Programm ist, wie es im Volksmund heißt, hat die Gegend um die Burgruine Altenstein herum eine noch unerforschte, spannende Historie. Was verbirgt sich hinter den vielversprechenden Namen? Galgenberg klingt nach Hinrichtungsstätte, und Zentweg? "Zent ist ein alter Begriff für Gericht", klärt Kreisheimatpflegerin Christiane Tangermann auf, die eine Gruppe Interessierter um sich herumgeschart hat. Alle möchten voller Interesse ein angekündigtes Schauspiel miterleben, das für Mittwoch, 10. April, 10 Uhr, angekündigt ist und sich über den ganzen Tag hinweg ziehen wird.
Geowissenschaftler Dr. Markus Tarasconi (Geo-Büro Fürth) hat sich in Altenstein eingefunden, mit im Gepäck: ein Magnetometer. In der Hinterhand: Bodenradar und Bodenelektrik. Und einen Plan, wie er den Gerüchten rund um die Namen auf den Grund gehen kann.

Bereits im Vorfeld hatten die Fachkundigen alle zu untersuchenden Flächen eingekreist. Drei an der Zahl: der Galgenberg, ein bereits als Bodendenkmal eingetragener kleiner Ort; eine potentielle Richtfläche, die durch ihre besondere Form und den eigenwilligen Bewuchs auf sich aufmerksam machte; und eine Gerichtsgrenze vor dem Abgrund einer weithin sichtbaren Bergkuppe, welche als Schauplatz für politische Muskelspiele rivalisierender Herrscher abschreckende Wirkung erzielt haben könnte.
Die Ergebnisse könnten von überregionaler Bedeutung sein
Die Ergebnisse der Untersuchungen, so Tangermann, könnten überregional von großer Bedeutung sein: Ist doch das über Jahrhunderte hinweg währende Gerichtswesen in Süddeutschland noch weitgehend unerforscht, ganz im Gegensatz zu Ländern wie die Schweiz oder wie Schweden. Bereits das germanische Volk hatte seine Orte, wo Gericht gehalten wurde. Wo man im Rund zusammensaß. Urteile fällte. Von Gott geschützt war der Platz, Thing genannt. Der Dienstag trage seinen Namen hiervon.

Auch die christliche Religion spiele herein. Wehe dem, dessen Leben am Galgen endete. Sein Körper konnte geweihten Boden nicht erreichen, wodurch des Gehängten Seele der Weg in den Himmel versperrt war. Sie, die Arme, musste herumirren, den Hinterbliebenen erschien sie als "unruhige Seele". Sie konnte als Werwolf auftreten, der Gedanke hieran ließ alle Glieder der Gläubigen vor Schreck und Angst erstarren.
Rainer Kolb, Vorsitzender vom Burg- und Heimatverein Altenstein, beobachtet voller Interesse, wie Tarasconi mit seiner Messung startet. Einem altehrwürdigen Pflug ähnelt sein Gerät, das er bedächtig vor sich herschiebt. Der Verein hat die Untersuchung mit einem Zuschuß von 1000 Euro unterstützt, mit großer Wahrscheinlichkeit gut angelegtes Geld, wie der 66-Jährige meint. Denn der Wissenschaftler ist mit modernster Technik angerückt:
Jede Veränderung des Bodens ändert die Bodenphysik
"Mithilfe der Geophysik", erklärt er, seine Apparatur vor sich herschiebend, "lassen sich menschliche Eingriffe in natürlichem Untergrund nachweisen: Jede Veränderung des Bodens ruft Veränderungen dessen physikalischer Eigenschaften hervor. Mit verschiedenen Verfahren lässt sich kartieren, wo und in welcher Tiefe diese Eingriffe vorgenommen wurden".

Gerufen wird er, wenn entweder historische Karten auf interessante Bodendenkmäler hinweisen oder wo sich auf Luftaufnahmen interessante im Boden schlummernde Geheimnisse vermuten lassen. Seine Messungen verlaufen zerstörungsfrei, die Bodengeheimnisse werden daher in keiner Weise beeinträchtigt.
Angeschaltete Handy stören die Messungen
Der Wissenschaftler stoppt sein Gefährt: Irgendwer aus der Zuschauergruppe hat sein Handy nicht ausgeschaltet: "So kommen wir zu keinen Ergebnissen." Ein strenger Blick in die Runde, ein verschämter Griff zum Mobiltelefon, schon kann es weitergehen. Sein hochsensibler Computer speichert alle Daten auf der Festplatte: "Die Auswertung geht schneller als die Aufnahme", erklärt Tarasconi den Neugierigen.

Doch er dämpft Erwartungen auf eine baldige Ergebnispräsentation. Zunächst müsse er im Büro die Vorarbeit leisten, dann erfolgt Meldung an seinen Auftraggeber: Dr. Ralf Obst vom Bayerischen Amt für Denkmalpflege. Der an dem heutigen Tag nicht zugegen sein kann, aber Tangermann sicherlich baldmöglichst berichten wird, was herausgekommen ist, wie die Ergebnisse zu bewerten sind und wie es weitergeht.
Dann werden sie wieder zusammenkommen: Christiane Tangermann, Rainer Kolb und auch Edgar Maier, 68- jähriger Kreisarchivpfleger, der nur allzu gerne neue Erkenntnisse in sein umfangreiches Wissen integrieren würde. Denn er ist ein Freund von Fakten, und er spricht für die gesammelte Runde: "Auf Vermutungen möchten wir uns nicht verlassen."