Die Metzgerklasse im ersten Lehrjahr an der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt würden wohl viele als besonders bezeichnen: Die Schülerinnen und Schüler kommen nämlich nicht nur aus verschiedenen Landkreisen, neun stammen sogar aus dem Ausland. In der Klasse sind Auszubildende aus Togo, Vietnam, Aserbaidschan, Marokko und dem Irak.
Sie machen entweder die Ausbildung zum Metzger oder Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk, denn im ersten Lehrjahr haben beide Ausbildungen den gleichen Lehrplan und die Azubis haben jeden Donnerstag zusammen Unterricht. Die Redaktion hat fünf Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunft zu ihren Beweggründen und ihren Erfahrungen bisher befragt.
1. Elias Leifels, 17 Jahre, Azubi zum Fleischer

Elias Leifels kommt aus Stangenroth in der Rhön. Er erklärt, die Berufsschule in Haßfurt sei die letzte Schule in der Region, in der er den Fleischer-Beruf lernen konnte. "Mir blieb nichts anderes übrig", antwortet er auf die Frage, warum er den einstündigen Fahrtweg für die Ausbildung auf sich nimmt. Durch seine Familie, insbesondere durch seine Oma, die selbst in einem Metzgerbetrieb gearbeitet hat, habe er schon immer einen Bezug zu dem Beruf gehabt. Nach einem Praktikum im Nachbarort Gefäll und mehreren Ferienjobs sei ihm klar gewesen, dass auch er den Beruf antreten will. Bisher gefalle ihm die Ausbildung gut und "die Klassengemeinschaft ist bis jetzt schon top".
2. Ayikoe Sewonoli, 24 Jahre, Azubi zum Lebensmittelfachverkäufer

Ayikoe Sewonoli kommt aus Euerdorf im Landkreis Bad Kissingen. Ursprünglich stammt er jedoch aus Togo und ist seit zwei Monaten in Deutschland. Drei Jahre lang hat er in seinem Heimatland an einem Gymnasium Deutsch gelernt. Anschließend hat der Abiturient drei Jahre Germanistik studiert und seinen Bachelor gemacht, wie er berichtet. Dann sei er neugierig geworden und habe wissen wollen, ob das Gelernte wirklich stimmt.

Er entschied sich daraufhin für den Beruf als Lebensmittelfachverkäufer. "Für mich ist es eine Leidenschaft", erklärt Sewonoli. Es sei für ihn die beste Entscheidung gewesen, nach Deutschland zu kommen und hier in der Region die Ausbildung anzufangen. Am Anfang habe er noch ziemliche Schwierigkeiten mit dem fränkischen Dialekt gehabt, er gewöhne sich jedoch daran. Nach der Ausbildung wolle er weiter in der Region arbeiten, so Sewonoli.
3. Rabab Ebn Elbanna, 22 Jahre, Azubi zur Lebensmittelfachverkäuferin

Rabab Ebn Elbanna wohnt in Frankenwinheim im Landkreis Schweinfurt. Ursprünglich kommt sie aus Marokko, wo sie nach eigenen Angaben bereits als Verkäuferin arbeitete. Seit einem Monat ist sie nun in Deutschland, denn hier habe man viele Chancen, erklärt sie. Da die Marokkanerin bereits Erfahrungen in dem Beruf hat, hat sie sich für die Ausbildung zur Lebensmittelfachverkäuferin entschieden.
Bisher gefalle es ihr gut und sie verstehe sich gut mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Mit der Sprache habe sie noch Schwierigkeiten, da sie zuvor in Marokko nur sieben Monate lang Deutsch gelernt habe. Erstmal will Ebn Elbanna hier bleiben und arbeiten. Irgendwann könne sie sich auch vorstellen zu studieren, sagt sie. Da ihr Schulabschluss in Deutschland nicht anerkannt wird, braucht sie dafür eine abgeschlossene Berufsausbildung.
4. Youssef El-Frikh, 20 Jahre, Azubi zum Lebensmittelfachverkäufer

Youssef El-Frikh wohnt aktuell in Münnerstadt im Landkreis Bad Kissingen. Ursprünglich kommt er aus Marokko. Dort hat er nach eigenen Angaben ein Jahr Biowissenschaften und zwei Jahre Mathematik auf Lehramt studiert. In Marokko habe man nicht viele Arbeitsmöglichkeiten, erklärt er. Mit seinem Bachelor könne er als Lehrer bloß an einer Privatschule unterrichten. Dort verdiene er nur etwa 1500 Euro netto. Außerdem gefalle es ihm, etwas neu zu lernen, und er habe den Beruf einfach mal ausprobieren wollen. Gleichzeitig könne er so sein Deutsch verbessern.

Bisher gefalle ihm die Ausbildung gut. Mit den Fachwörtern hat der 20-Jährige manchmal noch Probleme, wie er berichtet. Dann könne er aber immer seine Kolleginnen und Kollegen fragen, die sehr offen seien und ihm immer weiter helfen würden. Im Beruf helfen ihm seine Sprachkenntnisse: El-Frikh kann neben Arabisch sowohl Französisch als auch Englisch und Spanisch. Gerade bei ausländischen Kundinnen und Kunden werde er oft um Hilfe gebeten. In Zukunft will der Azubi weiter bei Edeka arbeiten, um Geld zu verdienen.
5. Zakariya El Mabkhout, 22 Jahre, Azubi zum Lebensmittelfachverkäufer

Zakariya El Mabkhout kommt ebenfalls aus Münnerstadt und arbeitet in Bad Kissingen. Ursprünglich stammt er aus Marokko. Dort habe er bereits als Friseur, Koch und Klempner gearbeitet. Außerdem hat er dort sein Abitur gemacht, wie er berichtet. Seit drei Monaten ist El Mabkhout nun in Deutschland und will hier seine Ausbildung machen. Diese sei viel wert und "als Verkäufer hat man viele Arbeitsmöglichkeiten", so der Azubi.
El Mabkhout hat nach eigenen Angaben bereits fünf Monate in Marokko Deutsch gelernt und ist nun auf dem Niveau B1. Seit er in Münnerstadt wohnt, belegt er jedoch weiterhin einen Deutsch-Sprachkurs und will das Niveau B2 erreichen. Die Sprachniveaus nach dem europäischen Referenzrahmen gehen von A1 bis C2. Dabei steht A1 für Anfänger und C2 für muttersprachliche Kenntnisse. Seine Kollegen und Kolleginnen seien sehr freundlich, sagt der Azubi. Auch nach seiner Ausbildung wolle er hier bleiben und bei Edeka arbeiten.
Einreise nur mit einem AusbildungsvertragMenschen, die aus eigenem Antrieb ihr Heimatland verlassen wollen und nicht auf der Flucht sind, müssen mehrere Kriterien erfüllen, um einreisen zu dürfen. Wenn sie aus Drittstaaten stammen, brauchen sie für die meisten Berufe eine Anerkennung. Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler in der Metzgerklasse hat diese Anerkennung noch nicht erhalten, wie ihr Klassenlehrer Tobias Knüttel erklärt, da ihre Berufsausbildung in ihrem Heimatland nicht gleichwertig zu einem deutschen Referenzberuf sei. Dafür seien die Unterschiede zu groß.Ebenso ist es mit dem Schulabschluss. Um hier die Anerkennung noch zu erhalten, können sie eine Anerkennungspartnerschaft mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Dafür müssen sie bereits im Ausland einen Arbeitsplatz finden beziehungsweise einen Ausbildungsvertrag abschließen und direkt nach der Einreise das Anerkennungsverfahren beantragen, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf dem Informationsportal "Anerkennung in Deutschland" schreibt. So dürfen die angehenden Fachkräfte einreisen und sofort eine Beschäftigung antreten.npe