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Aus der Milch in die Pfanne

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Aus der Milch in die Pfanne

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    "Hier riecht es schon ein bisschen nach Käse", sagt Dieter Hau, Betriebsleiter der Camembert-Fabrik in Lendershausen bei Hofheim. Ein bisschen ist gut - es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat. Für den Duft verantwortlich sind die täglich angelieferten 130 000 Liter Milch, die hier zu mindestens 170 000 Stück Camembert verarbeitet werden. Solche Mengen erwartet man von dem relativ kleinen, unscheinbaren Gebäude eigentlich nicht.

    Aber die Fabrik hat es in sich: In mehreren, jeweils 2000 Liter fassenden Wannen wird die Milch vom Vortag, die bereits erhitzt worden ist, mit Lab, Milchsäurekulturen und dem Edelschimmel versetzt. Große Rechen rühren sie durch, so dass sich die Molke absetzen kann. Die weiße, bröckelige Käsemasse, der so genannte Bruch, wird dann auf verschlungenen Wegen zum Portionierer transportiert. Hier stehen schon die verschiedenen Formen für die kleinen und großen runden Camemberts, den eckigen Rhönsegler und die Briespitzen bereit. "Wir sind die erste deutsche Molkerei, die Brie herstellt - das haben bis jetzt nur die Franzosen gemacht", erzählt Ludwig Weiß stolz. Er ist der Direktor der Milchwerke Oberfranken West. Seit dem 1. Januar diesen Jahres gehört die Molkerei in Lendershausen zu dem Unternehmen mit Sitz in Wiesenfeld bei Coburg.

    Die wechselvolle Geschichte des Werks beginnt 1927 mit der Gründung einer Genossenschaft. Ab 1970 spezialisierte man sich auf den Schimmelkäse. Ein Experiment mit Backcamembert führte in den 90er Jahren zum Konkurs, das Werk musste geschlossen werden. Dann kamen die Milchwerke Fulda-Lauterbach ("Starmilch") und übernahmen das Gebäude bis 2003. In dem guten halben Jahr seit dem Wechsel der Besitzverhältnisse wurde die Zahl der Mitarbeiter von 37 auf 60 erhöht, der gesamte Betrieb wird modernisiert. Nicht ganz neu ist die Produktion von Backcamembert, die diesmal jedoch - Ironie des Schicksals - sehr gut läuft.

    Während unter "Starmilch" im Werk in Lendershausen 250 Tonnen Käse im Monat hergestellt wurden, produziert man dort mittlerweile schon 350 Tonnen. Für das ganze Jahr rechnet Weiß mit 4000 Tonnen, nächstes Jahr sollen es sogar 5000 werden. Auf großen Paletten wird der portionierte Käse zum Salzbad gefahren. Am nächsten Tag werden die Laibe aus der Form gesaugt, dann ruht der Camembert in drei verschiedenen Reiferäumen. Zunächst muss er trocknen und dabei immer wieder automatisch gewendet werden. Während der zweiten Stufe überziehen sich die kleinen Laibe mit dem flaumigen weißen Pelz aus Edelschimmel. Der dritte Reiferaum befindet sich zwei Stockwerke tief im Keller und ist gleichzeitig auch der kälteste. Insgesamt ruht der Käse für zehn Tage, dann wird er verpackt.

    Dafür stehen viele unterschiedliche Folien zur Verfügung: Der Camembert wird nicht nur unter dem Namen Silberdistel und Coburger Brie verkauft. Weitere Abnehmer sind große Supermarktketten, die den Käse als ihre eigene Handelsmarke anbieten.

    "Wir haben meist einen Vertrag von einem Jahr Laufzeit, danach gibt es wieder Preisverhandlungen", so Weiß. Die Ketten sind als Kunden wichtig, einen besseren Preis erzielt die Molkerei aber in der Gastronomie, die mit Großpackungen beliefert wird. Dieses Mal sieht es für das Unternehmen sehr gut aus: Man will weiter expandieren, dabei nimmt die Genossenschaft auch Rücksicht auf die derzeit 1200 Milchlieferanten: Sie bezahlt den Landwirten drei Cent mehr als den Bundesdurchschnittspreis für einen Liter Milch. "Deswegen wollen auch alle zu uns", grinst Weiß. Das Einzugsgebiet der Milchwerke Oberfranken West reicht von Bamberg bis Ludwigstadt, umfasst Teile von Thüringen sowie Hessen und Unterfranken. Seinen Käse verkauft das Unternehmen in ganz Europa, in Tschechien ist es sogar Marktführer. Auch in den arabischen Ländern gibt es Kunden. Ein spezielles Produkt erhalten die Südkoreaner: "Functional Food" mit Vitamin- und Mineralstoff-Zusätzen.

    Das Werk in Lendershausen soll in Zukunft als reine Spezialitätenkäserei betrieben werden. Um Forschung und Entwicklung kümmert sich der Betrieb besonders, demnächst kommt ein fettarmer Brie mit Joghurt-Zusatz auf den Markt. "Wir haben immer zehn Produkte in der Entwicklung, momentan arbeiten wir zum Beispiel an unserem eigenen Ofenkäse", erzählt Weiß.

    Die Camemberts, die nicht einzeln verpackt werden, machen sich nach der Reifezeit Richtung Fritöse auf: In jeweils zwei Schichten Flüssig- und Trockenpanade verpackt, backen die kleinen runden Laibchen im heißen Fett. Danach werden sie bei minus 20 Grad Celsius eingefroren und machen sich schließlich wie die anderen Camemberts auf den Weg zum Kunden - gleich um die Ecke, oder auch nach Übersee.

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