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Haßfurt: Bahnhof Haßfurt: Darum gibt's Fahrkarten nur noch am Automaten

Haßfurt

Bahnhof Haßfurt: Darum gibt's Fahrkarten nur noch am Automaten

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    Seit dem Jahreswechsel gibt es am Haßfurter Bahnhof keinen Fahrkartenschalter mehr. Das ist vor allem für ältere Menschen ein Problem, die mit dem Automaten nicht zurechtkommen.
    Seit dem Jahreswechsel gibt es am Haßfurter Bahnhof keinen Fahrkartenschalter mehr. Das ist vor allem für ältere Menschen ein Problem, die mit dem Automaten nicht zurechtkommen. Foto: Ulrike Langer

    Dass der Haßfurter Bahnhof derzeit durch einen Umbau barrierefrei gemacht wird, kommt gerade bei Menschen mit Behinderung gut an. Weniger groß ist ihre Freude allerdings über eine andere Veränderung: Seit dem 1. Januar gibt es in der Kreisstadt keine Möglichkeit mehr, Fahrkarten am Schalter zu kaufen.

    "Blinde haben Freifahrkarten, die sind also nicht betroffen", sagt Michael Schulz, Behindertenbeauftragter der Stadt Haßfurt. Sehr wohl betroffen seien aber viele ältere Menschen, die aus Altersgründen eine Sehbehinderung entwickelt haben. Mit den Touchscreens der Automaten kommen sie daher oft nicht zurecht. Auch Menschen mit Migrationshintergrund hätten oft Probleme mit den Automaten.

    Die wirtschaftliche Grundlage entzogen

    Doch warum wurde der Schalter im Haßfurter Bahnhof überhaupt geschlossen? Ein Bahnsprecher teilt auf Anfrage dieser Redaktion schriftlich mit, dass das Unternehmen den Schalter bereits in den letzten Jahren nicht selbst betrieben hat. Kooperationspartner der Bahn beim bisherigen Angebot war BahnTouristikReisebüro (BTR), doch dieses Unternehmen will das Angebot nicht weiterführen. Behindertenbeauftragter Schulz kommentiert: "Die Bahn sourct out und will möglichst viel wegbringen."

    Laut Bahnsprecher hat BTR den Vertrag zum 31. Dezember 2020 gekündigt, seitdem ist der Haßfurter Schalter geschlossen. Seitdem hängt an der Tür des früheren Reisebüros ein Schild: "Die Geschäftsführung und die Mitarbeiter(innen) der Firma BahnTouristikReisebüro e.K. hätten Sie sehr gerne weiter beraten und bedient. Die aktuelle gesamtpolitische Situation hat unserem Geschäftsbetrieb die wirtschaftliche Grundlage entzogen." Weiter dankt das Team seinen langjährigen Kunden für ihre Treue und verweist auf den Automaten sowie auf die Reisezentren in den Bahnhöfen der nächstgrößeren Städte Bamberg und Schweinfurt.

    Bahn sucht einen Nachfolger

    Michael Schulz betont, dass das nicht so bleiben dürfe. Viele ältere Menschen hätten oft Reisen über die Bahn gebucht. Auch und gerade für eine Kreisstadt auf dem Land sei es wichtig, die Möglichkeit zu haben, Karten an einem Schalter zu kaufen, an dem ein Mitarbeiter sitzt, der die Kunden beraten kann.

    Laut Bahnsprecher wünscht sich auch das Unternehmen, dass es in Haßfurt künftig wieder einen Schalter geben soll. "Wir sind derzeit auf der Suche nach praktizierbaren Lösungen, um einen Fahrkartenverkauf auch in Zukunft anbieten zu können", schreibt er. "Bedingt durch die weiter andauernde Corona-Pandemie mit all ihren erforderlichen Entscheidungen, um die Virus-Verbreitung einzudämmen, gestaltet sich die Nachfolger-Suche durchaus anspruchsvoll."

    An vielen Bahnhöfen gibt es keine Schalter mehr, Fahrkarten gibt es nur noch am Automaten. Dass das auch in Haßfurt der Fall ist, empfindet Behindertenbeauftragter Michael Schulz als Problem.
    An vielen Bahnhöfen gibt es keine Schalter mehr, Fahrkarten gibt es nur noch am Automaten. Dass das auch in Haßfurt der Fall ist, empfindet Behindertenbeauftragter Michael Schulz als Problem. Foto: Markus Rill

    Behindertenbeauftragter Schulz sieht nun vor allem die Stadt in der Pflicht. Sein Vorschlag: Wenn es sich wirtschaftlich nicht lohnt, einen Fahrkartenschalter zu betreiben, weil dafür zu wenige Kunden kommen, könnte ja ein Unternehmen, das sein Hauptgeschäft mit etwas anderem macht, den Ticketverkauf für die Bahn mit erledigen. In anderen kleinen Städten, in denen der Betrieb von Fahrkartenschaltern der Bahn eingestellt wurde, habe das bereits gut funktioniert. "Es muss ein Anliegen des Bürgermeisters der Stadt Haßfurt sein, dass das Kulturamt oder ein Reisebüro das übernimmt", meint der Behindertenbeauftragte.

    Ein Vorbild aus Oberbayern

    "Altötting ist ein ganz tolles Beispiel", sagt er. Der Bahnhof der oberbayerischen Kreisstadt, die ähnlich groß ist wie Haßfurt, hat mit seiner Revitalisierung sogar die Auszeichnung "Bahnhof des Jahres 2020" der "Allianz pro Schiene" gewonnen. Dort gibt es nun ein Reisebüro im frisch renovierten Bahnhofsgebäude. Und auch in anderen Punkten empfiehlt Schulz der Stadt Haßfurt, sich in Altötting ein paar Ideen zu holen.

    "Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht für das Bahnhofsgebäude", sagt er. Dort könnte seiner Meinung nach ein Reisebüro einziehen oder eine Außenstelle des Kulturamtes eröffnen und den Fahrkartenverkauf mit übernehmen. Bei dieser Gelegenheit könne die Stadt auch andere Lücken schließen, die es derzeit am Haßfurter Bahnhof gibt.

    "Es wird schwer, jemanden zu finden"

    So gibt es dort derzeit auch keine Toiletten – "nur die Unterführung", spielt der Behindertenbeauftragte auf den oft sehr unangenehmen Uringeruch in der Bahnsteigunterführung an. Derzeit wird die Unterführung im Zuge des Bahnhofsumbaus neu gebaut. Jetzt sei es an der Stadt, sich zu beeilen, wieder öffentliche Toiletten in den Bahnhof zu bringen. "Aber die müssen schnell her, sonst haben wir in zwei Wochen die alte Sauerei wieder."

    Auf die Idee angesprochen, dass ein Reisebüro den Fahrkartenverkauf übernehmen könnte, meint der Haßfurter Bürgermeister Günther Werner: "Es wird schwer, da jemanden zu finden." Wenn BTR den Schalter in Haßfurt aufgegeben hat, weil es sich nicht mehr gelohnt hat, warum solle dann jemand anders das schlecht laufende Geschäft übernehmen? "Es muss ja auch jemand die Ausbildung haben", betont Werner, dass nicht jeder so einfach anfangen kann, Bahntickets zu verkaufen. Auch er finde es schade, dass der Schalter im Bahnhofsgebäude nun geschlossen ist. "Ich habe das immer als kompetente Beratung empfunden", sagt der Bürgermeister.

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