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Begleiter der Menschen - von der Wiege bis ins Grab

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Begleiter der Menschen - von der Wiege bis ins Grab

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    Jahrhunderte lang bestimmten die Glocken den Tagesablauf unserer Gemeinden und Städte. Neben ihrer Hauptaufgabe, die Gläubigen zu den Gottesdiensten zu rufen hatten sie noch unzählige andere Funktionen und Aufgaben.

    Sie bestimmten den Ablauf des Tages und des Lebens. Sie gaben mit ihrem Glockenschlag die Zeit an, verkündeten den Beginn und das Ende der Arbeit, mahnten zum Gebet, und begleiteten die Menschen von der Wiege bis ins Grab. Auf der großen Zeiler Glocke von 1648 steht zu lesen: "Meinen Klang gieb ich - Gott lob und preis ich - die hohen Fest sing ich - die schädtling Gwittr vertreib ich - die Toten bewein ich - Gott erbarm sich."

    Schiller schickte seinem berühmten Gedicht "Das Lied von der Glocke" eine ähnlichen Inschrift voran: "Die Lebenden rufe ich. Die Toten beklage ich. Die Blitze breche ich."

    Glocken ertönen zum Gebet am Morgen. Bis in die 50er Jahre rief die Elf-Uhr-Glocke die auf den Feld arbeitenden Zeiler zum Mittagessen nach Hause. Um 12 Uhr läutete man zum Mittag und um 18 Uhr am Abend. Die Männer zogen beim Gebetläuten den Hut, und wehe, es ließ sich nach diesem Läuten noch ein Kind auf der Straße blicken. Noch in den Nachkriegsjahren vor rund 50 Jahren war es ganz normal, wenn Lehrer oder - wie zum Beispiel in Zeil und anderen Orten - Ordensschwestern und Schullehrer die Einhaltung kontrollierten.

    Wenn im sonntäglichen Wirtshaus das Gebetläuten vom Stimmengewirr übertönt wurde, brachte der strenge, alles übertönende Ruf des Wirts: "Es Gebat läut!" die Gespräche zum Schweigen. Die Spielkarten wurden für ein paar Minuten weggelegt. Es herrschte Stille in der Gaststube, bis der letzte Ton der Glocke verhallt war.

    In der Ebelsbacher Dorfordnung von 1648 untersagte der Bischof von Würzburg das abendliche Langsitzen und Hocken in den Wirtshäusern. Mit dem langen Zechen werde nicht nur Geld verprasst und Unfug verübt: Der Herrgott habe nach Meinung des Oberhirten wegen dieser Sünden seit einigen Jahren den Weinwachs in unserer Gegend missraten lassen.

    Der kleine Steigerwaldort Schindelsee konnte sich erst in den 50er Jahren eine kleine Kirche bauen. Bis dahin hing seit 1896 ein kleines Glöckchen in einer Astgabel eines Lindenbaumes. Jeden Monat wechselte sich eine Familie im Ort mit dem Läuten der Glocke ab, welche zu den verschiedenen Tageszeiten zum Gebet riefen. Und das Glöckchen begleitete die Bewohner auch von der Wiege bis zur Bahre und bei Feuersgefahr und Unwetter alarmierte es die Dorfbewohner.

    Ähnlich war es in dem kleinen Ort Wagenhausen bei Theres. Dort befand sich eine kleine Glocke in einem Bauernhaus, die immer dann betätigt wurde, wenn zum Beispiel Gefahr im Verzug, Mittagsstunde oder Feierabend war.

    Eine wichtige Funktion hatte in früheren Zeiten das abendliche Läuten mit der so genannten Irrglocke. In der Regiomontanusstadt Königsberg begründet man dieses Läuten mit einer hübschen Geschichte aus dem 14. Jahrhundert. Danach hatten sich einmal zwei adelige Klosterschwestern im Königsberger Wald verirrt. Noch bei Einbruch der Dunkelheit suchten sie einen Weg ins Freie. Sie irrten durch den Wald, bis ihnen einige Leute begegneten, welche die zwei Nonnen ins Kloster bei Königsberg zurückbrachten.

    Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung für diese gute Tat führte das Kloster zwischen November und Februar das Abendläuten ein, damit verirrte Menschen durch das Glockengeläute des Nachts eine Orientierung bekommen. Als Dank für ihre Rettung sowie als Hilfe für künftige Verirrte stiftete es dieses Läuten, das - während des Krieges zeitweise unterbrochen - für eine Weile noch einmal nach dem letzten Krieg eingeführt wurde.

    Der Zeiler Stadtrat führte 1946 ebenfalls wieder das abendliche Läuten der "Irrglocke" ein. Auf Rechnung der Stadtkasse erhielt der Kirchendiener - neben einem kleinen städtischen Salär von jährlich 15 Mark - jedes Jahr ein paar neue Schuhe.

    Die Glocken hatten noch andere profane Aufgaben. Wenn Gefahr drohte, wenn in schlimmen Zeiten der Feind nahte, wurden die Glocken geläutet. Wo Kirchen keine Uhren hatten, setzten die Glocken die Tageszeiten fest: Bei der Mahnung zu den verschiedenen Tagesgebeten wurden zugleich die Aufsteh- und Mittagszeiten und der Beginn des Abends und am Samstag nachmittag der Sonntag eingeläutet.

    Die Zeiler Torwärter durften die Tore erst nach dem morgendlichen Ave-Maria-Läuten um 6 Uhr öffnen. 1747 hatte der Torwärter Mathes Leisentritt das Läuten überhört, so dass Bauern nicht früh genug aufs Feld kamen, wofür der Mann von der Stadtobrigkeit gerüffelt wurde.

    Vor und nach dem Gebetläuten durfte sich niemand mehr auf dem Feld im Wald oder den Weinbergen befinden. Das Landgericht Eltmann drohte 1822 bei Zuwiderhandlung Geld- und sogar Körperstrafen an.

    Das erste Glockengeläute beginnt frühmorgens um 6 Uhr. Sicher ist das für manche Menschen zu früh, wenn sie im Umkreis einer Kirche leben. Es ist übrigens die sprichwörtlich "christliche Zeit". Die "unchristliche Zeit" soll von den Muezzins der Moslems herrühren, die bereits um fünf Uhr vom Minarett aus die Gläubigen zum Gebet rufen.

    Nur noch wenige Menschen sprechen noch früh Morgens nach dem Aufstehen ein Gebet, wie etwa dieses: "Wie fröhlich bin ich aufgewacht, wie hab' ich geschlafen so sanft die Nacht. Hab Dank Vater im Himmel mein, dass du hast wollen bei mir sein. Behüt' mich auch an diesem Tag, dass mir kein Leid geschehen mag."

    Einmal im Jahr verstummen am Gründonnerstag für wenige Tage die Glocken der Kirchen. Dadurch soll bewusst an die Leidens- und Todeszeit Jesu während der Kartage erinnert werden. Es heißt dann "die Glocken fliegen nach Rom". Und wenn sie dann in der Osternacht beim Gloria wieder läuten, wird deutlich, dass sie wieder von ihrem "Kurzurlaub" zurückgekehrt sind.

    Glocken können manchmal sogar eine eigene Sprache sprechen. Ältere Leute konnten stets unterscheiden, ob es sich beim Schiedungsläuten für einen Verstorbenen um ein Kind, einen Mann oder einer Frau handelt, weil früher in manchen Orten für diesen Personenkreis unterschiedliche Glocken geläutet wurden.

    Während der Belagerung Wiens durch die Türken, betete man in Zeil wie anderorts auch lange Zeit um eine glückliche Beendigung des Krieges gegen die "Muselmanen." Daran erinnerten jeden Abend mehrere wuchtige Schläge der großen Glocke. Auch in der ehemaligen Klosterkirche in Obertheres gab es früher eine so genannte Türkenglocke. Aus dem Gebet gegen die türkische Bedrohung soll schließlich das Mittagsgebet entstanden sein.

    Von den Glocken erwartete man früher, dass sie Gewitter fern hielten, Unheil abwenden, vor anrückenden Feinden warnen und bei Feuersbrünste die Bürger herbei rufen. Im Revolutionsjahr 1848 hatten Banden aus Schweinfurt den Nachbarort Schonungen überfallen, einige Einwohner erschlagen und Häuser in Brand gesteckt. Ein Zeitgenosse berichtet, dass zwischen 12 und 14 Uhr die Sturmglocken von Dorf zu Dorf tönten. Aus Stadtlauringen, Aidhausen, Humprechtshausen, Obertheres, Dampfach, ja sogar von Zeil zog darauf hin die Bauernjugend mit Feuer-Eimern sowie ländlichen Waffen aller Art gen Schonungen.

    Bei Gewittern läutete man die Kirchenglocken, als ein probates Abwehrmittel gegen dämonische Mächte. Den Glocken wurden in der Frühzeit magische Kräfte zur Abwehr des Bösen, der Dämonen, Stürme und Blitze zugeschrieben. Der Lärm sollte das drohende Unwetter zerteilen. Hexen und böse Geister - welche man für das Unwetter verantwortlich machte - seien machtlos sobald die Glocke ertönt. Der Lärm soll das Böse verscheuchen. Das Wetterläuten warnte aber auch die Bauern auf dem Felde vor einem heraufziehenden Unwetter.

    Als im Juli 1627 eine ungewöhnliche Kälte eintrat, läutete man in vielen Städten und Gemeinden des Fürstbistums Würzburg die Glocken. Die Hexen, welche damals in den Gefängnissen saßen, sollen ausgesagt haben, sie könnten weder dem Getreide noch dem Wein Schaden zufügen, wenn man - wie bei einem Sturm und Gewitter sowie bei Kälte in der Sommerzeit - die Glocken läuten würde.

    Auch in der ehemaligen Benediktinerklosterkirche in Obertheres hing eine Glocke mit einer Inschrift, welche das Wetter bannen sollte: "Ich bin ein Gefäß aus Erz; drei Dinge künde ich: die Begräbnisse zu beklagen, die Feste zu feiern und die Unwetter zu vertreiben," stand auf ihrem Schlagrand. Merkwürdig ist das Schicksal einer daneben hängenden Glocke. Sie wurde nämlich 1741 durch einen Blitzschlag zerstört.

    Auf einer nicht mehr vorhandenen Wetter-Glocke aus dem Jahr 1515 in Gleisenau stand die Inschrift: "O du heilige Dreifaltigkeit, vertreibe alles Unwetter, Gefahren, Feinde, Blitze." Dabei waren unsere Vorfahren davon überzeugt, dass die höher und freier gelegenen Geläute die Unwetter zu anderen Gemeinden mit schwächerem Geläute "hinwegläuten" könnten. Daraus ist das St. Floriansprinzip entstanden das den Wunsch enthält: "Heiliger Sankt Florian verschon mein Haus, zünd' andere an".

    In Bayern wurde dieses Läuten 1783 als Aberglaube untersagt, war aber in bestimmten Gegenden noch bis ins 19. Jahrhundert üblich. 1832 war das Verbot jedoch abgeschwächt worden. Es war nun erlaubt, vor dem Ausbruche eines Gewitters mit einer Glocke ein kurzes Zeichen zu geben, welches nach Ende des Gewitters wiederholt werden durfte. Doch vertraute man sich immer häufiger den Blitzableitern an, die zeitweise als unerlaubter Eingriff in die Rechte Gottes angesehen wurden. Bei der Einführung hieß es vielfach, es sei frevelhaft, sich dem Strafgericht Gottes zu widersetzen.

    Das Verbot des Wetterläutens wurde auch damit begründet, dass dem Läutenden während des Gewitters große Gefahr drohe. Tatsächlich war 1671 bei einem schweren Gewitter im Kirchturm in Ditterswind der Lehrer Graßmuck, welcher sich gerade anschickte die Glocken zu läuten, durch Blitzschlag getötet worden.

    Noch ein weiteres Mal forderte ein Gewitter in Ditterswind ein Menschenleben. 1889 wurde Georg Braun durch Blitzschlag getötet. Sein Bruder Friedrich, der in Würzburg als Lohnarbeiter lebte, stiftete drei Jahre später zwei wertvolle Glocken für die Kirche. Die Gemeinde ernannte ihn zum Ehrenbürger. Seitdem werden aus Dankbarkeit noch heute an seinem Todestag am 30. April um 17 Uhr eine viertel Stunde lang die Glocken geläutet.

    1691 zerstörte ein Blitz den Kirchturm in Pfarrweisach. 26 Jahre nach diesem furchtbaren Einschlag erfolgte ein neuer. Dabei ist die so genannte Gemeindeglocke so stark beschädigt worden, dass sie umgegossen werden musste.

    Einmal kam es zu einem wundersamen Vorfall. 1795 war ein Blitz in die Turmspitze des Rentweinsdorfer Gotteshauses eingeschlagen. Der Dachstuhl fing Feuer. Vielleicht hat es dem lieben Gott gereut oder er erkannte seinen Fehler. Er ließ einen weiteren Blitz vom Himmel folgen. Und siehe da, auf wundersame Weise löschte dieser Blitzstrahl das Feuer des ersten.

    An Glocken angebrachte Kreuze und die Namen Jesus und Maria waren weniger Zierrat, als vielmehr Bannzeichen gegen die bösen Geister. Hierzu gehört auch eine recht seltene Inschrift einer früheren Glocke in Schweinshaupten. Sie enthält die Alphabetfolge P Q R S T U V. Eine der wichtigsten Aufgaben mittelalterlicher Glocken war die Abwehr von Unheil jeglicher Art. Inschriften sollten diese Unheil abwehrende Funktion vertiefen. Dazu zählten auch das lateinische Alphabet, bestimmte Buchstabenfolgen oder das griechische Alpha und Omega, welches zum Beispiel eine Glocke in Ermershausen trägt.

    Im Turm der Zeiler Stadtpfarrkirche hängt noch die Glocke die den drei Wetterheiligen Caspar - Balthasar - Melchior geweiht sind, wofür auch die Jahrhunderte lange Verwendung als Sturmglocke spricht. Die Wetterglocken mussten bei Gewittern der jeweilige Schulmeister läuten um die Bürger zu warnen. Er bekam jedes Mal das Geld für ein Quantum Wein als Entschädigung.

    Kirchtürme sind nicht nur ein äußeres Zeichen der Glaubensgemeinschaften, sondern dienten mit ihren Uhren und Glocken allen Bürgern. Für die Uhren sind in der Regel seit alters her die politischen Gemeinden verantwortlich - gaben sie doch die Zeit an. Mit ihrem Geläute weckten die Glocken die Bürger, läuteten den Feierabend und den Sonntag ein. Weil sie auch bei Feuer, Hochwasser oder anderen Katastrophen alarmierten, liegt noch heute der Bauunterhalt bzw. die Baulast für Kirchtürme oft bei den Kommunen.

    Dennoch gab es vielerorts Gemeinde- und Schulglocken um von der Kirchenverwaltung nicht abhängig zu sein. Die Stadt Zeil benutzte hierfür das kleine Glöckchen auf der neben dem Rathaus stehenden Anna Kapelle als Gemeindeglocke. Immer wenn es etwas bekannt zu machen gab, wurden mit dieser Glocke die Bürger zusammen gerufen. Später fungierte dann der Gemeindediener mit der Amtsglocke in der Hand als verlängerter Arm des Bürgermeisters.

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