Am 25. Februar 2021 tritt erstmals eine neue „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs“ in der Erzdiözese Bamberg zusammen. Harry Luck, Sprecher des Erzbistums, stellte sich vorab den Fragen dieser Redaktion.
Wie ist die „Unabhängige Kommission“ im Erzbistum Bamberg zusammengesetzt, und welchem Zeitraum muss sie sich stellen beziehungsweise aus welchen Jahren rühren die Taten?
Die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs“ in der Erzdiözese Bamberg ist besetzt, wie es von der Deutschen Bischofskonferenz in Abstimmung mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Missbrauchs der Bundesregierung festgelegt ist: mit zwei Betroffenen, zwei Mitarbeitern des Erzbistums Bamberg, einem Richter eines staatlichen Gerichts, einer freiberuflichen Diplom-Psychologin und einem Moraltheologen. Die Zusammensetzung erfolgte in Abstimmung mit der Bayerischen Staatskanzlei. Bei der Konstituierenden Sitzung am 25. Februar wird die Kommission eine(n) Vorsitzende(n) wählen. Die Mitglieder der Kommission sind für drei Jahre berufen, eine wiederholte Berufung ist möglich.
Die Unabhängige Kommission entscheidet selbst über den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit – insoweit gibt es keine Vorgaben. Es können auch Aufträge zur quantitativen Ermittlung des Ausmaßes sexuellen Missbrauchs und zur Analyse der spezifischen Bedingungen zum Beispiel an eine größere Kanzlei oder an die Universität in Form eines universitären Forschungsprojekts erteilt werden. Die erforderlichen Finanz- und Sachmittel werden von der Erzdiözese zur Verfügung gestellt. Eine Orientierung an der bereits vorliegenden MHG-Studie kann dabei erfolgen. Das Aktenstudium für die MHG-Studie betraf damals in unserer Erzdiözese den Prüfungszeitraum von 1946 bis 2015.
Wie soll die Kommission die Präventionsarbeit ergänzen?
Die Aufarbeitungskommission übernimmt auch die Aufgabe, die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglichen oder erleichtern oder deren Aufdeckung erschweren, zu ermitteln und zu benennen. Diese Erkenntnisse müssen und werden insbesondere in die Überarbeitung und Ergänzung beziehungsweise Weiterentwicklung der gerade entstehenden Schutzkonzepte einfließen. Wichtig ist dabei auch, dass Betroffene an dieser Aufarbeitung beteiligt werden.
Wird es auch um die Frage nach finanzieller Anerkennung des Leids gehen?
Die finanzielle Anerkennung des Leids von Betroffenen sexualisierter Gewalt wurde in der „Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. November 2020 neu geregelt. Zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der Anerkennungszahlungen ist die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen, die beim Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn angesiedelt ist. Die Bistümer leiten – nach Klärung der Plausibilität – die eingehenden Anträge an diese Kommission weiter. Auch Personen, die vor dem 1. Januar 2021 Leistungen in Anerkennung des Leids erhalten haben, sind antragsberechtigt.
Steht bereits fest, ob solche Zahlungen aus Kirchensteuermitteln erfolgen sollen?
Wenn der Verursacher des Leides lebt, muss er für die finanziellen Leistungen aufkommen. Bei Verstorbenen nehmen wir das Geld aus Einkünften des Erzbistums, auch zum Beispiel aus Erbschaften von Klerikern. Aus den Kirchensteuermitteln wird im Erzbistum Bamberg kein Geld für diese Zahlungen genommen.
Geht es in der Kommission ausschließlich um Aufarbeitung von Taten an Kindern und erwachsenen Schutzbefohlenen, oder auch um geistlichen-spirituellen Machtmissbrauch von Erwachsenen, von Frauen durch Priester?
Nach der Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie der Deutschen Bischofskonferenz vom 28. April 2020 geht es um die unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Raum der katholischen Kirche. Alle Bistümer setzen sich aber auch zunehmend mit Fragen des geistlich-spirituellen Missbrauchs auseinander. Das ist aber eine andere Form des Missbrauchs, der öfter aber auch mit sexuellem Missbrauch zusammenhängt.