Mit der anstehenden Bürgermeisterwahl in Sand geht eine Ära zu Ende. 30 Jahre lang hat Bernhard Ruß (SPD) die Gemeinde geführt, nun tritt er nicht mehr an, so dass die Karten neu gemischt werden. CSU, SPD und Freie Sander Bürger (FSB) haben Kandidaten für die Nachfolge von Ruß ins Rennen geschickt. Doch für welche Ziele stehen diese drei Bewerber? Die Redaktion hat die Kandidaten gefragt, was aus ihrer Sicht die wichtigsten Themen der nächsten Jahre sein werden und wie sie diese angehen wollen.
Kampf gegen den Klimawandel: So will Sand die Energiewende meistern
Die Gemeinde hat sich ein Ziel gesetzt: Bis zum Jahr 2030 will sie die bilanzielle Klimaneutralität erreicht haben. Zur Frage, wie das zu erreichen sei, schreiben alle drei Kandidaten, hier sei eine gute Zusammenarbeit mit der Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge (GUT) sinnvoll. CSU-Kandidat Julian Müller und sein Mitbewerber Matthias Zink von der SPD betonen auch, dass sie sich bereits mit der GUT ausgetauscht hätten. FSB-Kandidat Jörg Kümmel betont, in Sachen Energiewende habe die Gemeinde eine Vorbildfunktion und solle "keine Möglichkeit außer Betracht lassen".
Ein Punkt, den alle drei Kandidaten als Schritt zur Energiewende anführen, ist die Photovoltaik auf Dachflächen. Auch das Thema Wärmenetz findet sich in den Antworten aller drei Kandidaten, wobei hier erst geprüft werden müsse, was machbar ist.
Julian Müller spricht sich zudem für den Ausbau von Windkraft aus und betont, Klimaneutralität werde in Zukunft "der entscheidende Standortfaktor" sein. Dabei müsse die Wertschöpfung vor Ort bleiben. Allerdings betont er auch, die regenerative Energie müsse bezahlbar bleiben. Kümmel und Zink erwähnen ferner das Einsparpotenzial durch eine Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED.

Matthias Zink möchte außerdem darauf hinarbeiten, dass schnellstmöglich ein Regionalwerk gegründet wird. Weiter schreibt er: "Ein angedachtes Neubaugebiet soll nach ökologischen Gesichtspunkten entwickelt werden."
Wohnraum für Jung und Alt: Was brauchen junge Familien und Senioren?

Apropos Neubaugebiet: Wie steht es um das Thema Wohnraum? Alle drei Kandidaten betonen, es brauche sowohl Platz für junge Menschen und junge Familien, als auch für ältere Menschen. Dabei sprechen sie sowohl die Möglichkeit von Gebäudesanierungen als auch das geplante Baugebiet an. Ein Thema, das bei allen eine Rolle spielt, ist "Wohnen im Alter". Kümmel betont hier, dass auch die Wünsche der Seniorinnen und Senioren eine Rolle spielen müssten. Für diejenigen, die möglichst lange in ihren "vertrauten vier Wänden" bleiben wollen, möchte er nötige Kosten für Sanierungen möglichst gering halten.
Für diejenigen, die bis ins hohe Alter selbstbestimmt leben wollen, aber dennoch auf Unterstützung angewiesen sind, wünscht er sich Quartiershäuser der 5. Generation, also eine Wohnform, in der Seniorinnen und Senioren in einer Gemeinschaft leben, gleichzeitig aber auch einen privaten Rückzugsort haben.

SPD-Kandidat Matthias Zink merkt im Zusammenhang mit solchen neuen Wohnformen an, dass hier seine Erfahrung in der Heimaufsicht nützlich sein könne. Im Gegensatz zu den Kandidaten von CSU und FSB ist Zink bisher nicht als Politiker in Erscheinung getreten und kein Mitglied des Gemeinderats. Doch der Verwaltungsfachmann macht deutlich, dass er das durch sein Fachwissen und alte Kontakte ausgleichen möchte.
Zink und Kümmel sprechen zudem an, dass auch bezahlbarer Wohnraum und bezahlbare Bauplätze für junge Familien wichtig seien, räumen aber beide ein, dass das in Zeiten des Kriegs in der Ukraine und der damit verbundenen Preissteigerung schwer umzusetzen sei.
Konzerte, Sport und Badestrand: Angebote für junge Menschen

Eine Frage an die Kandidaten lautete, was in einem attraktiven Wohnort "für Jung und Alt" nötig sei. An den Antworten zeigt sich auch, an welche Personengruppen die drei zuerst denken, wenn von "jungen Menschen" die Rede ist. Julian Müller hat dabei offenbar zuerst die Jugendlichen auf dem Schirm, die sich mehr Möglichkeiten für Aktivitäten und Veranstaltungen wünschen. Zuletzt hätten ihn Vorschläge wie eine Konzertserie, eine Dirt-Bike-Strecke an der Moto-Cross-Anlage oder ein Kletterwald mit Stadtstrand am Baggersee erreicht. Diese Ideen wolle er prüfen und wenn möglich umsetzen.
Jörg Kümmel scheint dabei in erster Linie junge Familien mit kleinen Kindern auf dem Schirm zu haben. So spricht er die Spielplätze in der Gemeinde an, die seiner Meinung nach verbessert werden müssen, ebenso wie einen Badestrand mit Flachwasserbereich für die Kleinsten am Baggersee. Außerdem möchte er Vereine und Ehrenamt stärken, denn es sei wichtig, dass sich die jungen Menschen auch in die Gesellschaft einbringen. Zudem wünscht er sich für Sand ein Mehrgenerationenhaus, um auch den Austausch zwischen den Generationen zu fördern. Auch Julian Müller spricht sich für die Förderung der örtlichen Vereine aus.
"Einen öffentlichen Badestrand am Sander Baggersee mit Flachwasserbereichen für die Kleinsten halte ich für erstrebenswert."
Jörg Kümmel (FSB) Bürgermeisterkandidat
Matthias Zink macht deutlich, woher sein Blick auf junge Menschen kommt: "Ich habe selber einen 19-jährigen Sohn. Bin also 'mittendrin statt nur dabei'." So sei ihm eine Aktivierung und ein Ausbau des Angebots im Jugendtreff wichtig, ebenso wie Jugendversammlungen als Plattform, um Ideen einzubringen. Interessant in diesem Zusammenhang: Auch Julian Müller spricht sich für eine Reaktivierung des Jugendtreffs aus, wirft aber der Verwaltung vor, diese seit Monaten zu verhindern. Auch wenn Müller dabei keine Namen nennt, schwingt doch ein Vorwurf an Matthias Zink als Geschäftsleiter der Gemeinde mit.
Infrastruktur: In welchem Zustand sind Wasserleitungen und Straßen?
Besonderen Handlungsbedarf sehen alle drei Bürgermeisterkandidaten, wenn es um die Sanierung der Wasserversorgung geht. Jörg Kümmel führt aus, in den Ortsteilen Au und Wörth sowie in Teilen des Altdorfs komme es aufgrund des Alters der Leitung zu Rohrbrüchen, durch die Wasser im Boden versickert. Versuche hätten zudem gezeigt, "dass an einigen Wasserentnahmestellen Kapazitäten von weniger als 400 Liter Wasser pro Minute zur Verfügung stehen, was kein zufriedenstellendes Ergebnis hinsichtlich des Löschwasserbedarfs darstellt".
Auch Julian Müller spricht von einem deutlichen Handlungsbedarf, während sich die Formulierung von Matthias Zink weniger dramatisch liest. Demnach sei das Wasserleitungsnetz "an einigen Stellen sanierungsbedürftig". Die Sanierung werde mittelfristig geplant.
"Das Kanalnetz wird nach einem Zeitplan systematisch mittels Kamerabefahrung untersucht und die Schäden behoben."
Matthias Zink (SPD), Bürgermeisterkandidat
Auch was das Abwasser angeht, sehen Müller und Kümmel deutlichen Handlungsbedarf, während sich Zink etwas zurückhaltender äußert. Der SPD-Kandidat verweist darauf, der Kanal werde "nach einem Zeitplan systematisch mittels Kamerabefahrung untersucht und die Schäden behoben". Die Kandidaten von CSU und FSB verweisen dagegen darauf, dass diese Befahrungen gezeigt hätten, dass deutlicher Handlungsbedarf bestehe. "Hier gilt es vor allem die Umwelt/das Grundwasser zu schützen und den Bürger zu entlasten", schreibt Kümmel.

Im Bezug auf die Straßen heißt es, diese seien teilweise reparaturbedürftig, aber in einem akzeptablen Zustand. Kümmel und Zink sprechen sich aber dafür aus, deren Instandhaltung könne bei Arbeiten an Kanal und Leitungen gleich mit erledigt werden. Julian Müller spricht hier auch noch das Thema Glasfaser an. Es reiche nicht, "nur den Bestand zu unterhalten". Die Gemeinde müsse auch "dringend in den Ausbau von Glasfaser-Infrastruktur investieren, um nicht den Anschluss an die aktuelle Zeit zu verlieren".
Von der Tradition bis zum Alkoholrausch: Sand und seine Feste und Veranstaltungen
Alle drei Kandidaten betonen die besondere Bedeutung, die Feste und Tradition für die Identität der Gemeinde Sand haben. "Das Schöne an Sand ist, dass derjenige, der Feiern möchte, feiern kann, und wer dies nicht möchte, kann auch seine Ruhe haben", heißt es bei Julian Müller. Auch andere Traditionen seien für ihn wichtig, von den Heckenwirtschaften bis zum Fischerstechen. "Mit einem Heimatverein möchte ich das Gefühl des 'Sander seins' bewahren", kündigt der CSU-Kandidat deswegen an.
"Das Schöne an Sand ist, dass derjenige, der Feiern möchte, feiern kann, und wer dies nicht möchte, kann auch seine Ruhe haben."
Julian Müller (CSU), Bürgermeisterkandidat
Besonders bekannt ist Sand für sein Weinfest, doch bei diesem stellt sich auch die Frage: Wie sorgt die Gemeinde bei einer solchen Großveranstaltung, bei der auch zu einem Großteil der Alkoholausschank im Mittelpunkt steht, für die Sicherheit der Menschen? Julian Müller antwortet, die letzten Jahre hätten gezeigt, dass Feste in Sand recht gesittet ablaufen, geht aber nicht näher auf die Bemühungen der Gemeinde ein. Kümmel und Zink verweisen auf das Sicherheitskonzept und die Zusammenarbeit mit der Polizei, was in den letzten Jahren gut funktioniert habe.
"Nach dem Weinfest wird von der Polizei ein Sicherheitsbericht erstellt. Hier wird von der Gemeinde seit Jahren hervorragende Arbeit attestiert", schreibt Matthias Zink. Und auch Jörg Kümmel betont, zwar habe es immer wieder "einzelne Zwischenfälle" gegeben. "Insgesamt scheint das momentan angewendete System meiner Meinung nach aber zu funktionieren."
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Artikels war zu Lesen, Julian Müller hätte die Frage nach der Sicherheit auf dem Weinfest ignoriert. Tatsächlich stand in seiner Antwort in einem kurzen Satz, dass die Veranstaltungen in den letzten Jahren recht gesittet abgelaufen seien.
Die Kandidaten im SteckbriefJulian Müller (CSU)
Alter: 28 Jahre
Beruf: Büroleiter im Büro des Landtagsabgeordneten Steffen Vogel
Familienstand: Ledig, keine Kinder
Hobbys: Kommunalpolitik, Wassersport (Schwimmen, Tauchen, Wakeboarden)Jörg Kümmel (FSB)
Alter: 55 Jahre
Beruf: Diplom-Chemiker und Geschäftsführer einer gemeinsamen Firma mit seinem Bruder
Familienstand: Verheiratet, drei Söhne im Alter von 12, 18 und 20 Jahren
Hobbys: Rätsel und Denksportaufgaben, Lesen, Lektorat in der KircheMatthias Zink (SPD)
Alter: 49 Jahre
Beruf: Verwaltungsfachwirt, Geschäftsleiter der Gemeinde Sand
Familienstand: Verheiratet, ein Sohn im Alter von 19 Jahren
Hobbys: Fußball und RockmusikQuelle: Eigene Angaben von Julian Müller, Jörg Kümmel und Matthias Zink