Ein kalter Tag Ende Januar. Christian Ruser erkennt man an diesem Nachmittag auf dem Haßfurter Marktplatz schon von weitem. Markanter Schnurrbart, dunkler Mantel, sattgrüner Schal. Ob er den extra für das Treffen mit dieser Redaktion angezogen hat, der Parteifarbe wegen? "Der hat mir einfach am besten gefallen", erklärt der Mann aus Knetzgau und schmunzelt.

Im warmen Café nebenan nimmt der Direktkandidat der Grünen für den Wahlkreis Bad Kissingen Platz. Ruser ist, in politischen Laufbahnen gedacht, noch ein Frischling. 2020 zog es ihn beruflich in den Haßbergkreis. Ein Jahr später trat er dort dem Ortsverband der Grünen in seinem Wohnort Knetzgau bei, und ist mittlerweile nicht nur dort, sondern seit 2024 auch auf Kreisebene einer der beiden Sprecher.
Bereits in der Jugend politisch engagiert
Er habe sich zwar schon in seiner Jugend politisch engagiert, sei später aus beruflichen Gründen aber nicht aktiv in der Parteipolitik gewesen. Grün denke er, erzählt er bei einem Schluck Chai, schon seit seinen Kindheitstagen. Der Wille, etwas im Land zu verändern – gerade auch auf Bundesebene – habe den 44-Jährigen dann den nächsten Schritt gehen lassen.
"Schönwetterpolitik kann jeder. Ich will die Stimmung gerne mitgestalten, in eine menschliche Richtung."
Christian Ruser, Bundestagskandidat (Bündnis 90/Die Grünen)
Den frischen Wind, den er mit nach Berlin nimmt, sollte es mit dem Einzug in den Bundestag klappen, sehe er als Nutzen. Berufspolitiker, die nie etwas anderes gemacht haben, finde er unglaubwürdig. "Schönwetterpolitik kann jeder", ist Ruser überzeugt. "Ich will die Stimmung gerne mitgestalten, in eine menschliche Richtung."
Digitale Experten und berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten
Mitgestalten will der Knetzgauer auch das Bildungssystem. Weg vom Frontalunterricht soll es seiner Meinung nach gehen, weg vom analogen Lernen – auch wegen des Lehrkräftemangels. Digitale Expertinnen und Experten könnten Know-How vermitteln, ist Ruser überzeugt. Er setze auf Lerngruppen, und auf eine Lehrkraft, die dabei als Mentor fungiere.

Auch in der Erwachsenenbildung möchte Ruser mehr Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen. Nicht nur im Freizeitbereich, sondern auch mit Blick auf die Wirtschaftslage. "Es gibt in der Wirtschaft immer Umbrüche", so der Mandatsbewerber. "Die sind nicht schön und verlangen von den Beschäftigten viel ab." Hier erkenne er Chancen, gerade bei beruflichen Veränderungen. Die Menschen sollten Veränderungen als Möglichkeiten sehen. Nicht als etwas Schlimmes.
Dezentrale Stromversorgung soll Sicherheit schaffen
Auf die Fahne geschrieben hat sich der Grünen-Kandidat zudem das Thema erneuerbare Energien. Photovoltaik und Windkraft sehe er als Chance für den ländlichen Raum. Hier will er Anreize schaffen, statt den Bürgerinnen und Bürgern Riegel vorzuschieben. "Wir auf dem Land können auch zu Energieversorgern werden", sagt Ruser.
Beispielsweise, indem Familien ihre Hausdächer an Kommunen verpachten – damit darauf Photovoltaikanlagen installiert werden könnten. Die Stromversorgung will er zudem dezentral organisieren. Das spare Geld, schone die Umwelt und bringe Sicherheit, ist er überzeugt. "Fällt in Knetzgau beispielsweise der Strom aus, dann unterstützt die Nachbargemeinde."
Bessere Integration von Migranten und Asylsuchenden
Und dann gibt es Dinge, bei denen Ruser nicht mit sich verhandeln lasse. Eine Zusammenarbeit mit der AfD, beispielsweise. Die Politik sollte das Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Blick behalten, findet Ruser. "Wenn ein guter Vorschlag von jemandem kommt, der menschenverachtend ist, dann halte ich es für falsch, mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten." Hier geht der Knetzgauer sogar noch einen Schritt weiter: "Ich bin davon überzeugt, dass die AfD möglichst schnell verboten gehört."
Auch beim Thema Asyl komme Ruser weder mit der AfD noch mit der Union – mit Blick auf das Migrationsbegrenzungsgesetz – auf einen Nenner. Statt darüber zu reden, wie man Geflüchtete in Deutschland loswerde, solle sich der politische Diskurs darum drehen, wie sich Migrantinnen, Migranten und Asylsuchende besser und mit weniger bürokratischem Aufwand im Land integrieren ließen. "Vielleicht ist es CDU und CSU nicht aufgefallen – wir haben da was, das heißt Grundgesetz", sagt Ruser. "Darin ist das Recht auf Asyl verankert. Das ist nicht verhandelbar."
Zur PersonChristian Ruser wurde am 15. November 1980 in München geboren und ist in der Nähe von Heidelberg aufgewachsen. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er hat Germanistik, Philosophie und südasiatische Geschichte studiert. Nach beruflichen Stationen in Chemnitz, Darmstadt und der Nähe von Bremen ist er 2020 nach Knetzgau in den Landkreis Haßberge gezogen. Ruser arbeitet als Programmverantwortlicher für die Vhs Haßberge.Quelle: johe