Schwangere Frauen und stillende Mütter stehen in der Pandemie vor einem Dilemma: Sollen sie sich gegen Corona impfen lassen und etwaige Nebenwirkungen für sich und ihr Kind in Kauf nehmen? Oder sollen sie mit der Impfung warten und eine Infektion mit dem Virus riskieren? Eine klare Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) gibt es dazu nicht. Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Impfung von Schwangeren und Stillenden.
Was empfiehlt die STIKO werdenden Müttern?
Schwangeren mit Vorerkrankungen kann laut Impfkommission nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung eine Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel angeboten werden. Auch für werdende Mütter mit erhöhtem Infektionsrisiko aufgrund der Lebensumstände, biete sich die Impfung an. Das betreffe zum Beispiel schwangere Mütter, deren Kinder eine Kindertagesstätte besuchen. Eine generelle Empfehlung für Schwangere hat die Kommission nicht ausgesprochen. Derzeit würden die bislang vorliegenden Daten über eine Covid-19-Impfung während der Schwangerschaft noch systematisch aufgearbeitet, teilt die Expertengruppe mit. Eine Beurteilung war für Ende August angekündigt. Jetzt heißt es von der STIKO, Ergebnisse der Analyse seien etwa Mitte September zu erwarten.
Was empfiehlt die STIKO stillenden Müttern?
Zu Corona-Impfungen in der Stillzeit liegen aktuell nur wenige Daten vor. Die STIKO hält es jedoch für "sehr unwahrscheinlich, dass eine Impfung der Mutter während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt".
Können sich schwangere und stillende Frauen in Impfzentren impfen lassen?
Ja. Schwangere und Stillende können sich auch in einem Impfzentrum und bei Impfaktionen impfen lassen. Allerdings muss zuvor ein Haus- oder Facharzt eine "individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung" treffen, teilt eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums mit. Das heißt konkret: "Die Impfung einer Schwangeren darf nur dann vorgenommen werden, wenn ein entsprechendes Impfempfehlungsschreiben des Haus- oder Facharztes vorliegt, in dem auf die Schwangerschaft der Impfwilligen eingegangen wird und aus dem hervorgeht, dass eine individuelle Risikobewertung vorgenommen wurde."
Können sich Schwangere von einem niedergelassenen Arzt impfen lassen?
Schwangere und Stillende können nach entsprechender Aufklärung und Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt geimpft werden, teilt das bayerische Gesundheitsministerium mit. Die Entscheidung über die Impfung liege "im konkreten Einzelfall beim jeweiligen Arzt oder der jeweiligen Ärztin". Der Berufsverband der Frauenärzte und andere medizinische Fachverbände sprechen sich für eine Impfung von Schwangeren und Stillenden mit einem mRNA-Impfstoff (Biontech/Moderna) aus.
Allerdings ist es gar nicht so einfach, einen Arzt zu finden, der schwangere Frauen impft. Der Haßfurter Gynäkologe Dr. Peter Jung, Mitglied im Vorstand des Bayerischen Fachärzteverbands (BFAV), sagt, er würde in seiner Praxis ausschließlich Schwangere mit Vorerkrankungen impfen. Er orientiere sich damit an der Empfehlung. "Ich kenne keinen Kollegen, der das anders handhaben würden", sagt Jung. Dies liege auch an bislang ungeklärte Fragen des Haftungsrechts.

Hat bei Stillenden die Impfung Auswirkungen auf das Kind?
Frauenarzt Dr. Peter Jung sieht die Impfung von Stillenden deutlich entspannter als die Impfung von Schwangeren. Denn: "Das Kind ist schon geboren." Hinweise auf einen schädlichen Einfluss der Impfung auf Säuglinge gebe es nicht. Im Gegenteil, sagt der Haßfurter Mediziner: "Über die Muttermilch bekommt das Kind Antikörper mit, die sogar gut für das Kind sind." Experten sprechen dabei von "Nestschutz". Der Nutzen überwiege das Risiko, sagt Jung. Sein Plädoyer: "Stillende darf man impfen, kann man impfen – ich bin sogar der Meinung, Stillende soll man impfen."
Müssen Schwangere und ungeimpfte Stillende künftig für einen Corona-Schnelltest bezahlen?
Ab 11. Oktober werden nach einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz Corona-Schnelltest nicht mehr gratis angeboten. Kostenfrei bleiben sollen Tests noch für Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, für Schwangere sowie für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Ob stillende Mütter den Corona-Test künftig bezahlen müssen, teilte das Bundesgesundheitsministerium auf Nachfrage nicht mit. Auch wie Schwangere gegenüber der Teststation nachweisen können, dass sie die Berechtigung auf einen kostenlosen Test haben, beantwortet das Ministerium bislang nicht. Die Testverordnung werde aktuell angepasst, zu Details könne im Moment noch nicht konkret Stellung genommen werden.
Wie handhaben andere Länder die Impfung für schwangere Frauen?
Die US-Gesundheitsbehörde empfiehlt allen schwangeren und stillenden Frauen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Das gelte auch für Frauen, die demnächst schwanger werden wollen, teilte die Behörde mit. Neue Daten einer Studie mit knapp 2500 Schwangeren zeigten, dass Impfungen mit den Präparaten der Hersteller Moderna oder Pfizer/Biontech vor der Schwangerschaft oder in den ersten 20 Wochen nicht zu einem höheren Risiko einer Fehlgeburt führten. In Israel hatte das Gesundheitsministerium bereits im Januar eine Empfehlung zur Impfung schwangerer und stillender Frauen gegen das Coronavirus abgegeben. In Frankreich und Österreich können Schwangere ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel seit Anfang Mai eine Impfung bekommen.
Mit Informationen von dpa. Die erste Fassung des Artikels wurde im Nachhinein um weitere Informationen ergänzt. Diese Ergänzung ist unter der ersten Frage zu finden.