"Uns wird der Teppich unter den Füßen weggezogen." Mit diesen Worten beschreibt Michael Schlegelmilch, der Geschäftsführer des Elektronikfachmarktes Expert Schlegelmilch in Haßfurt, die Lage des Einzelhandels zum zweiten großen Lockdown. Prinzipiell hält der Geschäftsmann den erneuten harten Lockdown für richtig, damit die Infektionszahlen wieder ein niedriges Niveau erreichen und die Belastung der Krankenhäuser zurückgeht. Es sei aber trotzdem der absolute Wahnsinn, den Einzelhandel in seiner Hochphase zu schließen, so Schlegelmilch.
Überstundenabbau statt Kurzarbeit
Auch wenn ab Mittwoch kein Mensch mehr den Laden betreten darf, ist Expert Schlegelmilch nach wie vor für seine Kunden da. Je Abteilung stehen ein bis zwei Mitarbeiter für eine telefonische Beratung zur Verfügung. Auch im Onlineshop sind neben Bestellungen Anfragen möglich, mit denen gleichzeitig auch Liefertermine abgeklärt werden können. Mit der angeschlossenen Werkstatt und dem dazugehörigen Lieferservice würden Bestellungen rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest frei Haus geliefert, verspricht Michael Schlegelmilch. Gleichzeitig wurden die Öffnungszeiten am Montag und Dienstag auf 9 bis 20 Uhr ausgeweitet.

Freilich sei das auch eine große Belastung für die 35 Angestellten im Verkauf und die zwölf Mitarbeiter in der Werkstatt. "Ich bin stolz auf die gesamte Belegschaft, dass alle kurzfristig mitgezogen haben", sagt Schlegelmilch. So lange es geht, werde das Unternehmen auf Kurzarbeit verzichten und vorrangig Urlaub und Überstunden abbauen.
"Ebern lässt mich nicht im Stich"
Mit Tränen in den Augen und sehr gerührt von dem Zuspruch ihrer Kundschaft zeigt sich Ursula Gräbe. Sie betreibt in Ebern die Buchhandlung "Leseinsel" zusammen mit vier Angestellten. "Ebern unterstützt mich", sagt die Buchhändlerin voller Stolz. Am Sonntag postete sie auf ihrer Facebook-Seite die Mitteilung, dass auch sie ihren Laden ab Mittwoch geschlossen halten muss. Binnen kurzer Zeit haben das über 4000 User gelesen und zahlreiche Kommentare hinterlassen. "Eine Buchhandlung mit Herz, einer engagierten Inhaberin und einem tollen, sympathischen Team. Kommt gut durch diese Zeit!", schreibt zum Beispiel der treue Kunde Michael Will.
"Wir waren auf einem guten Weg, das Weihnachtsgeschäft ist bisher sehr gut gelaufen", sagt Gräbe, die eigentlich Hoffnung hatte, den Umsatz für das gesamte Jahr auf einen guten Wert zu steigern. Aber unterkriegen lässt sich die Geschäftsfrau nicht. Wie auch schon im Frühjahr ist die Bestellung telefonisch und online möglich. Im Umkreis von 20 Kilometern werden dann die Kunden mit dem gewünschten Lesestoff frei Haus versorgt. Aber auch vor der Ladentüre kann die Bestellung bereitgelegt werden. Gräbe ist zuversichtlich für die kommenden Wochen, wenn auch noch keiner so genau weiß, wie lange schlussendlich der Lockdown anhalten wird: "Ebern lässt uns nicht im Stich."
Bei Kleidung geht es nicht ohne Anprobe
"Die Tage, die uns durch die Schließung vor Weihnachten fehlen, sind nicht kompensierbar", beschreibt Manfred Schweiger seine Situation. Der Haßfurter ist Geschäftsführer der Fachgeschäfte "Schweiger - Mode für Männer" und "Schweiger - Frauensache" und muss ebenfalls zum zweiten Mal in diesem Jahr die Ladentüren schließen. Im Gegensatz zu Elektronikmarkt oder Buchhandlung kann Schweiger seine Ware nicht telefonisch verkaufen. In dem alteingesessenen Familienunternehmen stünden seit 158 Jahren "kompetente Beratung und ein persönlicher Service" an erster Stelle und das gehe nun mal nur, wenn Kunden die Sachen vor sich haben und auch anprobieren können. Insgesamt sieht sich Schweiger bisher glimpflich davongekommen. Der erste Lockdown habe zwar auch Löcher in der Ladenkasse hinterlassen, aber die Kosten ließen sich zum Beispiel durch einen mengenmäßig geringeren Wareneinkauf verringern.

Coronahilfen vom Staat hat keines der drei Unternehmen in Anspruch genommen. Manfred Schweiger vertritt die Meinung, dass der Staat nicht alles auffangen könne und in erster Linie solle den Branchen geholfen werden, in denen es um die Existenz geht und die in diesem Jahr noch überhaupt keine Umsätze erzielt haben.
Ursula Gräbe schickte zwar im ersten Lockdown ihre Angestellten in Kurzarbeit, aber mehr hat sie nicht gefordert: "Im Endeffekt zahlen wir Sonderförderungen sowieso später zurück an den Staat." Ähnlich sieht es auch Michael Schlegelmilch. Ein zinsgünstiger Kredit wäre zwar möglich gewesen, aber der muss natürlich auch zurückgezahlt werden.