Anders als von manchem erträumt, wird das in Knetzgau geplante Maininformationszentrum nicht direkt am oder sogar im Fluss stehen, sondern in hochwassersicherer 60-Meter-Entfernung. Das „MIZ 359“ soll auf gut 700 Quadratmetern Platz für Dauer- und Sonderausstellungen bieten, darüber hinaus aber auch Veranstaltungssäle und Gastronomie sowie Raum für Wissenschaft und Forschung vorhalten. Und im Freien soll es vielerlei Anreize geben, das Fließgewässer und sein Ufer zu beobachten, zu spüren und zu begreifen. Am Mittwochabend hat die Gemeinde Knetzgau über die ersten Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für das MIZ informiert.
„Knetzgau brennt für das Maininformationszentrum, hat sich aber den Sinn für die Realität bewahrt“, lobte Silke Petzold vom Projektentwickler Erlebniskontor (Hamburg) das Engagement der 6500-Seelen-Gemeinde. Das heißt noch lange nicht, dass Knetzgau das MIZ tatsächlich bekommt, das an der Stelle, an der die dem Abriss geweihte Franz-Hofmann-Halle steht, emporwachsen soll: Eine Machbarkeitsstudie lotet aus, ob und unter welchem Rahmen ein Projekt verwirklichbar ist, liefert aber keine konkreten Pläne. Trotzdem steht schon jetzt fest, dass das MIZ erstens eine Investition im zweistelligen Millionenbereich wäre und Knetzgau nie und nimmer die jährlichen Betriebskosten schultern könnte.
Hoffen auf Heimatminister
Hier sieht Bürgermeister Stefan Paulus in erster Linie den Freistaat in der Pflicht. Das Heimatministerium sei erster Ansprechpartner, und der bisherige Heimatminister Markus Söder habe die Idee für gut empfunden und Unterstützung zugesagt, versicherte Paulus vor gut 100 Zuhörern in der Schulaula. Die Alternative für die den Freistaat als Träger wäre eine Allianz der Mainanrainer. Am Mittwochnachmittag hatte Knetzgau 50 Landräte, Bürgermeister und Regionalmanager aus Main-Kommunen von der Quelle bei Bischofsgrün bis zur Mündung bei Mainz zu Gast, die Gesprächsrunde fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es habe es viel Zustimmung für das MIZ–Projekt gegeben und auch die Zusicherung für Kooperation, sagte Paulus später im Bürgerdialog.
„Das MIZ wird sowieso kommen, früher oder später“, meinte der Rathauschef – „die Frage ist nur, ob bei uns oder woanders.“ Laut Paulus setzt sich entlang des Mains allmählich die Erkenntnis durch, dass der Fluss weit unter Wert verkauft wird, „obwohl der Main für uns genauso identitätsstiftend ist wie die Alpen für Oberbayern.“ Dass der Main aber ebenso ein Profil braucht wie es zum Beispiel Rhein, Donau oder die Elbe längst hätten, begreife man allmählich auch in Würzburg oder Frankfurt. Paulus setzt auf ein Wir-Gefühl, geschaffen durch den Main als alle verbindendes Element, seien es die großen Wirtschaftszentren oder peripheren Landstriche.
„Weil wir die Idee hatten“
Und warum soll ein den Fluss in allen Facetten erfassendes Informationszentrum ausgerechnet nach Knetzgau? „Weil wir die Idee hatten“ sagte Paulus und nannte seinen Kämmerer Marco Depner als eigentlichen Schöpfer. „Weil man von Knetzgau aus hervorragend zurückblicken kann, woher der Main kommt. Und auch vorwärts schauen kann, wohin der Fluss geht“, stellte die Geografin Silke Petzold heraus. Knetzgau liegt am Flusskilometer 359, daher „MIZ 359“. Der längste rechte Nebenfluss des Rheins hat eine Gesamtlänge von 527 Kilometern. Petzolds Erlebniskontor hat die Federführung bei der Machbarkeitsstudie, an der auch Magma Architecture (Berlin) für das MIZ-Gebäude und A24-Landschaft (Berlin) für das Außengelände beteiligt sind.
Mehrfach erinnerte Petzold daran, dass weder das Gebäude selbst noch die Freiflächen durchgeplant sind. Sollte das MIZ Realität werden, werde es Architekturwettbewerbe geben. Die Machbarkeitsstudie unterbreitet aber Vorschläge: Das Bauwerk selbst stellen sich die Planer zweigeschossig vor. Im Erdgeschoss befänden sich Ausstellungs-, Schulungs- und Veranstaltungsräume sowie Café und Museumsshop, das Obergeschoss wäre Verwaltungstrakt, alles zusammen umfasste 2000 Quadratmeter Fläche. Das Gebäude soll futuristisch sein und zum Beispiel die großen Main-Mäander und Schleifen in die Bauform aufnehmen, ferner Fluss und fließendes Wasser in seiner „Außenhaut“ widerspiegeln.
Schwimmender Pavillon
Für die Freiflächen schweben den planenden Köpfen ein im Main schwimmender Pavillon, eventuell eine Brücke auf die zwischen Fluss und Schifffahrtskanal liegende Maininsel, ein Landschaftsparcour mit teilweise überfluteten Bereichen und zahlreiche Spiel- und Abenteuermöglichkeiten vor. Aber nicht nur das: „Von Knetzgau aus sollen die Besucher des MIZ den Main erschließen können“, wünschte sich Bürgermeister Paulus und dachte an die „Gelbe Welle“ (Tourismus auf dem Wasser), das „Flussparadies Franken“ und die großen Rad- und Wanderwege der Region.
Allerdings offenbaren sich diesbezüglich nach aktuellem Planungsstand auch Schwächen des Standortes Knetzgau. So haben die Initiatoren ihre ursprüngliche Idee, eine Anlegestelle für den boomenden Kreuzschifffahrtverkehr zu errichten, verworfen, was mancher Teilnehmer am Bürgerdialog für einen gravierenden Fehler hält. Touristen, die mit dem Schiff in Haßfurt oder Zeil anlegen, hätten so kaum Gelegenheit, auch das Main-Zentrum zu besuchen. Ein weiterer Nachteil: Vom stark frequentierten Main-Radwanderweg existiert keine Abzweigung nach Knetzgau. Eine direkte Verbindung von Augsfeld aus zum MIZ müsste erst geschaffen werden – sie setzte allerdings den Bau einer Mainbrücke voraus.
Schwimmen und Eislaufen?
Die Knetzgauer selbst tragen die Idee des MIZ mit. „Wenn das kommt, wäre das das Schönste, was uns passieren kann“, erklärte etwa Barbara Hein. Die Gemeinderätin setzte gleich „einen kleinen Hafen mit Bootsanlegestelle“ auf die Wunschliste. Auch eine Badebucht wie bei Wipfeld wurde gefordert, die es sonst weit und breit nicht gebe. Linda Hofmann (Knetzgau) machte sich dafür stark, beim MIZ nicht nur an Kinder und Senioren, sondern auch an Jugendliche zu denken, sie hatte Schwimmmöglichkeiten im Main und einen Klettergarten im Hinterkopf. Letzterem erteilte Planerin Petzold aber eine Absage, weil er nicht mit dem Flussgedanken in Einklang zu bringen sei. Bruno Eirich (Westheim) brachte Flächen ins Spiel, die man im Winter für das Eislaufen überfluten könne. Und aus Reihen von Motorbootfahrern war zu hören, dass es am ganzen Main keinen kommerziellen Bootsverleih gibt – was sich am MIZ doch ändern ließe.
Wo ist der Wow-Effekt?
Die Aussagen aus dem Publikum machten aber auch klar: Die Menschen in Knetzgau und Umgebung wünschen sich für ihr MIZ echte Attraktionen im Sinne von Spiel, Spaß und Spannung. Und das dürfte auch für die Besucher von außerhalb gelten. Da mochte Bürgermeister Paulus noch so sehr die Bedeutung eines „Außenpostens“ der Universitäten Bayreuth, Bamberg oder Würzburg in Knetzgau unterstreichen, weil der Freistaat ja höchstes Interesse an der Forschung etwa im Bereich des Hochwasserschutzes habe. Wichtig für die Besucherzahlen scheinen weniger Wissenschaft und Ausstellungen, sondern eher eine Attraktion mit „Wow-Effekt“, wie es beispielsweise der Aussichtsturm im Ebracher Baumwipfelpfad ist. Noch ist ein solcher Leuchtturm für das MIZ aber nicht gefunden.
40 000 Besucher pro Jahr
Silke Petzold rechnet mit einem Andrang von 40 000 bis 50 000 Besuchern im Jahr. Grundlage dererlei Kalkulationen seien unter anderem die Vergleiche mit dem Steigewaldzentrum in Handthal (40 000), dem Baumwipfelpfad (250 000) und dem Dokumentationszentrum Zeiler Hexenturm (etwa 7000) sowie die Zahl der Tagestouristen aus Würzburg, Schweinfurt oder Bamberg im Haßbergkreis. Sollte das MIZ tatsächlich in Knetzgau gebaut werden und bei der Planung und Umsetzung alles wie am Schnürchen laufen, dann könne man frühestens 2022 die Eröffnung feiern, sagte sie ohne Gewähr.