Am Amtsgericht Haßfurt ist an diesem Montag der Jäger verurteilt worden, der im Juli 2022 Hündin Mara bei Knetzgau (Lkr. Haßberge) erschossen hat. Richter Patrick Keller hat den 77-jährigen Angeklagten der Tötung eines Wirbeltiers ohne vernünftigen Grund schuldig gesprochen. Der Jäger muss dem Urteil zufolge 140 Tagessätze zu je 40 Euro Strafe bezahlen sowie die Verfahrenskosten tragen. Außerdem wird die Waffe eingezogen, mit der er geschossen hatte.
Nach zwei Verhandlungstagen steht fest: Richter Patrick Keller glaubt den Ausführungen des Jägers und Jagdpächters nicht. Der 77-Jährige hatte vor über einem Jahr auf die freilaufende Alaskan-Malamute-Hündin eines österreichischen Ehepaars geschossen, das mit dem Schleusen seines Kanus beschäftigt war. Seiner Aussage nach hatte Mara einen Hasen gehetzt und sei kurz davor gewesen, das Tier zu reißen. Gegen den zunächst ausgestellten Strafbefehl hatte der 77-Jährige Einspruch eingelegt.
Vier Sachverständige, zwei Polizisten, eine Tierärztin sowie Maras Besitzer Birgit Brunner und Oswald Helm sagten in dem Prozess aus. Außerdem der Angeklagte und seine Frau. Geklärt werden sollte, ob der Schuss auf den Hund jagdgerecht gewesen war. Und: Stimmt die Schilderung des Jägers überhaupt?
Richter mit klaren Worten: "Ich habe aber keine Zweifel"
Richter Patrick Keller sagt: Nein. Er ist nach vielen Stunden Verhandlung davon überzeugt, dass der Hund keinen Hasen gehetzt hatte. "Hätte ich Zweifel gehabt, hätte ich Sie freigesprochen", so Keller am Montag in seiner Urteilsbegründung. "Ich habe aber keine Zweifel."

Das Jagdrecht erlaubt zwar den Schuss auf einen wildernden Hund. Wo aber kein Wild ist, könne es keine Wilderei geben und dürfe somit auch kein Schuss fallen, so die Argumentation des Gerichts.
Lizenz ausgelaufen: Verliert der Jäger nun seinen Jagdschein?
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bleibt es bei der Entscheidung, dürfte dies Auswirkungen auf den Jagdschein des 77-Jährigen haben. Die Lizenz ist seit März abgelaufen, das Landratsamt hat sie wegen des laufenden Verfahrens bisher nicht verlängert.
Der Behörde zufolge ist eine rechtskräftige Verurteilung in relevanten Rechtsbereichen in Höhe von 60 Tagessätzen oder mehr häufig Anlass für ein Einziehungsverfahren. Die Erteilung des Jagscheins könnte grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens ausgesetzt werden, teilt Monika Göhr, Pressesprecherin des Landratsamts mit.

Ein rechtskräftiges Urteil bedeute aber nicht zwangsläufig die Entziehung des Jagdscheins, sagte Göhr am Montag auf Anfrage. Es komme auf die Rechtsgrundlage an. Genaueres könne die Behörde erst nach Durchsicht des Urteils und Prüfung der Rechtsgrundlagen mitteilen. "Alles andere wäre im Moment unseriöse Spekulation."
Urteil noch nicht rechtskräftig: Verteidiger will Rechtsmittel einlegen
Bis zu einer Entscheidung über den Jagdschein, könnte noch einige Zeit vergehen: Der Verteidiger des Angeklagten kündigte bereits im Gerichtssaal an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Näheres wolle man entscheiden, wenn das Urteil schriftlich vorliegt, sagte Anwalt Oliver Heinekamp.

Heinekamp hatte in seinem Plädoyer einen Freispruch gefordert. Sein Mandant habe "nichts Unrechtes getan", sagte der Verteidiger und stellte die Frage in den Raum, warum ein "körperlich und geistig fitter Jäger" seinen Jagdschein abgeben solle. Am ersten Prozesstag hatte Richter Keller dem Angeklagten vorgehalten, dass andere mit 77 Jahren ihren Führerschein abgeben würden, weil es ihnen zu unsicher sei. "Sie laufen mit einer geladenen Waffe herum", fügt er damals an.

Mit der Art der Verhandlung und dem Verfahrensverlauf sei er nicht immer einverstanden gewesen, machte der Anwalt in seiner Schlussansprache deutlich. Er habe auf Befangenheitsanträge verzichtet, weil er davon ausgegangen sei, dass das Gericht sich um umfassende Aufklärung des Vorfalls bemühe.
Mehrfach hatte der Richter darauf hingewiesen, dass die Lage für den Angeklagten nicht gut aussieht, und ihm nahegelegt, angesichts des fortgeschrittenen Alter den Jagdschein von sich aus abzugeben.
Tief in der Jagd-Materie: Komplexe Verhandlung, simples Urteil
Für Richter Keller sind es vielen Kleinigkeiten, die nicht passten. Die Aussagen des Angeklagten hätten nicht mit den Einschätzungen der Gutachter übereingestimmt. Und gegenüber der Polizei und vor Gericht hätten der Jäger und seine Ehefrau unterschiedliche Angaben gemacht.
Die Justiz war tief in die Jagd-Materie eingestiegen und hatte sich von Sachverständige ausführlich erklären lassen, wie weit sich ein angeschossener Hund schleppen könne und welches Fluchtverhalten Hasen haben.
Doch so komplex das Verfahren, so simpel am Ende das Urteil: Wo kein Hase ist, dort gibt es auch keinen Grund auf einen Hund zu schießen.