Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

Die Schätze von Sir Quickly

Haßbergkreis

Die Schätze von Sir Quickly

    • |
    • |
    Die Schätze von Sir Quickly
    Die Schätze von Sir Quickly

    Lässt man seine Blicke durch die große Garage in Friesenhausen schweifen, kommt einem spontan eine bekannte Melodie der Gruppe Haindling in den Sinn. Der Oldtimerfuhrpark von Michael Keller weckt Erinnerungen an eine bayerische Kultserie von Franz Xaver Bogner. Und irgendwie erwartet man dabei sowieso, dass gleich der junge Ottfried Fischer alias „Sir Quickly“ im weißen Anzug auf seinem Moped um die Ecke biegt.

    An der Seite stehen sie aufgereiht: Die Mopeds der Firma NSU, die im Nachkriegsdeutschland im Zuge des Wirtschaftswunders für die Motorisierung der Massen sorgten. Da ist zunächst eine beigefarbene Ur-Quickly mit Zwei-Gang-Handschaltung und 1,3 PS, Baujahr 1955. Es folgt eine nahe Verwandte in blassgrün, Baujahr 1957. Die dritte Quickly im Bunde aus dem Jahr 1958 verfügt schon über eine Drei-Gang-Handschaltung.

    „Nicht mehr laufen, Quickly kaufen!“, hieß ein Werbespruch der Firma NSU. Im Jahr 1954, einem Jahr nach Baubeginn des kleinen Mopeds, waren bereits 100 000 Exemplare verkauft. „Die hat schon mein Großvater gefahren“, erinnert sich Michael Keller, „und deshalb wollte ich auch immer eine Quickly haben.“ Da sie so häufig gebaut wurden, sei es für ihn kein Problem gewesen, mehrere Exemplare aufzutreiben. Aus vier bis fünf Quicklys habe er dann jeweils ein komplettes Moped gebaut. Seine intensive Suche nach diesen NSU-Mopeds habe ihm auf der Arbeit den Spitznamen „Sir Quickly“ eingebracht, lacht er.

    Doch sobald Keller die weißen Tücher entfernt, die die darunter verborgenen Schätze vor Staub schützen, vermag der nostalgische Charme der Zweiräder den Betrachter nicht länger in seinen Bann zu ziehen. „Oh Lord, won't you buy me a Mercedes Benz“ – bei dem sich bietenden Anblick möchte man sogleich lauthals das Lied von Janis Joplin anstimmen. Zwei Mercedes Benz haben einen Alfa Romeo in ihre Mitte genommen und glänzen mit ihm um die Wette.

    „Da sitzt man wie auf der Couch im Wohnzimmer.“ Michael Keller öffnet einladend die Tür eines Mercedes-Benz W 111. Die Limousine war das erste Oberklassen-Modell der sogenannten Heckflossenserie. Das Modell 220 (b) aus dem Jahr 1965 hat einen Sechszylinder-Motor mit zwei Vergasern. Zu bewundern war der edle Oldtimer, geschmückt mit einer großen roten Schleife, in der Ausstellungshalle eines Mercedes-Händlers. Nachdem Keller jahrelang geduldig gewartet hatte, schlug nun endlich seine Stunde: Der Händler bekam eine große Autolieferung und verkaufte ihm aus Platznot die fahrbereite Limousine.

    Ebenfalls bei einem Autohändler gefunden hat er den Mercedes Coupé W 114, Baujahr 1970. Das Coupé verfügt über eine Sonderausstattung mit Automatik und Lenkradschaltung.

    Dynamisch und sportlich wirkt der rote Flitzer zwischen den imposanten Mercedes-Veteranen. Eigentümer des Alfa Romeo Spider Cabrio wurde Keller durch ein Tauschgeschäft. Da er unbedingt ein Cabrio wollte, tauschte er bei einem befreundeten Alfa Romeo-Händler seinen 1300er Alfa Romeo Giulia gegen den Spider ein. Der Vierzylinder-Motor mit seinen zwei obenliegenden Nockenwellen und zwei Doppelvergasern hat eine Leistung von 132 PS. „Diese Konstruktion trägt zu dem ganz eigenen Alfa Romeo-Sound bei“, schwärmt Keller. „Und wenn einem im Sommer die Haare durchgeblasen werden, da es keinerlei Schutz außen herum gibt, dann ist das Cabriofeeling pur!“ Die Wackeldackel, von denen je ein Exemplar in jedem Mercedes sitzt, schütteln missbilligend ihre Köpfe – sie mögen es wohl eher gediegen und nicht so stürmisch.

    Wie alle Oldtimer-Fans berichtet auch Keller begeistert von der gegenseitigen Unterstützung und Hilfeleistung unter den Sammlern. „Verkauft wird zwar nichts, aber getauscht. Und man steht sich mit Rat und Tat zur Seite.“ Seit zehn Jahren besucht er das Oldtimer-Treffen in Frickendorf sowie viele andere Treffen in der Umgebung. Seine Familie unterstützt sein aufwendiges Hobby. Maria, seine Frau, begleitet ihn meist zu den Treffen, und seine Kinder Daniel und Carina legen auch schon mal Hand mit an beim Polieren. Zugute kommt dem Bastler beim Restaurieren der Oldtimer seine Ausbildung zum Bauschlosser. Aber „man kann nicht alles selbst machen, sondern braucht Leute um sich rum zum gegenseitigen Helfen“, sagt Keller. So könne er beispielsweise ab und an die Hebebühne eines Freundes nutzen, was natürlich viele Arbeiten sehr erleichtern würde.

    Unterdessen hat Michael Keller eine weitere Garage geöffnet und stellt das Prachtstück seiner Sammlung vor: Der rote Alfa Romeo GT 1300 war schon früher sein absolutes Traumauto. Die Karosserie wurde von Giorgetto Giugiaro bei der Firma Bertone entworfen, weshalb der GT auch häufig nur mit „Bertone“ bezeichnet wird. Als er ihn entdeckte, stellte er im Fahrzeugbrief fest, dass der GT früher in Kaufbeuren zugelassen war. „Da war für mich klar, dass ich ihn kaufen musste“, erinnert sich Keller, der auch aus Kaufbeuren stammt. Kurzerhand verkaufte er sein damaliges Auto, einen 11er Porsche und bezahlte damit den Bertone.

    Voller Begeisterung zeigt er auf die Lederverkleidung im Cockpit. Die Kreuzstiche aus rotem Garn wurden von einem Sattler von Hand genäht, Zierleisten und Stoßstangen sind aus Edelstahl. „Das wird heute nicht mehr gemacht, weil es viel zu teuer wäre“, erklärt Keller.

    Gesellschaft leisten dem roten Flitzer ein blauer Fiat 500, Baujahr 1972 und ein VW-Käfer von 1969, der noch auf seine Restaurierung wartet. Den Fiat hatte Keller komplett zerlegt. „Der bestand fast nur noch aus Spachtelmasse. In die Rostlöcher waren alte Lappen gestopft und die Einstiege wurden von Besenstielen zusammengehalten.“ Nach unzähligen Arbeitsstunden sieht man das dem kugeligen Kleinod heute nicht mehr an.

    Die Autos der 60er und 70er faszinierten den leidenschaftlichen Sammler Keller schon seit frühester Jugend. Noch in Kaufbeuren kaufte er sich für 50 Mark einen alten Ford Consul. Zusammen mit einem Freund, der eine Autowerkstatt besaß, richtete er ihn wieder her. Dabei lernte er viele grundlegende Arbeiten, wie zum Beispiel das Schweißen.

    Bei den Prachtstücken von Michael Keller handelt es sich nicht nur um schön anzusehende, auf Hochglanz polierte alte Formen aus Metall auf zwei oder vier Rädern. Die Karossen strahlen den Charme und das Lebensgefühl ihrer Zeit aus. Und dies ist es ja vielleicht, was ein Sammler auch ein Stück weit festhalten und bewahren möchte. Doch irgendwie lässt sich das alles kaum in Worte fassen und verstehen tut es sowieso nur derjenige, der vom Virus der Sammelleidenschaft infiziert – und vom Flair vergangener Zeiten verzaubert ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden