Bildnerischer Zauber und mystische Kraft vereinen sich in diesen Fotografien auf einzigartige Weise. Es sind Bilder, die in den Bann ziehen. Die Sehnsucht wecken, in ihnen aufzugehen. Und allein schon der Titel über dieser Lichtbildkunst oszilliert zwischen unterschiedlichen Wirklichkeits – und Wahrnehmungsebenen: „Übergangenes _ Meerhimmelland. Bilder von Manfred Koch aus Paris und Sankt Peter-Ording“.
Manfred Koch legt mit diesem Katalog seine fotografischen Bilderwelten vor, die bereits in nationalen wie internationalen Einzelausstellungen für Aufmerksamkeit gesorgt haben. 2014 wurde der Bamberger in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen, seit 2019 gehört der bisherige hauptberufliche Leiter der Medienzentrale Bamberg dem Sektionsvorstand Bildung der DGPh an.
„Das Wichtigste ist, mit offenen Augen und offenem Geist und der Freude am Entdecken unterwegs zu sein“, bringt Koch seine Motivsuche auf den Punkt. Das Übergangene und Übersehene seien für ihn wichtige Themen. Das nicht vordergründig Schöne zu entdecken, es durch die mediale fotografische Darstellung ans Licht zu bringen, damit es vom Betrachter wahrgenommen werden könne, „ist ein kreativer Prozess, der eine eigene Dynamik entwickelt“, sagt Manfred Koch.
Fotografischer Blick
So bringt es der Fotokünstler fertig, dass banale Straßenüberwege Sinnbilder und Traumbilder freisetzen: Das Übergangene wird zur Metapher. Das „Übergangene“ sind in diesem Fall Zebrastreifen in Paris. In diesen profanen, teilweise abgenutzten und verwitterten Markierungen entdeckt Manfred Koch Kurioses, märchenhafte Gnome, figurative Fabelwesen. Sein fotografischer Blick holt mit der Kamera aus der bloßen Funktion eines Zebrastreifens kleine Fantasiewesen ans Licht.
Koch spielt mit Fläche, Punkt und Linie, hell-dunkel Kontrasten, expressiven und filigranen Linien. Auf den ersten Blick erscheinen diese Fotos wie abstrakte Zeichnungen, die eine Illusion vorgaukeln. Oder die Gedankenwelt der Surrealisten, die eine globale Erweiterung der Wirklichkeit anstrebten, indem sie auch Unbewusstes, Irrationales einbezogen.
Dass Manfred Koch mit der Kamera vor Augen mehr sieht als das Unmittelbare, beweist er auch mit seinem „Meerhimmelland“. Es sind ausdrucksstarke Fotografien vom uferlos zentrierten Horizont über der Nordsee. Erde und Himmel nähern sich einander an. Aufgelöste Grenzen zwischen den Elementen, feine Spielereien von Licht und Farbe berühren. Führen hinaus ins Transzendente. Erinnern an die Landschaftsmalerei des norddeutschen Romantikers Caspar David Friedrich und die impressionistische Verwandlung von Naturformen in Licht- und Farbwerte.
Spannungsvolles Zusammenspiel
Die Gegenüberstellung der beiden Werkkomplexe in einem Katalog birgt ein spannungsvolles Zusammenspiel. Manfred Koch gelingt es, hektisches Pariser Stadtleben in statischen Schwarz-weiß Bildern und die Ruhe, Einfachheit am Meer in pastellfarbene Kompositionen einzufangen. Dass er auch meisterhaft das Fotografieren mit verlängerten Belichtungszeiten oder mit einem Graufilter beherrscht, versteht sich von selbst. „Nix Photoshop!“ erklärt Koch kurz und bündig zu seiner Kunst.
Der 100-Seiten-Katalog im ungewöhnlichen Querformat und mit 85 Fotografien, Textbeiträgen verschiedener Autoren sowie Gedichten von Erich Fried und Rolf-Bernhard Essig ist im Erich Weiß Verlag Bamberg erschienen und kostet 15 Euro. ISBN 978-3-940821-77-5.