Wolfgang Busch sitzt mit seinen Kollegen Dienstgruppenleiter Wolfgang Schmitt und Ermittlungsgruppenleiter Joachim Wolf in der Kantine der PI Haßfurt. Vor sich hat er einen Ausdruck liegen, darauf stehen Zahlen, allesamt einstellig. Sie erfassen die Fälle, in denen Beamte der PI Haßfurt bei Verkehrsteilnehmern Anzeichen von Drogenkonsum entdeckt hatten und daraufhin eine Blutentnahme anordneten.
Eine weitere Statistik erfasst die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Drogen im Spiel waren: zwei Fälle im Jahr 2005 (ein Verletzter), drei Fälle im Jahr 2006 (ein Verletzter). Im laufenden Jahr (bis Ende Juli) gab es noch keinen Drogen-Unfall.
Wenn man zum Vergleich die Anzahl von Blutentnahmen im Zusammenhang mit vermuteten Trunkenheitsfahrten heranzieht, erscheint die Drogenproblematik im Straßenverkehr gering: 94 mutmaßliche Alkoholsünder wurden im Bereich der PI Haßfurt 2006 zur Ader gebeten, in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres waren es sogar schon 143.
Wolfgang Busch warnt dennoch davor, die Drogen-Problematik zu verharmlosen. Im Gegenteil: „Drogen spielen bei uns zunehmend eine gefährliche Rolle im Straßenverkehr, gerade bei jungen Fahrern bis 30 Jahre.“ Vor allem Cannabis-Produkte und sogenannte Designerdrogen, wie Ecstasy und andere in Labors gemixte Drogen, seien verbreitet, erklärt Joachim Wolf.
Anders, als bei alkoholisierten Fahrern, die bei Verkehrskontrollen oft schon ihre „Fahne“ verrät, sind Drogenkonsumenten hinterm Steuer für die Polizisten oft nicht sofort erkennbar. „Entscheidend ist hier meist der Gesamteindruck, oder erweiterte Pupillen, auffälliges Benehmen, zusammenhanglose Diskussionen oder unmotiviertes Gekicher“, sagt Wolfgang Busch. Markante Zeichen, wie Einstichstellen an den Armen, seien seltene Ausnahmen. „Ein Glücksfall für uns ist es natürlich, wenn wir im Auto Drogen finden. Da ist die Sache klar“, ergänzt Ermittlungsgruppenleiter Wolf.
Fahrern mit Verdacht auf Drogenkonsum wird ein freiwilliger Urintest angeboten, beschreibt Wolfgang Schmitt das folgende Prozedere. Einige Tropfen genügen, die auf einen kleinen Teststreifen geträufelt werden. Bei Männern funktioniert das teilweise gleich vor Ort, am Straßenrand, Frauen werden auf jeden Fall mit auf die Dienststelle gebracht.
Mit dem Urintest können Opiate, Amphetamine, THC (Wirkstoff des Cannabis), Kokain, kurz fast die ganze Palette dessen festgestellt werden, was Menschen sich an berauschenden Stoffen spritzen, inhalieren oder als Tabletten einwerfen. Fällt der Test positiv aus, oder gibt es andere eindeutige Anzeichen auf Drogenkonsum, folgt unweigerlich die Blutentnahme durch einen Arzt. Wenn sich der Verdächtige dagegen wehrt, kann ihn die Polizei vorläufig festnehmen und notfalls zum Aderlass zwingen. Eines richterlichen Beschlusses bedarf es hierzu nicht.
Die Blutentnahme ist deshalb notwendig, weil allein das Laborergebnis der Blutuntersuchung vor Gericht verwertbar ist. Wie beim Test mit dem Alkomaten ist der Drogen-Urintest nicht exakt genug, kann vor allem nicht anzeigen, wann der Drogenkonsum stattfand, da sich die Wirkstoffe oft lange Zeit im Körper erhalten.
Gelten für alkoholisierte Verkehrsteilnehmer bestimmte Promille-Grenzwerte, die das Strafmaß beeinflussen – beispielsweise ist ein Fahrer ab 1,1 Promille juristisch gesehen „absolut fahruntüchtig“ –, gibt es solche Werte für Drogenkonsum nicht, sagt Wolfgang Schmitt. „Eine aufgedeckte folgenlose Fahrt unter Drogeneinfluss wird als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einer Geldbuße von 250 Euro und einem Monat Fahrverbot geahndet. Wenn es bei einer Drogenfahrt zu Ausfallerscheinungen des Fahrzeuglenkers kommt, ist die Grenze zur Straftat überschritten. Hier drohen ein halbes bis ein dreiviertel Jahr Fahrverbot sowie eine Geldstrafe in Höhe von etwa einem Monatsgehalt“, so Schmitt.
Was Joachim Wolf und seine Kollegen am meisten beunruhigt, sind seinen Worten nach trotz der noch niedrigen Fallzahlen die Grundverbreitung der Drogendelikte im Straßenverkehr auf die Fläche. „Das ist schon lange kein alleiniges Problem städtischer Zentren mehr, auf dem flachen Land werden genauso verbreitet Drogen genommen“, berichtet Wolf. Und: „Die Konsumenten werden immer jünger.“ In die Verantwortung genommen sehen die Beamten vor allem die Eltern. „Sie bilden das soziale Umfeld der Jugendlichen, das erkennen muss, ob Drogen genommen werden.“
Beratungsstellen, beispielsweise die Suchtberatung der Caritas in Haßfurt, helfen unsicheren Eltern. Die Polizei darf hier nur allgemeine Hinweise geben. Wenn sie den Verdacht hat, dass jemand Drogen nimmt, dann ist sie gezwungen, Anzeige zu erstatten und dem Fall nachzugehen.
Bei Drogenkonsum geht es um viel mehr, als um den drohenden Verlust des Führerscheins – wenn man erwischt wird. „Die Beschaffungskriminalität, Diebstähle, Autoaufbrüche, Betrügereien – das ist ein ganzer Rattenschwanz, den der Drogenkonsum nach sich zieht. Oft endet das mit dem Verlust von Wohnung und Job“, sagt Wolfgang Busch.