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KLEINSTEINACH: Ein Oldtimer mit zwei Reifen

KLEINSTEINACH

Ein Oldtimer mit zwei Reifen

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    130 Jahre trennen diese Fahrräder: Das historische Fahrrad Georg Lindner ist aus Stahl gebaut – ganz im Gegensatz zum Rad seines Enkels Benedikt.
    130 Jahre trennen diese Fahrräder: Das historische Fahrrad Georg Lindner ist aus Stahl gebaut – ganz im Gegensatz zum Rad seines Enkels Benedikt. Foto: Foto: Anna Baum

    Zwischen dem Zweirad, auf dem Georg Lindner sitzt, und dem Fahrrad seines Enkels Benedikt liegen über 130 Jahre. Lindners Fahrrad, das größtenteils aus Stahl produziert wurde, ist ein richtiger Oldtimer: Sein Baujahr wird auf das Jahr 1884 datiert. Beim Kreistreffen der Bulldog-Oldtimerfreunde Haßberge am Samstag, 27. bis 28. August wird der begeisterte Oldtimerfreund und Veranstalter des Treffens zwei Fahrräder seiner Sammlung zeigen.

    Das Rad aus dem 19. Jahrhundert ist voll fahrtüchtig. Bei Georg Lindner ist es im Alltag oft im Einsatz. Regelmäßig werde er von Leuten darauf angesprochen, warum er mit dem Fahrrad noch fährt. „Die Leute sagen dann: Um Gottes Willen, so 'was kriegt man nie mehr. Eigentlich muss das ins Museum“, erzählt Georg Lindner. Er will das Fahrzeug jedoch nutzen: „Ich fahr' damit zum Dorfladen und zum Friedhof zum Gießen.“ Deswegen kommt es auch mit zu Oldtimer-Treffen. Denn durch den Bezug, den viele Leute zum Fahrrad haben, stößt das historische Zweirad jedes Mal auf großes Interesse. „Einen Bulldog hat nicht jeder, aber ein Fahrrad“, so der Oldtimer-Begeisterte.

    Ein Fahrrad aus dem 19. Jahrhundert ist im Vergleich zu einem modernen Fahrrad eher rudimentär: Es hat zum Beispiel keinen Freilauf, denn 1884 kannte man den Feilauf noch nicht. Erst einige Jahre später wurde diese Technik in Oberndorf bei Schweinfurt durch die Firma Fichtel und Sachs erfunden. Daher drehen die Pedale bei Lindners Fahrrad beim Fahren ständig mit. Bergab müssen die Füße auf die Vordergabel abgestellt werden, weil der Fahrer sonst mitstrampeln muss. Gebremst wird mit einer Schnabelbremse, die das Vorderrad stoppt.

    Fundstück aus dem Ellertshäuser See

    Datiert wurde das Fahrrad vom Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau. Eigentlich wollte Georg Lindner einen Oldtimer-Bulldog in der Nähe des Ellertshäuser Sees kaufen. Nach dem Kauf zeigte die Bäuerin Georg Lindner ihrer Meinung nach noch „so ein Schrottding“. Das Fahrrad hatte das Rentnerehepaar aus dem Ellertshäuser See geborgen. „Kaputt waren die beiden Holzlenker. Natürlich waren dann auch keine Vollgummireifen mehr auf dem Fahrrad“, erinnert sich Georg Lindner. Weil es jahrelang im Morast gelegen war, ist es relativ gut erhalten. Sichtbar werde das bei den Pedalen, die ursprünglich aus Schweinsschwarte gebaut waren.

    Diejenige, die nicht aus dem Boden herausragte, ist noch voll erhalten. Die andere Pedale hat Georg Lindner selbst nachgebaut, was dem begabten Bastler leicht von der Hand ging.

    Schwierigkeiten stellte nur die Neubeschaffung der Vollgummireifen dar. „Ich war dann extra in Frankreich, weil es hieß, dass man dort alles bekommt“, sagt Georg Lindner. Dort hat er viel gefunden – darunter auch Holzräder – nur keine Vollgummireifen. Letztendlich hat er die passenden Reifen bei einer Druckluftschlauchfirma entdeckt. Dort gab es Schläuche ohne Bohrung als Abfall. Perfekt für Georg Lindner, der sich aus den Abfällen der Schlauchfabrik die Reifen selbst gebaut hat.

    Ein Händchen für Maschinen mit Geschichte hat der 64-Jährige schon seit seiner Kindheit. Weil er auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, hatte er schon immer mit Bulldogs und Dreschmaschinen Kontakt, und nicht selten an den Maschinen herumgeschraubt. So entstand eine Leidenschaft, die den Betriebswirt bis zum Rentenalter auf Trap hält. Während seines Berufslebens war das Schrauben an den Maschinen am Feierabend laut Lindner genau das Richtige zum Runterkommen. Jetzt gehören mehrere Bulldogs und Dreschmaschinen zu seiner Sammlung. Einen Teil davon stellt er auf dem Kreistreffen der Oldtimerfreunde Haßberge an diesem Wochenende aus.

    Da wird auch ein weiteres Oldtimer-Fahrrad von Georg Lindner zu sehen sein. Insgesamt besitzt der Sammler fünf Räder, die man als „Oldtimer“ bezeichnen kann. Genaue Regelungen, wie bei Landmaschinen und Autos, gebe es bei Rädern nicht. Neben Rädern von Miele besitzt er auch ein Laufrad aus Holz, mit dem sein Enkel Benedikt durch den Hof fährt – und das mit viel Anstrengung. Georg Lindner möchte in dieser Generation auch ein Bewusstsein für das Alte schaffen.

    Fahrradfahren vor 130 Jahren

    Früher spielten Fahrräder eine ganz andere Rolle. Nach den Unterlagen von Georg Lindner wurde das Fahrrad damit beworben, dass man für die selbe Strecke zu Fuß mehr Kalorien verbrauchen würde, als mit dem Fahrrad. In Zeiten von Hunger und Lebensmittelknappheit ein gutes Argument für das Fahrzeug. Trotzdem: In der Anschaffung war ein solches Fahrzeug sehr teuer. Außerdem gab es viele Vorschriften, die das Fahrradfahren genauer regelten als heute. Wann genau geklingelt werden musste, war dort genauso vorgeschrieben, wie die Mitnahme einer Laterne. Außerdem musste eine Art „Führerschein“ wegen des Gefahrenpotenzials abgelegt werden. Doch im Vergleich zu heute sind die Menschen damals sehr langsam gefahren.

    Immer wieder stößt Georg Lindner mit seinen Drahteseln auf Begeisterung. Nicht selten hat er seine Räder schon für verschiedene Fahrradtouren verliehen. Außerdem wurden ihm viele tausend Euros für mehrere seiner Räder geboten – doch ohne Erfolg. Verkaufen kommt für den Liebhaber aus Kleinsteinach nicht in Frage.

    Das Oldtimertreffen Für das das Kreis-Bulldog-Oldtimertreffen der Bulldog Oldtimerfreunde Haßberge am 27. und 28. August in Kleinsteinach haben sich die Veranstalter das Thema „Getreideernte – früher und heute“ ausgedacht. Deswegen werden Dreschmaschinen und Mähdrescher auf dem FC-Gelände ausgestellt. Georg Lindner wird mit seinen Bulldogs und zwei seiner historischen Fahrräder dort ebenfalls vertreten sein. Programm am Samstag: 14 Uhr: Eintreffen der Fahrzeuge 18 Uhr: Diverse Aktivitäten 20 Uhr: Abendunterhaltung mit den Humprechtshäuser Dorfmusikanten 23 Uhr Vorglühen der Lanz-Bulldogs Programm am Sonntag: 9 Uhr: Eintreffen der Fahrzeuge, Frühschoppen, Mittagstisch, Bauernmarkt, Kinderprogramm, Dreschvorführung, Teilemarkt 16 Uhr: Bulldog zu gewinnen

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