Neuer Monat, altes Spiel: Zum zweiten Mal hat der Knetzgauer Gemeinderat eine Mitteilung in den "Gemeinderatsnachrichten" veröffentlicht – und schießt darin erneut gegen Bürgermeister Stefan Paulus (CWG/SPD). Anders als beim letzten Mal gibt es das Schreiben an die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde, das am Samstag veröffentlicht worden ist, nun nicht mehr in gedruckter Form, sondern ausschließlich digital.
Die Verfasserinnen und Verfasser – dabei handelt es sich fraktionsübergreifend um alle 20 Gemeinderätinnen und -räte – begründen ihr Vorgehen damit, dass sie die Veröffentlichung aus eigener Tasche zahlen müssten. Und auch, dass das Rathaus, und damit auch Paulus, ihnen den Abdruck im offiziellen Amtsblatt nicht erlaubt habe.
Auch die stellvertretenden Bürgermeister Stefan Seubert (CSU) und Susanne Haase-Leykam (CWG) haben ihren Namen unter das Schreiben gesetzt. Offenbar scheint Paulus nun alleine dazustehen, wenden sich nicht nur seine beiden Stellvertreter gegen ihn, sondern auch die Kolleginnen und Kollegen der eigenen Fraktionen.
Die Probleme aus Sicht des Gemeinderats
Die Gemeinderatsnachrichten sind nicht mit dem Mitteilungsblatt der Gemeinde Knetzgau zu verwechseln: Während es sich bei letzterem um das offizielle Amtsblatt der Kommune handelt, in der Anzeigen, Termine und Veranstaltungsberichte erscheinen, sind die Gemeinderatsnachrichten eine eigene Plattform der Ratsmitglieder. Sie sollen den Bürgerinnen und Bürgern die kommunalpolitischen Hintergründe und Probleme aus Sicht der am Ratstisch vertretenen Fraktionen darlegen.
Auf zwei Seiten führen die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte dieses Mal an, weswegen sie sich dazu entschlossen haben, ein zweites Schreiben zu veröffentlichen. Und die Gründe sind nicht nur reichlich, sondern auch vielfältig; ihre Ursprünge liegen teils bereits mehrere Jahre zurück.
Paulus soll Gesprächsangebote immer wieder abgelehnt haben
Einer davon: das Gremium sehe keine andere Möglichkeit, seine Sorgen publik zu machen, da der Bürgermeister "etliche Gesprächsangebote und Nachfragen" der Mitglieder abgelehnt habe, heißt es in dem Schreiben. Ein weiterer Grund sei die Sitzung des Gremiums Anfang Oktober, in der es um die Anpassung der Hebesteuersätze ging.

Das Gremium habe einen moderaten Weg vorgeschlagen – und wollte weniger Gebühren anheben, als Bürgermeister und Verwaltung vorgeschlagen hatten, erläutern die Fraktionsmitglieder in den Gemeinderatsnachrichten. Und der Alternativvorschlag ist letztlich auch so beschlossen worden: Statt einem Plus von 200.000 Euro hat die Gemeinde künftig nur rund 100.000 Euro mehr in der Rathauskasse liegen – schont damit aber die Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger.
Schwierige Zeiten und Ungewissheit in der Bevölkerung
Im selben Zug kritisieren sie die Aussagen des Bürgermeisters, der davor gewarnt hatte, dass die geringe Anhebung die Zwangsverwaltung der Gemeinde oder die Schließung von Kindergartengruppen zur Folge haben könnte. Eine Aussage, die der Gemeinderat für übertrieben hält. "Die Zeiten sind sowieso schon nicht leicht und die Ungewissheit verunsichert viele", teilen die Mitglieder mit.
Eine Auffassung, die derzeit vermutlich viele Bürgerinnen und Bürger der Maingemeinde teilen – nicht zuletzt, weil Gemeindeoberhaupt Stefan Paulus ohne den Gemeinderat zu informieren überraschend angekündigt hatte, bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr als Bürgermeisterkandidat anzutreten.
Gremium sieht sich in der Pflicht zu handeln
In seinem Schreiben dreht das Gremium auch die Uhr zurück. 2022 hatte der Gemeinderat die Entlastung des Haushalts 2019 abgelehnt, nachdem aufgefallen war, dass Zahlungen an eine Unternehmensberatung über Leistungen zur Öffentlichkeitsarbeit ohne Beschluss getätigt worden waren.

Die Folge: Der Rechnungsprüfungsausschuss habe sich ans Landratsamt gewandt, um die Konsequenzen abzuklären. "Gerade angesichts der angespannten Haushaltslage" sehe sich das Gremium hier in der Pflicht zu handeln. Nun könnte, wird Antrag und Beschluss in der Sache stattgegeben, mittels Anwalt geklärt werden, ob sich hier Ansprüche für die Gemeinde ergeben.
Falscher Eindruck für die Allgemeinheit
Und dann legen die Rätinnen und Räte noch eins drauf: sie kündigen an, die Geschäftsordnung, die die Arbeitsprozesse im Gemeinderat regelt, nachbessern zu wollen. Damit, so hoffen sie, soll nicht nur die derzeitige Situation im Gremium verbessert werden. Sondern es soll auch dafür sorgen, dass das Gremium für die Zeit nach der nächsten Kommunalwahl besser gerüstet ist.
"Dass demokratische Prinzipien das oberste Gebot sind, steht für uns alle außer Frage", machen die Ratsmitglieder klar. Es sei sehr gefährlich, wenn die Allgemeinheit den Eindruck gewinne, einzelne Personen könnten sich über gemeinsam festgelegte Regelungen hinwegsetzen und über ein gesamtes Ratsgremium bestimmen.

Im Schreiben ist es der letzte Hieb gegen Paulus, der in den vergangenen Wochen recht kurzfristig die Sitzungszeiten des Gemeinderats verlegt hatte. Was in einem Fall dazu geführt hatte, dass das Gremium nicht beschlussfähig war. Das hätte Paulus im Vorfeld wissen müssen, wurde dem Bürgermeister damals vorgeworfen.
Bürger haben Anspruch auf die volle Wahrheit
Auf Nachfrage der Redaktion erklärt Bürgermeister Stefan Paulus, dass er für Anfragen und Gespräche – anders als es vom Gremium in den Gemeinderatsnachrichten dargestellt wird – selbstverständlich bereitstehe. "Jedoch sind meine Ressourcen und die einer Verwaltung begrenzt, und man kann deshalb nicht allen Anliegen gerecht werden", teilt der Bürgermeister mit.
Auch, dass der Gemeinderat geschlossen gegen ihn sei, sehe er anders. "Die letzten Beschlüsse im Gemeinderat machen das deutlich", begründet er. Ein Antrag zur Änderung von Angelegenheiten der Geschäftsordnung liege derzeit im Rathaus nicht vor.
"Die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf die volle Wahrheit."
Stefan Paulus, Bürgermeister Knetzgau
Paulus teilt mit, dass das Schreiben nicht die volle Wahrheit enthalte. "Zu gegebener Zeit, an geeigneter Stelle, werde ich dazu Stellung nehmen", so Paulus, der erklärt, dass er von der Veröffentlichung der zweiten Mitteilung nichts gewusst habe. "Die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf die volle Wahrheit." Welche das ist, lässt Paulus in der Antwort an diese Redaktion offen. Und bis es zu einer Stellungnahme kommt, wird es vermutlich auch noch etwas dauern.
Veranstaltung wegen Krankheit abgesagt
Eigentlich wollte der Bürgermeister am Mittwochabend, 6. November, eine Infoveranstaltung in der Dreiberg-Schule in Knetzgau abgehalten – und dabei über die aktuelle finanzielle Situation der Gemeinde sowie das geplante Bauvorhaben des neuen Bauhofs informiert. Die Veranstaltung ist am Dienstag vom Rathaus kurzfristig abgesagt worden, wegen Erkrankung des Bürgermeisters.