Kinderarzt Dr. Andreas Schloßbauer (Bad Kissingen) hat alle fünf Wochen Bereitschaftsdienst. Patienten, die außerhalb der Sprechzeiten etwa an Wochenenden und Feiertagen dringend einen Kinderarzt benötigen, können dann zu ihm in die Praxis kommen. „Die Dienstfrequenz ist enorm hoch“, sagt Schloßbauer. Gleiches gilt für die Arbeitsbelastung. Die Wartezimmer sind während der Bereitschaft immer voll.
Schloßbauer teilt sich mit vier weiteren Kollegen aus Bad Kissingen, Hammelburg, Bad Neustadt und Bad Königshofen den kinderärztlichen Notdienst. Die Mediziner versorgen im Wechsel Patienten aus den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld. Zwei Kollegen, so Schloßbauer, werden dabei in den nächsten Jahren aus dem Bereitschaftsdienst ausscheiden, weil sie die Altersgrenze von 62 Jahren erreichen. Ob es Ersatz gibt, ist ungewiss. Das stellt die Kinderärzte vor die Frage: „Wie schaffen wir es, den kinderärztlichen Notdienst aufrecht zu erhalten?“
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) arbeitet mit den Medizinern aus der Region an einer Lösung. „Wir werden den kinderärztlichen Bereitschaftsdienst zentralisieren“, erklärt Ernst Schlereth von der unterfränkischen Geschäftsstelle der KVB. Die Reform sieht vor, den Notdienst für die Region Main Rhön zu bündeln. An der Kinderklinik des Leopoldina Krankenhauses in Schweinfurt wird eine feste Bereitschaftspraxis eingerichtet, in der vier Landkreise versorgt werden.
Dort versehen wohl ab Februar Kinderärzte aus Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt und Haßberge ihren Dienst. An den Sprechstunden in den heimischen Praxen ändert sich dadurch nichts.
Die KVB sieht viele Gründe, die die Neuerung nötig machen. „Wir haben das Problem, dass die Dienstgruppen kleiner geworden sind und die Arbeitsbelastung für den Arzt zugenommen hat“, berichtet Dr. Christian Pfeiffer, Vorstandsbeauftragter der KVB für Unterfranken. Das gilt sowohl für den kinderärztlichen wie auch für den Bereitschaftsdienst auf dem Land. Ältere Ärzte scheiden aus, jüngere Ärzte wehren sich gegen die hohe Belastung. Sie lassen sich bevorzugt in gutversorgten Gebieten nieder, in denen sie seltener am Wochenende arbeiten.
„Um Nachwuchs zu finden, muss das Problem angegangen werden“, so Pfeiffer. Konsequenz: Um die Mediziner im Bereitschaftsdienst zu entlasten, müssen die Dienstgruppen vergrößert und größere Versorgungsgebiete gebildet werden. Vom Gesetzgeber ist vorgegeben, dass feste Bereitschaftspraxen an Krankenhäusern eingerichtet werden. Die Kliniken übernehmen in dem Konzept den Nachtnotdienst, während die niedergelassenen Ärzte tagsüber die komplette Bereitschaft leisten.
Die KVB verspricht sich von der Neuregelung viele Vorteile für die Ärzte. Diese hätten dadurch mehr freie Wochenenden, weniger Dienste und generell nachts frei. Schloßbauer sieht das positiv. Gerade die Befreiung vom Nachtdienst hält er für eine Verbesserung. Allerdings geht er davon aus, dass durch die Reform die Arbeitsbelastung für den diensthabenden Arzt ansteigt, weil eine Bereitschaftspraxis in Zukunft für deutlich mehr Patienten zuständig ist. Die Lösung sei zwar nicht ideal, trotzdem hält er die Änderung für zwingend. „Für Patienten ist es eine teilweise Verschlechterung, weil für manche die Wege länger werden“, sieht Pfeiffer einen Kritikpunkt. Allerdings gibt es auch Vorteile: Patienten haben zu festen Öffnungszeiten eine feste Anlaufstelle, an die sie sich wenden können.
Wem die Anfahrt ins Leopoldina zu weit ist, dem bleibt die Möglichkeit, den allgemeinen Bereitschaftsdienst in einer nähergelegenen Praxis in Anspruch zu nehmen.
Dem Bereitschaftsdienst steht bayernweit eine Reform bevor. Dienstgruppen und Versorgungsgebiete werden vergrößert und zentrale Bereitschaftspraxen an Kliniken eingerichtet. Außerdem wird es separate Fahrdienste für Hausbesuche geben. Derzeit wird das neue System in acht Pilotregionen getestet.
„In den Regionen ist die Rückkopplung sehr positiv“, berichtet Pfeiffer. Die Dienstbelastung bei Ärzten sei von 400 Stunden Bereitschaftsdienst im Jahr auf 80 zurückgegangen. Die Umsetzung ist für 2018 angekündigt. Laut Pfeiffer werden dann 80 zum Notdienst verpflichtete Ärzte aus Bad Kissingen mit 60 Kollegen aus Rhön-Grabfeld zu einer Dienstgruppe zusammengefasst. In jedem Landkreis ist eine Bereitschaftspraxis geplant.