Für Außenstehende mag dieses Vorgehen seltsam wirken: Am Dienstag musste der Bauausschuss der Stadt Haßfurt erneut über einen Bauantrag abstimmen, über den er bereits im November befunden hatte – obwohl sich an der Situation und den Voraussetzungen seitdem nichts geändert hat. Dabei ging es um ein umstrittenes Projekt: Eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete am Moosanger. Wie schon im November lehnte das Gremium den Antrag auch diesmal ab. Dass diese Entscheidung das Bauvorhaben verhindert, ist allerdings nicht zu erwarten.
CSU wollte im Ausschuss ein Zeichen setzen
Denn die Entscheidung über den Bauantrag liegt letztlich beim Landratsamt. Aufgabe der Standortkommune ist in solchen Fällen lediglich, zu prüfen, ob bauplanungstechnische Gründe vorliegen, die gegen die Flüchtlingsunterkunft sprechen. Was die Ratsmitglieder allgemein von der Flüchtlingspolitik halten oder ob sie einen anderen Standort für die Unterkunft für geeigneter halten, darf dabei keine Rolle spielen – so zumindest die rechtlichen Vorgaben.
Dass diese Themen aber für viele Mitglieder des Haßfurter Bauausschusses doch eine Rolle spielten, wurde bereits in der Diskussion vor der ersten Abstimmung im November deutlich. Denn dort ging es kaum um baurechtliche Fragen, sondern vor allem darum, was es für die Stadt bedeuten würde, wenn Geflüchtete an den Moosanger ziehen. Gerade die Ausschussmitglieder der CSU machten damals kein Geheimnis daraus, dass es ihnen bei der Ablehnung des Projekts vor allem darum ging, ein Zeichen zu setzen.
Eine Entscheidung, die "jeder mit seinem Gewissen vereinbaren muss"
Damals stimmten sechs Ausschussmitglieder für und sechs gegen die Flüchtlingsunterkunft. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt, somit gab es also kein Einvernehmen der Stadt Haßfurt mit dem Bauvorhaben. Was danach folgen würde, war damals schon absehbar, und genauso kam es dann auch: Das Landratsamt kam bei seiner baurechtlichen Prüfung zum Ergebnis, dass das Bauvorhaben zulässig sei. Somit landete das Thema wieder beim Haßfurter Bauausschuss, der – wie es das Verfahren vorsieht – nun zum zweiten Mal über den gleichen Antrag abstimmen musste.

Anja Gaukler (Wählergemeinschaft) sprach im Bezug auf die Flüchtlingsunterkunft von "etwas, das keiner will, aber das gemacht werden muss". Michael Schlegelmilch (CSU) sprach von einer Entscheidung, die "jeder mit seinem Gewissen vereinbaren muss".
Das Ergebnis war letztlich fast das gleiche wie im November: Diesmal wurde das Vorhaben mit 5:6 Stimmen abgelehnt. Hachem Farmand (parteilos), der im November ebenfalls gegen das Einvernehmen gestimmt hatte, war am Dienstag nicht in der Sitzung.
Wenn Stadträte sich für unpopuläre Entscheidungen rechtfertigen müssen
Dass dieses Abstimmungsergebnis die Flüchtlingsunterkunft dennoch nicht verhindern dürfte, machte Bernhard Leuner von der Bauverwaltung klar: "Wir entscheiden nur über das gemeindliche Einvernehmen, das Landratsamt über den Bauantrag." Sprich: Die Kreisbehörde hat nun die Möglichkeit, den Bau auch gegen den Willen der Kreisstadt zu genehmigen.

Kritik daran kam von Jürgen Kehrlein (CSU). Über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes, die für die Entscheidung zuständig sind, sagte er: "Die müssten genauso in der Öffentlichkeit stehen wie wir." So werde er als gewählter Politiker auf der Straße auf die Entscheidungen des Stadtrates angesprochen und müsse sich dafür rechtfertigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden könnten hingegen unpopuläre Entscheidungen treffen, ohne dafür öffentlich geradestehen zu müssen.
Ein weiterer Kritikpunkt des CSU-Stadtrates war die Verteilung der Geflüchteten auf die verschiedenen Teile des Landkreises. "Die Mainachse hat schon sehr viele aufgenommen", sagte Kehrlein. In anderen Teilen des Kreises seien dagegen bisher kaum Menschen untergebracht worden.
Widerstand aus der Nachbarschaft der Gemeinschaftsunterkunft
Zudem kritisierte er, dass laut Ausführungen des Landratsamtes der Flüchtlingsunterkunft keine nachbarlichen Interessen entgegenstünden. Diese Behauptung sei falsch, betonte Kehrlein: "Zum Einvernehmen der Nachbarn steht da, dass es so ist. Ich weiß aber genau, dass es so nicht ist." So wisse er durchaus von Anwohnerinnen und Anwohnern des Moosangers, die der Flüchtlingsunterbringung kritisch gegenüberstehen.
Dass sich in der Nachbarschaft tatsächlich Widerstand gegen das Bauvorhaben regt, wurde auch in den beiden Sitzungen des Bauausschusses deutlich. Diese fanden im kleinen Saal der Stadthalle statt, der mehr Platz für Zuschauerinnen und Zuschauer bietet als der Sitzungssaal des Rathauses. Im November waren es rund 40 Personen – darunter einige Anwohnerinnen und Anwohner des Moosangers –, die die Sitzung verfolgten und auch teilweise mit Zwischenrufen ihren Unmut deutlich machten.
Applaus für den Stadtratsbeschluss und eine Ermahnung vom Bürgermeister
Diesmal waren es nur etwa zehn Zuschauerinnen und Zuschauer, die auf Zwischenrufe verzichteten. Dennoch: Als klar war, dass der Bauausschuss den Bauantrag mehrheitlich abgelehnt hatte, war von den Zuschauerplätzen aus Applaus zu hören, woraufhin Bürgermeister Günther Werner (Wählergemeinschaft) sie ermahnte, dass derartige Meinungsbekundungen nicht zulässig seien.
Dass das Landratsamt den Bau dennoch genehmigen wird, gilt als sicher. Michael Spies (Wählergemeinschaft) brachte daraufhin die Möglichkeit ins Spiel, dass die Stadt gegen den Beschluss klagen könnte.

Das war zuletzt auch in Theres geschehen – mit dem Unterschied, dass es dort nicht um einen Neubau ging, sondern um die Nutzung eines bestehenden Gebäudes. So hatte dort der Gemeinderat eine Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Gasthof Schafhof abgelehnt, das Landratsamt hatte sie dennoch genehmigt, wogegen die Gemeinde klagte. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg in dieser Sache steht noch aus. Den Antrag der Gemeinde auf aufschiebende Wirkung, der verhindern sollte, dass schon vor einem Urteil Geflüchtete in den Schafhof einziehen dürfen, hat das Gericht vor wenigen Tagen abgelehnt.