In trockenen Tüchern ist der Deal noch nicht, doch schon die Pläne dürften in der Branche ein kleines Beben ausgelöst haben. Vier familiengeführten Autohäuser aus ganz Deutschland streben zum 1. Januar 2023 eine Fusion an. Unter ihnen Gelder & Sorg aus dem unterfränkischen Landkreis Haßberge.
Die neu entstehende Handelsgruppe, zu der außerdem Marnet, Göthling & Kaufmann sowie die Best Auto-Familie zählen würden, möchte ihr Marktgebiet "entlang des Mains von Wiesbaden im Westen bis Coburg im Osten" durchgehend verbinden. So heißt es in einem gemeinsamen Papier. Gelingt der Zusammenschluss, könnte das Quartett beim Absatz Platz drei der größten unabhängigen deutschen Volkswagen-Händler einnehmen, sagen Experten. Schätzungsweise 40.000 Fahrzeuge an 40 Standorten würden die Häuser dann gemeinsam vermarkten.
14 Filialen an neun Standorten in Unterfranken
"Wir wollen die Weichen für die Zukunft stellen", erklärt Norbert Sorg, neben Rainer Hart Geschäftsführer des Händlers aus dem Haßbergkreis. Die Filiale in Ebern hat Sorg 1985 von seinem Vater übernommen. "Das ist ein Lebenswerk", sagt der 61-Jährige zu den 14 Autohäusern, die er inzwischen mit seinem Geschäftspartner an neun Standorten in Ober- und Unterfranken betreibt. "Dieses Lebenswerk soll weitergeführt werden."

Marktkonzentration im Autohandel nimmt laut Studie zu
Doch dafür braucht es die richtige Strategie. Die Branche ist nicht für Barmherzigkeit bekannt, sie straft die Schwachen. Das zumindest unterstreicht eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung, dem Förderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, von August 2021: Demnach werden sich "die Konsolidierungs- und Konzentrationsprozesse in den nächsten Jahren nicht nur fortsetzen, sondern beschleunigen". Vor allem kleinere und mittlere Händler in Großstadtregionen würden zunehmend von "großen Autohandelsgruppen verdrängt beziehungsweise übernommen, die den Markt immer stärker dominieren", prognostizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Pandemie sehen sie als "Brandbeschleuniger" dieses Prozesses.
"Die Konzentrationsprozesse werden sich in den nächsten Jahren nicht nur fortsetzen, sondern beschleunigen."
Studie der Hans-Böckler-Stiftung
In Haßfurt und Ebern möchte man deshalb lieber nicht zu den Kleinen zählen. Und die Firmengeschichte zeigt, Fusion und Expansion sind hier nicht neu. Schon 1999 beschlossen die Häuser Sorg aus Ebern und Gelder aus Haßfurt künftig gemeinsame Sache zu machen. "Wie heute auch fand schon damals ein großer Transformationsprozess in der Branche statt", sagt Norbert Sorg. Damals hätten die Hersteller daran gearbeitet, Exklusivität herzustellen. Händler hätten in der Folge auf den Vertrieb mehrerer Marken verzichten müssen. Jene, die diesen Prozess nicht überlebten, wie etwa 2006 die Konkurrenz in Lichtenfels oder 2013 in Coburg, verleibte sich Gelder & Sorg ein – und stieg nach und nach auf zu einem Schwergewicht in der Region.
Neue Anforderungen durch das Ende des Verbrenners
In den vergangenen 22 Jahren sind so aus zwei Autohäusern mit dem Namen Gelder & Sorg 14 geworden. Inzwischen sorgt die Digitalisierung auf dem Absatzmarkt für erneuten Anpassungsdruck. Größe alleine hilft nicht mehr, wenn findige Anbieter Vertrieb und Vermittlung in die Online-Welt verlagern. "Wir haben gesagt, wir bündeln das Wissen und die Kräfte", sagt Sorg und meint damit auch das Kapital für anstehende Investitionen in die Digitalisierung, in gemeinsame Ausbildungsprozesse für Fachkräfte oder in Antriebstechnik von morgen.

Ab 2035 sollen Verbrenner-Fahrzeuge der Vergangenheit angehören, so will es die Europäische Union (EU). Volkswagen, dessen Marken die künftige Handelsgruppe vorwiegend vertreibt – darunter Audi, SEAT, Škoda –, möchte eigenen Aussagen zufolge in Europa bereits zwei Jahre früher aussteigen. Und das Geschäft mit den E-Fahrzeuge ziehe an, sagt Sorg: Rund ein Viertel der verkauften Autos sei inzwischen rein elektrisch angetrieben. Diese Umstellung stelle auch die Auto-Händler und ihre Werkstätten vor Herausforderungen.
Kein Stellenabbau im Hause Gelder & Sorg geplant
Welche Veränderungen wird es bei Gelder & Sorg nun geben? Welche Folgen wird die Fusion für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens haben? Keine negativen, sagt Geschäftsführer Sorg. Zwar würden Kräfte gebündelt, aber nicht um Stellen zu zentralisieren. "Es gibt keine Einschnitte, im Gegenteil. Wir suchen weiterhin Mitarbeiter." Die Fusion bringe mehr Sicherheit für das Unternehmen - und damit auch für die Belegschaft.
"Es gibt keine Einschnitte, im Gegenteil. Wir suchen weiterhin Mitarbeiter."
Norbert Sorg, Geschäftsführer von Gelder & Sorg
Auch die Macht innerhalb der neuen Handelsgruppe soll dezentral verteilt bleiben. Der Plan: Fünf Geschäftsführer sollen sich um die jeweiligen Aufgaben in ihren Regionen und Bereichen kümmern. Während der Name der neuen Dachgesellschaft noch nicht fest steht, sei eines sicher: Die Namen der einzelnen Autohäuser sollen bleiben. Ob und wann das Bundeskartellamt die Entscheidung zur Fusion der Häuser zustimmt, ist offen.
Fusionen und das Bundeskartellamt Das Bundeskartellamt ist eine unabhängige Wettbewerbsbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, die im Idealfall für einen offenen und fairen Wettbewerb in Deutschland sorgt. Zusammenschlüsse zwischen Unternehmen bedürfen unter bestimmten Voraussetzungen der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt. Erst nach erfolgter Freigabe dürfen diese dann vollzogen werden. Die Behörde bewertet und prüft die Folgen einer Fusion für den Wettbewerb. Überwiegen laut Behörde die wettbewerblichen Nachteile, kann ein Zusammenschlussvorhaben untersagt oder nur unter Bedingungen frei gegeben werden. Quelle: bundeskartellamt.de