Abends auf der Autobahn bei Eltmann. Den Beamten der Verkehrspolizei Bamberg fällt ein Wagen mit polnischem Nummernschild auf. Es ist auf dem Weg Richtung Osten. Sie lotsen das Fahrzeug auf einen Parkplatz. "Man sah nur den Fahrer. Sein Begleiter lag auf der Rückbank". Der tut so, als ob er schliefe. Dabei ist er hellwach. Das liegt an den 34.000 Euro in seiner Unterhose. Er glaubt die Bündel in Sicherheit. Doch einer der Fahnder sieht sofort, dass die Ausbeulung unterhalb der Gürtellinie keine natürliche Ursache hat. Obwohl der Beifahrer genau das behauptet. Beim Herunterlassen der Hose kommt die nackte Wahrheit ans Licht.
Die beiden verdächtigen Männer im Alter von 17 und 19 Jahren werden erst einmal festgenommen. Sie haben ihre eigenen Smartphones dabei, die sich im Flugmodus befinden. Damit niemand nachvollziehen kann, wo sie sich in den letzten Stunden aufgehalten haben. Das klärt eine Funkzellen-Analyse und eine Auswertung des Navigationsgerätes. Die beiden jungen Männer haben außerdem knapp 1000 Euro in zwei Umhängetaschen, wohl ihr "Honorar" für die kriminelle Dienstleistung. Auf der Rückbank findet die Spurensicherung einige zerknüllte Banderolen, die sich Dank der Unterschrift des Bankmitarbeiters einem bestimmten Geldhaus zuordnen lassen.

Was im Wagen fehlt ist ein billiges Wegwerf-Handy. Mit dem halten die "Außendienstmitarbeiter" den Kontakt zu den Komplizen, damit sie wissen, wo und bei wem sie wieviel Geld, Schmuck oder Goldmünzen einsacken sollen. Das Mobiltelefon haben sie verschwinden lassen, nicht aber das Ladegerät. Das braucht man beim nächsten Ausflug vielleicht noch einmal.
Täter haben ganz bewusst einen Mietwagen genommen
Doch die beiden jungen Polen haben den Fehler gemacht, mit einem Mietwagen aus Wroclaw in die Haßberge zu kommen. Dadurch kommen die Ermittler der Kriminalpolizei Würzburg an die GPS-Standortdaten des Fahrzeugs. Andererseits haben die beiden Cousins ganz bewusst auf einen eigenen fahrbaren Untersatz verzichtet. Denn wenn sie geschnappt werden, kann man ihnen das teure Auto nicht wegnehmen, um einen finanziellen Schaden wiedergutzumachen. Eine kühle Kosten-Nutzen-Rechnung. Denn im Hintergrund steht die organisierte Kriminalität. Eine professionelle Bande, die sich vor allem aus Familienmitgliedern eines berüchtigten Roma-Clans zusammensetzt. Dadurch kommt man kaum an die Hintermänner heran. Nur die Geldabholer und mitunter auch ein Fahrer landen im Netz.
Doch woher stammt das viele Bargeld? Es dauert einige Stunden, bis es klar ist. Da erst meldet sich eine 86-jährige Frau aus Aidhausen bei der Polizei. Man hat sie am Nachmittag angerufen. Von einem Callcenter in Polen aus. Um das zu verschleiern, haben die Täter, die perfekt deutsch sprechen, auf dem Display eine falsche Rufnummer anzeigen lassen. Mit einer Spoofing-Software. Es kommt zum Ensatz der wohlbekannte, aber psychologisch immer noch wirksame "Schockanruf".
Altbekannt, aber der Trick funktioniert immer wieder
Die erfundene Geschichte der angeblichen Polizisten, Staatsanwälte und Richter am anderen Ende der Leitung: Der Sohn hat einen Menschen totgefahren. Nun droht Untersuchungshaft, Nur eine Kaution könne das noch verhindern. Einen Teil des Geldes hat die Witwe daheim. Den Rest holt sie von der Bank. Dort erzählt sie, sie bräuchte die Summe für Reparaturen am Haus. Damit in der Bank keiner Verdacht schöpft und den Geldtransport stört. Die Übergabe findet dann auf einem Supermarkt-Parkplatz in Hofheim statt.

Am Amtsgericht Bamberg müssen sich nun die beiden jungen Männer aus Wroclaw dem Vorwurf des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges und der Amtsanmaßung stellen. Dabei geht es einerseits darum, dass man die Straftaten begeht, um dadurch seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Andererseits handelt es sich um Gruppierungen mit mindestens drei Mitgliedern, die sich abgesprochen haben, wiederholt zuzuschlagen und die dabei arbeitsteilig vorgehen.
Die Angeklagten geben die Tat zu, weil sie gar nicht mehr geleugnet werden kann, und hoffen, als Ersttäter mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. Tatsächlich ist die Mutter des Jugendlichen extra angereist, um die Cousins wieder nach Hause mitzunehmen. Doch das Jugendschöffengericht fällt mit zwei Jahren und vier Monaten Jugendstrafe ein unerwartet hartes Urteil. "Denn ohne die Fahrer und Abholer bricht die ganze kriminelle Masche zusammen", so der Vorsitzende Richter Martin Waschner.
Betrogene Seniorin erhält Geld zurück
Die 86-jährige Frau aus Aidhausen hatte noch einmal Glück. Nach dem Prozess wird sie ihr Geld zurückerhalten. Den aufmerksamen Verkehrspolizisten sei Dank. Das Urteil ist noch nicht rechtskräfig.