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Zeil: Grenzschild von Sechsthal: Zeugnis einer bewegten Geschichte

Zeil

Grenzschild von Sechsthal: Zeugnis einer bewegten Geschichte

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    Das einstige Grenzschild von Sechsthal ist schon seit Jahrzehnten ein Blickfang im Eingangsbereich des Zeiler Rathauses.
    Das einstige Grenzschild von Sechsthal ist schon seit Jahrzehnten ein Blickfang im Eingangsbereich des Zeiler Rathauses. Foto: Ludwig Leisentritt

    Wer das Zeiler Rathaus heute betritt, geht jedes Mal am gusseisernen Grenzschild des ehemaligen „Königreiches Bayern“ vorbei. Nach dem Wechsel der sächsisch-coburgischen Gemeinden des Amtsbereiches Königsberg nach Bayern stand dieses historische Relikt aus der Zeit der Monarchie noch viele Jahre an der Straße unterhalb von Sechsthal. Bevor diese Enklave nach einer Volksabstimmung 1920 zum Freistaat Bayern kam, markierte es rund 100 Jahre die Landesgrenze zwischen Sechsthal und Altershausen.

    Ältere Krümler erzählen, dass das Hoheitszeichen mehrmals umgefallen war. Erst um 1942/43 ließ der damalige Krümler Bürgermeister Messerschmidt dieses Schild mit einem Handwagen ins Dorf holen. Viele Jahre verwahrte man es im Schulgebäude. Als Krum im Zuge der Gebietsreform 1978 nach Zeil eingemeindet wurde, ließ die Stadt Zeil die historische Grenztafel neu ausmalen. Später gelangte das Schild für kurze Zeit als Leihgabe ins Landratsamt, wo es vor dem Amtszimmers des Landrats seinen Platz hatte.

    In historische Gewänder gehüllt, unterzeichneten im Jahr 1990 Landrat Walter Keller (Zweiter von links) und Zeils Bürgermeister Erich Geßner das Übergabeprotokoll für das historische Grenzschild. Mit dabei:  der stellvertretende Landrat Heiner Schneier (links) und Herbert Schuster als Stadtpolizist.
    In historische Gewänder gehüllt, unterzeichneten im Jahr 1990 Landrat Walter Keller (Zweiter von links) und Zeils Bürgermeister Erich Geßner das Übergabeprotokoll für das historische Grenzschild. Mit dabei:  der stellvertretende Landrat Heiner Schneier (links) und Herbert Schuster als Stadtpolizist. Foto: Ludwig Leisentritt

    1990 vereinbarte der damalige Zeiler Bürgermeister Erich Geßner mit dem aus dem Amt scheidenden Landrat Walter Keller, dass das dekorative Grenzschild wieder nach Zeil kommt. Wie sich der Altbürgermeister noch erinnert, war die Übergabe Kellers letzte Amtshandlung. Hierfür hüllten sich die beiden in historische Gewänder. Geßner brachte noch drei städtische Bedienstete mit, welche ebenfalls kostümiert, den Abbau des Grenzschildes vornahmen. Als Ersatz ließ man für den neuen Landrat Rudi Handwerker einen Nachguss anfertigen.

    Eine protestantische Insel der Seligen

    Nach den Worten des einstigen Königsberger Pfarrers Maximilian Dressel stellte Königsberg gegen das katholische Unterfranken „eine unsichtbare, aber streng scheidende Mauer dar“. Hinter der verortete er ein „ganz anderes Clima, eine ganz andere Menschheit, eine ganz andere Cultur“. Daher, so Dressel, verkehre der protestantische Sachse nur geschäftlich mit dem katholischen Bayern, ansonsten aber so gut wie gar nicht. Er sah 1863 im Königsberger Amtsbereich eine Insel der Seligen. Ein anderer Zeitgenosse kam zu dem Schluss, das Städtchen habe seine mehrhundertjährige Mission als „Vorposten“ des protestantischen Sachsens treulich erfüllt. „Es ist hauptsächlich der insularischen Lage Königsbergs zuzuschreiben, dass sich seine Bewohner als Protestanten und als Sachsen fühlten und bewährten.“

    Überall wo Grenzen sind, wird geschmuggelt. So fanden auch früher in unserem Bereich Schmuggeleien statt. Erst eine Änderung der Zollverordnung machte dem ein Ende. Beliebtes Schmuggelgut war neben Tabak das Salz, das damals rar und mit einer hohen Steuer belegt war. Es war schon deshalb ein beliebtes Schmuggelgut, weil man früher viel Salz für die Konservierung von Fleischwaren und Speisefischen benötigte.

    Der Eltmanner Landrichter Kummer beklagte 1830 die ausgedehnten Schmuggeleien im Raum Kirchlauter-Neubrunn. Dieses seiner Meinung nach "sittenverderbende Treiben" gewähre vielen Menschen im Lautergrund einen leichten und lukrativen Verdienst. Die erfreuliche Abnahme der Diebstähle sah der damalige Landrichter darin begründet, dass viele Bewohner entlang der sächsischen Grenze durch Schmuggel leichteren Verdienst fänden.

    Schmuggler aus den heiligen Ländern

    In einem volkskundlichen Buch über Bayern heißt es 1866: „Der Strich im Haßbergwald längs der Lauter und der Dörfer Kirchlauter, Breitbrunn, Hermannsberg, Edelbrunn, Lußberg, Leppelsdorf und Rudendorf führt im Volksmunde die Bezeichnung „heilige Länder“. Es liegt einige Ironie in diesem Euphemismus, denn just auf diesem Gebiete hat vordem der Schmuggel sehr profane Wirkungen hervorgerufen, die im Charakter der dortigen Bevölkerung noch jetzt nachklingen.“

    Früher erzählten sich alte Krümler an den Stammtischen abenteuerliche Geschichten von den Salzschmuggeleien. Bewaffnete Rotten, hätten damals ihr Unwesen getrieben. Die „Einschwärzer“ – so nannte man die Schmuggler auch – sollen sich sogar Gefechte mit der Gendarmerie geliefert haben.

    Nach den Unterlagen des Zeiler Stadtarchivs gab es 1832 eine Schmugglerbande mit dem Zeiler Gastwirtssohn Konrad Grau sowie Christoph Schmitt und Engelhard Pfaff als Anführer. Dem Nikolaus Angebrand legte man zur Last, seine Wohnung als Treffpunkt zur Verfügung gestellt zu haben. Der Vorsitzende des Armenpflegschaftsrates, der Zeiler Stadtpfarrer Friedrich Schwind, verlangte damals, dass der Rädelsführer "unschädlich gemacht werde". Er forderte von der Obrigkeit, ihn zum Militär einzuberufen und ihm nie Urlaub zu gewähren.

    1866 wird die Enklave feindliches Ausland

    1866 spielte noch einmal die Grenze zum coburgischen Sachsen beim Bruderkrieg zwischen Bayern und Preußen eine Rolle. Vor den Kämpfen bei Bad Kissingen fuhren durch Zeil die Eisenbahnzüge mit den herbeigeführten bayerischen Truppen. Das Bezirksamt in Haßfurt forderte damals alle Bürger von Krum auf, „bei Tag und Nacht strengste Aufsicht zu unterhalten, ob nicht aus dem sachsen-coburgischen Gebiet preußische Truppen sich der bayerischen Grenze nähern oder sie überschreiten“.

    Im Falle einer solchen Annäherung hatte der Gemeindevorsteher „sofort einen verlässlichen Boten mit kürzester Fassung der Nachricht an das kgl. Bezirksamt in Haßfurt“ abzuordnen. „Die beiläufige Anzahl der sich nähernden oder überschreitenden Feinde ist anzugeben und wenn es auch nur ein einzelner Mann sein sollte“. Den wegen ihres protestantischen Glaubens dem sächsischen Altershausen nahestehenden Sechsthalern wollte das Bezirksamt in Haßfurt diese Aufgabe offenbar nicht übertragen.

    Sachsen-Coburg war mit Preußen verbündet und die Köslauer Bauern, die im Maintal Wiesen besaßen, durften in diesem Jahr das Heu weder ernten noch heimholen. Der kleine Ort Sechsthal gehörte zwar zu Bayern. Doch durch das Mühlenanwesen verlief früher die Grenze. Während die Mühle sich auf bayerischem Territorium befand, standen die landwirtschaftlichen Gebäude auf sächsischem Gebiet. So ist das prunkvolle Grenzschild im Rathaus auch ein geschichtlicher Zeuge der einstigen Kleinstaaterei.

    "Echt fränkischer Abstammung"

    Die in Nürnberg herausgegebene Zeitung „Fränkischer Kurier“ veröffentlichte Anfang 1919 einen Artikel zur sogenannten Enklave Königsberg. Das Blatt kommentierte in einem Beitrag, der auch in der hiesigen Heimatzeitung abgedruckt war, den gerade heftig diskutierten Anschluss des sächsisch-coburgischen Amtsbereiches Königsberg nach Bayern. Dieses sei – weit entfernt von seinem sogenannten Mutterland Coburg-Gotha – einmal aus dem bayerischen Besitz herausgesprengt worden. Man wisse kaum noch wann, wie und warum.

    Nicht ganz ernst gemeint, war wohl um 1980 der Aufkleber „Herzogtum Coburg“ auf einem Ortsschild vor Königsberg.
    Nicht ganz ernst gemeint, war wohl um 1980 der Aufkleber „Herzogtum Coburg“ auf einem Ortsschild vor Königsberg. Foto: Ludwig Leisentritt

    Sie liege wie Inseln im Frankenland. Das Coburgische Amt Königsberg bildete mit einigen Ortschaften ein kleines, für sich abgeschlossenes Gebiet. Daneben gab es noch völlig isoliert für sich allein gelegen, die Dörfer Erlsdorf und Nassach. Der Verfasser nannte dies unzeitgemäß, unhaltbar und im höchsten Grade lächerlich. „Dieser Zustand konnte nur durch Geltendmachung und Aufrechterhaltung dynastischer Interessen entstehen und fortleben.“

    Da die Dynastien durch den Wegfall der Monarchie nicht mehr existieren, sei es an der Zeit, dass auch die durch sie geschaffenen und gestützten Einrichtungen verschwinden, sofern sie für das allgemeine Volkswohl keine Bedeutung mehr haben. Wörtlich schreibt das Blatt: „Der Fortbestand von Enklaven hat keine Berechtigung mehr. Die eingekapselten Bewohner sind eines Geblüts mit den Umwohnern, echt fränkischer Abstammung. Sie sind politisch und amtlich von ihnen abgeschnürt, obwohl beide jederzeit im Handel und Wandel aufeinander angewiesen sind.“  

    Der „Fränkische Kurier“ hoffte, dass das schöne Dornröschenstädtchen Königsberg, eine der reizenden Perlen unter den fränkischen mittelalterlichen Städten, bald nicht mehr ein Fremdkörper im staatlichen Organismus des Frankenlandes ist.

    Abmontiert haben das historische Grenzschild des Königreiches Bayern die städtischen Mitarbeiter Rudolf Frieb und Stefan Barth.
    Abmontiert haben das historische Grenzschild des Königreiches Bayern die städtischen Mitarbeiter Rudolf Frieb und Stefan Barth. Foto: Ludwig Leisentritt
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