Acht Millionen Euro: Diese gewaltige Summe hat der Landkreis Haßberge im Wirtschaftsplan des laufenden Jahres für den Ausgleich des Betriebskostendefizits der Haßberg-Kliniken vorgesehen, die ein Kommunalunternehmen sind, also dem Landkreis gehören. Landrat Wilhelm Schneider (CSU), der Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kliniken ist, beklagt "wahnsinnig gestiegene Energie- und Personalkosten" einerseits und die seit Jahren anhaltende Unterfinanzierung der Krankenhäuser durch die Krankenkassen andererseits. "Die Differenz müssen die Träger ausgleichen, die Defizite werden also kommunalisiert."
Die Problematik ist bekannt. Sie betrifft viele Klinikbetreiber landauf, landab. Deshalb sollte jetzt zu Jahresbeginn die "Lauterbachsche" Krankenhausreform in Kraft treten. Was aber nicht geschah, weil Bund und Länder sich nicht einig sind. Die wirtschaftliche Krise vieler Hospitäler wird sich auf unbestimmte Zeit zuspitzen.
Mancher Beobachter sieht einen Abwärtstrend
Im Falle der Haßberg-Kliniken wollen Beobachter von außerhalb, aber auch Mitarbeitende, in der jüngsten Vergangenheit darüber hinaus Zeichen erkennen, die auf eine Abwärtsentwicklung bis hin zur drohenden "Abwicklung" der beiden Krankenhäuser in Haßfurt und Ebern hindeuteten. Darüber hat die Redaktion mit Landrat Schneider und Vorständin Regina Steenbeek-Schacht Ende Januar gesprochen.
"Der Hauptfaktor für den Bestand der Haßberg-Kliniken ist jedoch die Akzeptanz in der Bevölkerung und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kommunen."
Wilhelm Schneider, Vorsitzender des Verwaltungsrats
Ein Grund für die Beunruhigung ist, dass die Kliniken schon vor Jahren und in der Folge immer wieder den Neubau des OP-Traktes in Haßfurt angekündigt haben, ohne dass sich seither etwas Erkennbares getan hätte. Die alten OP-Säle sind 40 Jahre alt und entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. Lange werden sie nicht mehr in Betrieb sein können, auch weil es manches Ersatzteil nicht mehr gibt. Es war im Herbst 2000, als der Freistaat 16 Millionen für den ersten von zwei Bauabschnitten bewilligte. Ist das für die Kliniken überlebenswichtige Projekt inzwischen geplatzt?

Nein, sagen Schneider und Steenbeek-Schacht, "wir halten weiterhin an unseren Plänen für einen OP-Neubau am Krankenhaus Haßfurt fest." Sie sprechen von einem komplexen Bauvorhaben, intensivem Abstimmungsbedarf mit der Regierung von Unterfranken, einer inzwischen erteilten Teilbaugenehmigung und davon, dass die Bauvorbereitungen nun beginnen könnten. Der Freistaat habe die Gelder für die Maßnahme weiter in seinem Krankenhausplan vorgesehen. Ende Februar, so die Hoffnung der Haßberg-Kliniken, liegen abgeänderte und genehmigte Pläne vor, die einen baldigen Beginn der Hauptbaumaßnahme ermöglichen. Ursprünglich war der neue OP-Trakt auf 25 Millionen Euro veranschlagt. Diese Summe dürfte inzwischen deutlich zu niedrig angesetzt sein.

Ein weiteres Indiz für die angebliche Abwärtsspirale der Haßberg-Kliniken ist, so sagen es kritische Stimmen, dass es keine Beständigkeit in der Führung mehr gebe. Im Juli 2020 trat der langjährige Vorstandsvorsitzende Stephan Kolck in den Ruhestand. Ihm folgte Vera Antonia Büchner, die den Haßberg-Kliniken jedoch nach nur 15 Monaten den Rücken kehrte. Weil die Haßberg-Kliniken selbst keine geeignete Nachfolge fanden, beauftragten sie die Medcura GmbH (Gauting) mit dem Management: Medcura schickte zunächst Interimsmanager Oliver Zimmer und ein halbes Jahr später, Anfang 2023, Regina Steenbeek-Schacht. Doch sollte deren Vertrag nicht schon abgelaufen sein oder in Kürze ablaufen?
Vertrag mit Vorständin und Medcure verlängert
Hier überrascht Landrat Schneider mit der Nachricht: Seinen Aussagen zufolge hat der nicht öfffentlich tagende Verwaltungsrat der Haßbergkliniken den Vertrag mit Medcura und mit Steenbeek-Schacht Ende letzten Jahres um zwei Jahre verlängert. "Das ist nicht nur ein Zeichen von Kontinuität, sondern auch dafür, dass der Träger Vertrauen zur Vorständin hat", betonte Landrat Schneider. Nichtsdestotrotz sei es das Ziel, auf mittlere Sicht wieder mit einem "eigenen" Vorstand zu operieren.

Dass in der jüngsten Vergangenheit durch den wirtschaftlichen Druck ein für die Ärzteschaft schwieriges Arbeitsumfeld entstanden sei, – er Redaktion wurde eine "vergiftete Atmosphäre" geschildert – weisen Steenbeek-Schacht und Schneider zurück. Freilich erzeuge das Wissen darum, dass die Erlöse nicht ausreichten, die Kliniken wirtschaftlich zu führen, einen gewissen Leistungsdruck. Doch Landrat und Vorständin sprechen von einem "Team hochmotivierter Chefärzte", welches interdisziplinär gut zusammenarbeite und die Herausforderungen annehme. Mehrere Chef- und Leitende Oberärzte hatten die Klinik zuletzt verlassen oder verlassen müssen, doch zu Personalien äußert sich das Management nicht.
Haßberg-Kliniken wollen Leistungsspektrum nicht einschränken
Laut Haßberg-Kliniken soll es aktuell im ärztlichen Bereich nur wenige Vakanzen geben. Die Behauptung, dass durch zu viele Vordergrund- oder Hintergrunddienste Ärztinnen und Ärzte überlastet und damit die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gefährdet sein könnten, entbehre jeder Grundlage. Ebenso die Vermutung, die Krankenhäuser in Haßfurt und Ebern könnten ihr Angebot zurückfahren: "Eine Reduktion des Leistungsspektrums steht derzeit nicht zur Debatte und ist von uns auch nicht gewünscht", lautet die Antwort.

Bestätigen konnte Vorständin Steenbeek-Schacht allerdings, dass im Krankenhaus Haßfurt seit einigen Wochen durch den Fortgang der dafür qualifizierten Ärzte keine stationäre Aufnahme von Arbeitsunfällen erfolgen kann – bisher waren das etwa 40 bis 50 Patienten pro Jahr. Die entsprechende Zulassung bei der Berufsgenossenschaft will das Kommunalunternehmen bis April wiedererlangen.
Vor 2026 wird die geplante Krankenhausreform nicht in Kraft treten, vermutet Wilhelm Schneider. Im Zuge der Reform, über deren genaue Ausgestaltung gegenwärtig niemand seriöse Aussagen machen könne, seien Änderungen im medizinischen Angebot der Haßberg-Kliniken in der Folge nicht ausgeschlossen. Unzweifelhaft gibt es in der gesamten Krankenhauslandschaft viele weitere Unbekannte.
Gute Nachrichten aus der Geburtenabteilung
Doch Landrat Schneider verbreitet auch Zuversicht. Er glaubt, dass das Betriebskostendefizit der Haßberg-Kliniken dank aller möglicher Maßnahmen nicht mehr steigen wird. Er freut sich über die positiven Zahlen aus der Geburtenabteilung, was bedeutet: Im Krankenhaus Haßfurt sind im vergangenen Jahr 480 Babys zur Welt gekommen. Und peilt nun die 500-er Marke an. Und er stellt abschließend fest: "Der Hauptfaktor für den Bestand der Haßberg-Kliniken ist jedoch die Akzeptanz in der Bevölkerung und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kommunen."