Die Schulleitung der Haßfurter Berufsschule schlägt Alarm. Sorgen macht aber nicht die Berufsschule selbst, sondern zwei der vier angegliederten Berufsfachschulen. Das Problem: Der modern ausgestatteten Schule fehlen die Schülerinnen und Schüler. Für die Bereiche "Ernährung und Versorgung" (früher Hauswirtschaft) sowie "Sozialpflege" haben sich derzeit nur wenig junge Menschen entschieden. Sollte dies so bleiben, droht die Schließung dieser Fachbereiche. Das stellt Schulleiter Jochen Brüggemann im Gespräch mit der Redaktion heraus. Dann müssten interessierte Schülerinnen und Schüler nach Schweinfurt oder Bamberg ausweichen.
Deshalb geht die Schule nun in die Offensive und möchte die Möglichkeiten bekannter machen, die eine Berufsfachschule bietet. "Wir veranstalten einen Workshoptag, Tage der offenen Tür", so Oberstudiendirektor Brüggemann, "jeder kann bei uns einen Schnuppertag absolvieren." Wer sich für einen Ausbildungsplatz im Bereich Sozialpflege oder Ernährung und Versorgung interessiere, so der Schulleiter, "kann sich das jederzeit bei uns einmal anschauen".
"Kinderpflege "und "Technischer Assisten für Informatik" laufen gut
An die Haßfurter Berufsschule – hier werden junge Menschen aus 33 Nationen ausgebildet – sind vier Berufsfachschulen angegliedert. Der Bereich "Kinderpflege" sei gut besucht, für das nächste Schuljahr lägen bereits 27 Anmeldungen vor. Ebenfalls unproblematisch sei die Fachrichtung "Technischer Assistent für Informatik".

Und: Der zusätzliche Fachbereich zur Berufsvorbereitung sprenge derzeit alle Dimensionen. In diesem sind zum einen Geflüchtete zur Integration und zum Erlernen der deutschen Sprache untergebracht. Sowie zum anderen deutsche Schülerinnen und Schüler, die "noch nicht ausbildungsreif" sind. Es gebe derzeit 75 junge Menschen, die schulpflichtig seien, aber nicht einer Ausbildung zugeführt werden könnten. "Das macht etwas Kopfzerbrechen, dass es auf der einen Seite viele freie Lehrstellen gibt und auf der anderen Seite so viele Schüler mit mangelnder Reife", merkt der Schulleiter an.

Und dann gibt es eben noch die beiden Problembereiche "Ernährung und Versorgung" sowie "Sozialpflege". Für den ehedem "Hauswirtschaft" genannten Bereich gibt es derzeit in der 10. und 11. Klasse jeweils zehn Schülerinnen und Schüler. Hier werden die hauswirtschaftlichen Führungskräfte von morgen ausgebildet, gesuchtes Personal in Großküchen von Kliniken, Kantinen, Hotel, Präsenzkraft in den Wohngruppen von Seniorenheimen, in Einrichtungen für Kinder, Privathaushalten und vieles mehr.
In der Sozialpflege sind es in der 10. Klasse 12 und in der 11. Klasse 10 Schülerinnen und Schüler. Das ist eindeutig zu wenig, sagt auch Studiendirektorin Edeltrud Spiegel, die Fachbereichsleiterin der Schule. Dabei biete die Berufsfachschule vor allem jüngeren Menschen einen guten Einstieg in den sozialen Bereich. Möglich wäre hier auch "die Weiterqualifikation als Pflegefachkraft, als Erzieher oder Heilerziehungspfleger".
Ausbildung ermöglicht mittleren Bildungsabschluss
Spiegel unterstreicht, viele potenzielle Schülerinnen und Schüler wüssten gar nicht, welche Chance sich ihnen in einer Berufsfachschule auftun. "Dabei ist die Mittlere Reife ein echtes Pfund, das wir haben", sagt die Studiendirektorin. "Das wird oft von den Schülern nicht erkannt." An der Berufsfachschule könnten die jungen Menschen im Rahmen einer rein schulischen Berufsausbildung einen Beruf erlernen. Und dazu bietet diese Bildungseinrichtung die Chance, mit einem Notendurchschnitt von 3,0 im Abschlusszeugnis und mindestens einer 4,0 in Englisch (das als Wahlfach gewählt werden kann), den mittleren Bildungsabschluss zu erreichen. "Quasi zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen."

Dabei gebe es eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Die Nachfrage nach Absolventinnen und Absolventen sei auf dem Arbeitsmarkt sehr hoch. Und zudem sei auch noch eine Bafög-Förderung möglich. In bestimmten Fächern gebe es sogar Teamteaching mit mehreren Lehrern gleichzeitig in bestmöglich ausgestatteten Fachräumen. Und für viele, die einen mittleren Abschluss anpeilen, besonders erwähnenswert: Im Fachbereich Sozialpflege gebe es auch keine Mathematik und Englisch nur als Wahlfach.

Schulleiter Brüggemann möchte diese Chancen im Landkreis unbedingt weiter anbieten können. "Darum vereinbaren wir grundsätzlich Beratungsgespräche für Berufsfachschüler, in denen alles ausführlich erklärt wird. Fragen der Eltern werden beantwortet, auch Alternativen angeboten." Mit den Klassenleitern der Mittelschulen, mit den Förderschulen werde versucht, "die Übergabe der Schüler reibungslos durchzuführen. Wir kooperieren mit allen Schularten."
Denn wenn auf Dauer die Schülerzahl zu gering sei, drohe die Schließung der betroffenen Zweige der Berufsfachschule. "Was wir unbedingt verhindern wollen", sind sich Jochen Brüggemann und Edeltrud Spiegel einig.