Die „Vaquero“ ist Aulbachs aktuelles Projekt. „Das war ein Schnellsegler, der während des kalifornischen Goldfiebers im 19. Jahrhundert Menschen von Europa nach Amerika gebracht hat“, weiß der inzwischen über 85-Jährige, der noch immer quicklebendig wirkt. Wie alt er genau sei – das gehe niemanden etwas an.
Mehrere Dutzend Modelle historischer Segelschiffe hat der ehemalige Schlosser in den letzten 25 Jahren gebaut. Oft sitzt er mehrere Monate an einem Schiff. Seit er Rentner ist, habe er endlich Zeit dafür, sagt Fritz Aulbach, der die Königinnen der Ozeane seit seiner Jugendzeit leidenschaftlich liebt.
„Ich war als junger Mann bei der Kriegsmarine gelandet“, erzählt Fritz Aulbach und beugt sich wieder über das Modell. Sein Schlossermeister habe ihm damals diesen Rat gegeben, weil er wusste, dass man im Krieg bei der Infanterie schnell erschossen wird.
Dann erzählt Aulbach von seinen Erlebnissen als Maschinist auf hoher See. Einmal hatte die Mannschaft seines Schiffs in einem norwegischen Fjord einen verlassenen Segler aus Holz gefunden. „Unser Käpt'n hat damals gesagt: Das machen wir wieder flott“, erzählt Fritz Aulbach mit leuchtenden Augen und muss gleich darauf grinsen. „Acht Mann von uns sind dann mit diesem Schiff mehrere Tage lang den Fjord rauf und runter gesegelt, bis ich gemerkt habe, dass der Kiel undicht war und das Wasser unter Deck schon einen Meter hoch stand“. Nur ein paar Stunden später beobachtete die Mannschaft vom sicheren Oberdeck des Zerstörers aus, auf dem Aulbach damals diente, wie das „schöne Segelschiff“ auf Nimmerwiedersehen unterging.
Dass seine in monatelanger Geduldsarbeit hergestellten Holzschiffe auch schwimmen würden, daran zweifelt Fritz Aulbach keine Sekunde. „Sie hätten zwar ein wenig Schlagseite aber das ist bei echten Schiffen ganz genau so, auch die werden noch mit Gewichten austariert.“
Von Modell-Bausätzen hält der passionierte Schiffsbauer aber gar nichts. Die seien schlecht gemacht und oft werde an den Details gespart. So stimme die Takelung, also all die Teile des Schiffs, die man zum Hissen der Segel braucht, bei Bausätzen in den seltensten Fällen, ärgert sich der Rentner. Wer dagegen bei Aulbachs Schiffen am Steuerrad dreht, kann damit sogar das Ruder bewegen. Die Segel lassen sich hissen und selbst die Luken gehen auf und zu. Er versuche eben so viel wie möglich selbst zu machen. Für die bleiernen Kanonen hat er beispielsweise eine eigene Gußform. Nur die Galeonsfigur, die lässt er sich von einem Schnitzer aus dem Coburger Raum machen.
Die Pläne für seine originalgetreuen Modelle holt sich Fritz Aulbach bei einem speziellen Versandhaus. Außerdem liegen immer mehrere dicke Handbücher über den Schiffsbau auf dem Küchentisch parat.
Am meisten gefallen Fritz Aulbach die Schiffe aus dem 17. Jahrhundert. „Da ist am meisten Geld und Mühe in den Schiffbau geflossen“, sagt Aulbach. Vor allem die aus 16 Schiffen bestehende Brandenburger Flotte, mit deren Hilfe Kurfürst Friedrich Wilhelm 1683 Kolonien in Afrika erobern wollte, hat es dem Haßgauer angetan. Im Maßstab 1:100 hat er das Prunkschiff des Kurfürsten, den „Roten Löwen“ nachgebaut, das im Original etwa 28 Meter lang und unter anderem mit zwölf Eisenkanonen auf und unter Deck bestückt war. Das Modell kann heute jeder fünf Gehminuten vom Wohnhaus des Eichelsdorfers entfernt in der Wirtschaft „Zu den Haßbergen“ bestaunen.
Bis nach Bremen haben es die Schiffe von Fritz Aulbach sogar schon geschafft. Denn immer wieder kommen Menschen zu ihm, die ihr Haus mit einer echten Königin der Meere schmücken wollen. Am meisten freue er sich aber, wenn seine Enkel zu Besuch kommen, sagt der Rentner, der sich längst wieder über das Modell der „Vaquero“ gebeugt hat. „Für die gibt's nämlich dann bei mir Geschichte zum Anfassen.“