Eine kurvige schmale Straße führt in Richtung Hohnhausen. Eingebettet zwischen Hügeln und Wald liegt der kleine Ort in den Haßbergen. Nicht einmal 200 Einwohnerinnen und Einwohner leben hier. Für sie sind die aktuellen Debatten über hohe Heizkosten und kalte Wohnungen im Winter kein großes Thema. Denn in Hohnhausen wurden vor einigen Jahren Entscheidungen getroffen, die dazu geführt haben, dass der Ort heute ein eigenes Nahwärmenetz hat und die Mehrheit der Haushalte beim Heizen unabhängig von Erdöl und Erdgas ist.
Den Grundstein hierfür legten Alexandra und Ralf Gleichmann, die im Ort einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, der in erster Linie auf die Produktion von Eiern spezialisiert ist. Im Jahr 2008 erweiterten die Gleichmanns ihren Betrieb um eine Biogasanlage, die zunächst vor allem für die Stromerzeugung gedacht war.
"Wenn Wärme anfällt, muss man sie auch nutzen, war schon damals mein Gedanke."
Ralf Gleichmann, Betreiber der Biogasanlage in Hohnhausen
Im Herbst 2009 schlossen sich über die Anlage in Hohnhausen erstmals 15 Haushalte zu einem Nahwärmenetz zusammen. "Wenn Wärme anfällt, muss man sie auch nutzen, war schon damals mein Gedanke", sagt der Landwirt Ralf Gleichmann. Zwischen 2500 und 5000 Euro fielen für die ersten Anschlussnehmerinnen und -nehmer an Investitionskosten an, je nach der benötigten Anschlussleistung.
Heute versorgt das Nahwärmenetz in Hohnhausen insgesamt 43 Haushalte
Vor einigen Jahren sei dann die Idee aufgekommen, dass man das Netz vergrößern und alle Haushalte anschließen könnte, erzählt Torsten Baumgärtner. Er ist Vorsitzender der Energie-Genossenschaft Hohnhausen, die im Jahr 2018 für die Erweiterung des Nahwärmenetzes gegründet wurde und in deren Verantwortung heute die Wärmeversorgung von 28 Haushalten liegt. Diese sind zu den 15 bereits bestehenden Haushalten des ursprünglichen Nahwärmenetzes hinzugekommen, so dass nun über die Biogasanlage in Hohnhausen insgesamt 43 Haushalte mit Nahwärme versorgt werden.

Um die zusätzlichen 28 Haushalte, die in der Energie-Genossenschaft zusammengeschlossen sind, an das bereits bestehende örtliche Nahwärmenetz anschließen zu können, mussten jedoch einige Hürden genommen werden: So sei die zunächst angedachte Erschließung im Rahmen der Dorferneuerung an der mangelnden Unterstützung durch die Behörden gescheitert und an den hohen Kosten, die damit verbunden gewesen wären, berichtet Baumgärtner.
Die Energie-Genossenschaft setzte das Projekt eigenverantwortlich um
Eine Machbarkeitsstudie ergab aber, dass die Idee, einen Großteil des Ortes an das Nahwärmenetz der Gleichmanns anzuschließen, funktionieren würde. Das Projekt wurde schließlich eigenverantwortlich von der Energie-Genossenschaft umgesetzt. "So etwas funktioniert nur, wenn viele mitmachen", sagt Baumgärtner. "Wir hatten ein Tiefbau-Unternehmen mit da, trotzdem ist sehr viel in Eigenleistung entstanden."

Finanziert wurde der Bau des Nahwärmenetzes und des zugehörigen Heizhauses zum Großteil über Kredite. "Wir sind eine junge Genossenschaft, man fängt mit null an", erklärt Helmut Korn, der Aufsichtsratsvorsitzender der Energie-Genossenschaft. Es seien viele Banktermine nötig gewesen, bis die Genossenschaft in der VR-Bank Lichtenfels-Ebern schließlich einen Partner fand, der bereit war, dem Projekt auf die Beine zu helfen, ergänzt Baumgärtner.
Hohe Öl- und Gaspreise spielen für die angeschlossenen Haushalte keine Rolle mehr
Hinzu kamen Fördermittel vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die Einlagen der Genossenschaftsmitglieder. "Jedes Mitglied leistet eine Einlage von 5000 Euro", erklärt Baumgärtner.
Von Behördenseite indes sei viel zugesagt, aber wenig eingehalten worden, kritisieren die beiden Verantwortlichen der Energie-Genossenschaft. Aktuell hingegen würde sich ein solches Projekt wie in Hohnhausen finanziell nicht mehr lohnen, sagt Baumgärtner. Die Kosten seien derzeit zu hoch.
"Vor zwei, drei Jahren war die Notwendigkeit noch nicht gegeben, aber heute können wir sagen: Alles richtig gemacht."
Helmut Korn, Aufsichtsratsvorsitzender Energie-Genossenschaft Hohnhausen
Offiziell eingeweiht wird das erweiterte Nahwärmenetz in Hohnhausen am 24. September. Die Mehrheit der Dorfbewohnerinnen und -bewohner kann nun dem Winter relativ entspannt entgegenblicken. Ihre Weitsicht hat sich ausgezahlt, auch wenn damals niemand so etwas wie einen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und extrem gestiegene Preise für Öl und Gas vorhersehen konnte. "Vor zwei, drei Jahren war die Notwendigkeit noch nicht gegeben, aber heute können wir sagen: Alles richtig gemacht", sagt Helmut Korn.
Schnelles Internet dank der für die Steuerungstechnik verlegten Glasfaserkabel
Er habe vor Kurzem eine Vergleichsrechnung zum aktuellen Ölpreis angestellt, berichtet Torsten Baumgärtner. "Deutlich unter der Hälfte" würden die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher, die am Nahwärmenetz angeschlossen sind, liegen. Und nicht nur von der vergleichsweise günstigen und unabhängigen Wärmeversorgung profitieren diese: Für die Steuerungstechnik des Nahwärmenetzes wurden Glasfaserkabel verlegt, über die nun parallel der regionale Internet- und Telefonanbieter süc//dacor aus Coburg schnelles Internet nach Hohnhausen liefert.
Gänzlich frei von Unwägbarkeiten ist die Nahwärmeversorgung über die Biogasanlage in Hohnhausen allerdings nicht. Denn Biogas wird unter anderem aus der Zersetzung von Pflanzen wie Mais oder Gras gewonnen. Der Betrieb der Anlage ist somit teilweise von der Ernte abhängig. "Beim Getreide haben wir in diesem Jahr 40 bis 50 Prozent weniger Ertrag. Beim Mais und beim Gras sieht es nicht anders aus", sagt Ralf Gleichmann.

Gleichzeitig würde von Seiten der Politik immer mehr reglementiert – zum Beispiel durch strenge Düngeverordnungen. Es handele sich um Auflagen, die man bald nicht mehr erfüllen könne, so der Landwirt. "Auch bei den Biogasanlagen werden die Auflagen strenger." So benötige er beispielsweise für die Anlage ein Nachhaltigkeitszertifikat. Das sei ein großer zusätzlicher Aufwand, obwohl vom Amt ohnehin schon kontrolliert werde. "Die Stimmung bei uns ist aktuell so, dass wir die Anlage in sechs, sieben Jahren herunterfahren und nur noch für den Eigenbedarf verwenden", sagt Gleichmann.
Das ist zwar noch Zukunftsmusik, doch auch hierauf ist die Energie-Genossenschaft vorbereitet, berichtet der Vorsitzende Torsten Baumgärtner. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass man zur Biogasanlage einen Plan B brauche. Das Nahwärmenetz könne alternativ zum Beispiel über ein eigenes Blockheizkraftwerk befeuert werden. "Wir bilden Rücklagen für den Fall der Fälle. Der Idealzustand ist aber, unsere Nahwärme über das Biogas zu erzeugen."
So funktioniert das NahwärmenetzIn der Hohnhausener Biogasanlage werden Mist und Gülle (Anteil: 40 Prozent) sowie Mais (30 bis 40 Prozent) und Gras (restlicher Anteil) vergoren. Das dadurch entstehende Gas wird gereinigt und anschließend verbrannt. Neben Strom erzeugt die Anlage dabei Wärme, über die dann das Wasser für das Nahwärmenetz aufgeheizt wird. Um die Biogasanlage relativ gleichmäßig fahren zu können, haben die Hausanschlüsse der Genossenschaftsmitglieder in Hohnhausen einen Pufferspeicher und auch im Heizhaus wird warmes Wasser zwischengespeichert.bex