Gerade in Zeiten der Klimakrise sei das hier "unser Schatz, den wir behüten und bewahren müssen", sagte Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, am Donnerstag bei einem Besuch im Steigerwald. Eingeladen nach Ebrach hatte dazu der Verein "Nationalpark Steigerwald", der gemeinsam mit den Grünen dafür kämpft, dass im Steigerwald ein Nationalpark ausgewiesen wird.
Zusammen mit Schulze waren von den Grünen auch die Landtagsabgeordneten Paul Knoblach (Schweinfurt) und Patrick Friedl (Würzburg) sowie die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Bamberg) vor Ort. Bei einer kleinen Wanderung durch den Steigerwald erklärte Günther Olsch vom Bund Naturschutz den prominenten Gästen die hiesigen Besonderheiten der Natur.
Katharina Schulze meint: "Bayern braucht einen dritten Nationalpark"
"Nachfolgende Generationen werden fragen, was habt ihr gemacht oder was habt ihr nicht gemacht", sagte Schulze und empfand es deshalb als sehr wichtig, sich vor Ort mit den knapp 50 anwesenden Gästen, vorwiegend Anhängerinnen und Anhängern ihrer eigenen Partei, auszutauschen. Den Ehrenamtlichen des Vereins "Nationalpark Steigerwald" dankte sie, denn ohne die Initiative "hätten wir diese Debatten gar nicht".

Mit großer Überzeugung machte Schulze klar: "Bayern braucht einen dritten Nationalpark." Ein Beschluss der Grünen untermauere, dass nach deren Willen der Steigerwald als erster neuer Nationalpark vorgesehen sei. Das gleiche Ziel verfolge das Bündnis "Nationalpark Steigerwald –Bayerns Krone der Buchenwälder", zu dem sich sieben Naturschutzverbände zusammengeschlossen haben.
"Wo, wenn nicht hier? Nur wenn wir den Klimawandel und die damit verbundenen Konsequenzen ernst nehmen und gemeinsam Verantwortung übernehmen, können wir unseren Kindern ein Naturerbe übergeben, das dem jetzigen zumindest ähnlich ist", sagte Florian Tully, Vorsitzender des Vereins "Nationalpark Steigerwald".

In Bezug auf die heißen Sommer könne ein ungenutzter Wald als Forschungslabor für die natürliche Dynamik eines zukünftigen Waldes dienen. Hier könne festgestellt werden, welche Baumarten sich unter den sich verändernden Bedingungen natürlicherweise durchsetzen. Laut Tully werden als Gründe gegen einen Nationalpark der Bedarf an Brennholz und Holz für die kleinen Sägewerke im Steigerwald vorgegeben. "Tatsächlich geht aber viel Holz an die Großindustrie und in den Export", erklärte Tully, nach dessen Überzeugung die Gier nach Profit nicht nachlässt.
Trittsteinkonzept als mögliche Alternative zum Nationalpark?
Gegenwind kommt vom Verein "Unser Steigerwald", der sich in einer Pressemitteilung zum Besuch von Katharina Schulze äußert. "Wir fordern Katharina Schulze auf, sich auch einmal mit der Alternative 'Trittsteinkonzept' zu beschäftigen", erklärt Oskar Ebert im Namen des Vereins. Im Steigerwald entwickelt, ermögliche das seit 18 Jahren dort erfolgreich praktizierte Konzept ein Miteinander von Totholz, Biotopbäumen, geschützten Naturwaldreservaten und nachhaltig genutztem Wald.

Das Konzept sei europaweit anerkannt und zuletzt auf Initiative des Vereins für Nachhaltigkeit vom Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz in die TOP 10 der Projekte zur Wiederherstellung von Waldökosystemen in Deutschland aufgenommen worden, so Ebert. "Wenn die Politiker der Grünen politisch ernst genommen werden wollen, dann müssen sie auch die Belange der Bevölkerung im Steigerwald wahrnehmen, die seit Generationen mit und von dem Wald lebt."
Erfahrungsgemäß komme der Wunsch nach einem Nationalpark aus der Stadt, schreibt Ebert und folgert daraus: "Es kann nicht angehen, dass Spitzenpolitiker der Grünen den Wünschen urbaner Bevölkerungsschichten, die ein verklärtes Bild von Natur und Wald haben, nachgeben, statt die realistischen Verhältnisse und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort im Steigerwald zu respektieren."

Der Vorstellung, dass in erster Linie Städterinnen und Städter und das fernab der Region Steigerwald für einen Nationalpark ebendort sind, widersprechen Umweltschutzverbände und Politikerinnen und Politiker der Grünen allerdings vehement. Sie stützen sich dabei auf ein Gutachten, das mehrere Umweltschutzverbände in Auftrag gegeben hatten und dessen Ergebnis sie im Sommer vergangenen Jahres veröffentlichten: Demnach findet der Nationalpark Steigerwald nicht nur Zustimmung bei 73 Prozent der Menschen in ganz Bayern; auch in der Steigerwaldregion selbst befürworteten drei Viertel der Bevölkerung den Nationalpark. Dessen Gegnerschaft hält diese Angaben für falsch.