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Kreis Haßberge: Klimawandel und Holzernte: 5 wichtige Fragen zur Forstwirtschaft im Steigerwald

Kreis Haßberge

Klimawandel und Holzernte: 5 wichtige Fragen zur Forstwirtschaft im Steigerwald

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    Holz aus dem Steigerwald: Daniel Steuer, stellvertretender Leiter des Forstbetriebs Ebrach, zeigt, was einen guten Buchenstamm ausmacht.
    Holz aus dem Steigerwald: Daniel Steuer, stellvertretender Leiter des Forstbetriebs Ebrach, zeigt, was einen guten Buchenstamm ausmacht. Foto: Peter Schmieder

    Wenn im Steigerwald die Waldarbeiter anrücken, um Bäume zu fällen, schauen einige Menschen ganz genau hin. Denn wie dieser Wald bewirtschaftet werden sollte – und ob überhaupt – ist schon lange ein Streitthema. Die eine Seite wünscht sich einen Nationalpark, die andere betont, dass bestimmte Eingriffe nötig seien, auch und gerade mit Blick auf den Artenschutz. Derzeit läuft rund um den Zabelstein die Holzernte. Vor Ort erklären die Verantwortlichen, nach welchen Kriterien sie dabei vorgehen.

    Nach welchen Kriterien wird der Wald bewirtschaftet?

    "Der Grundgedanke ist: Wie soll dieser Waldort in 50 Jahren aussehen?", sagt Daniel Steuer, stellvertretender Betriebsleiter des Forstbetriebs Ebrach. Denn davon, welche Bäume heute stehen gelassen werden und welche gefällt werden, hängt auch ab, welche anderen Pflanzen genug Licht und Nährstoffe abbekommen, um gut wachsen zu können, und welche die nächsten Jahre nicht überleben. Im Staatswald im Steigerwald sei das Ziel eine Mischung aus verschiedenen Baumarten. Das sei "reizvoll, aber auch herausfordernd", sagt Steuer. Denn unterschiedliche Baumarten haben auch unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen.

    Auch das Fällen von Bäumen ist ein Mittel, diese Vielfalt zu erhalten. Denn manche Baumarten wachsen schneller als andere, außerdem brauchen die verschiedenen Arten unterschiedlich viel Licht. Und so würden wohl einzelne Arten ohne menschliches Zutun aus dem Mischwald verschwinden, berichten Daniel Steuer und Revierleiterin Petra Diener. "Wenn man Eichen und Lärchen nicht hilft, kann es sein, dass sie untergehen", sagt die Revierleiterin. So sind es vor allem Buchen, die weichen müssen, sodass andere Bäume mehr Licht bekommen - und auch, um eine Verjüngung des Waldes zu erreichen: "Man muss die nächste Waldgeneration unterstützen", so die Försterin.

    Wie würde sich der Wald ohne menschliches Zutun entwickeln?

    Paradox ist, dass ausgerechnet die Buche, die sich im Kampf um Licht und schnelles Wachstum sehr gut gegen andere Bäume durchsetzen kann, nicht gut mit dem Klimawandel klarkommt. Besonders Buchen haben in den vergangenen Jahren am meisten unter der großen Trockenheit gelitten. Was würde es also langfristig für den Wald bedeuten, wenn sich Buchen zunächst gegen andere Baumarten durchsetzen, dann aber reihenweise dem Klimawandel zum Opfer fallen?

    Daniel Steuer zeigt einen Schnitt, den die Waldarbeiter in einem Baumstamm gesetzt haben. Den rechten Teil bekommt ein Sägewerk, das Stück auf der linken Seite bleibt als Totholz im Wald liegen.
    Daniel Steuer zeigt einen Schnitt, den die Waldarbeiter in einem Baumstamm gesetzt haben. Den rechten Teil bekommt ein Sägewerk, das Stück auf der linken Seite bleibt als Totholz im Wald liegen. Foto: Peter Schmieder

    "Die Forschung läuft", sagt Daniel Steuer. Genau könne niemand vorhersagen, wie sich der Wald dann entwickeln würde, doch es gebe zwei Theorien. Eine davon besagt, dass viele Buchen absterben würden, wobei letztlich diejenigen überleben, die besser an trockene Sommer angepasst sind, und dass diese sich dann auch weiter verbreiten. "Dann hätten wir klimaresiliente Buchen", sagt Daniel Steuer. Die andere Theorie hingegen besagt, dass diese Evolution nicht schnell genug gehen würde. "Dann würde der Wald verschwinden." Und wo ein Wald einmal weg ist, sei es auch äußerst schwer, ihn wieder anzusiedeln. "Das sehen wir momentan im Harz."

    Gibt es so etwas wie einen "deutschen Urwald"?

    Um einem Baumsterben aufgrund des Klimawandels etwas entgegenzusetzen, wollen die Försterinnen und Förster im Steigerwald auf einen gemischten Wald mit verschiedenen Baumsorten setzen, sodass letztlich Arten dabei sind, die auch bei veränderten Bedingungen überleben können. Dass sie damit in die Natur eingreifen, rechtfertigen sie auch damit, dass es so etwas wie einen "Urwald" in Deutschland überhaupt nicht mehr gebe. Denn nach vielen Jahrhunderten der Waldbewirtschaftung sei letztlich überall die Zusammensetzung der Baumarten vom Menschen beeinflusst.

    Försterin Petra Diener zeigt Pilze, die auf dem Totholz im Wald wachsen.
    Försterin Petra Diener zeigt Pilze, die auf dem Totholz im Wald wachsen. Foto: Peter Schmieder

    "Der Wald ist Habitat für Tiere und Pflanzen", sagt Petra Diener. Das sei auch bei der Bewirtschaftung zu berücksichtigen. "Aber es hat keinen Sinn, einem Urwald hinterherzulaufen, den es gar nicht gibt." Viel sinnvoller sei also eine "naturnahe Bewirtschaftung". Neben der Auswahl, welche Baumarten gerade besonders zu fördern sind, gehört dazu auch, Biotopbäume stehenzulassen, in denen sich beispielsweise Vogelnester oder Bruthöhlen befinden.

    "Dabei haben wir drei Möglichkeiten", erklärt Daniel Steuer: "Wir können etwas wegnehmen, wir können etwas dazutun oder können gar nichts tun." Das Vorgehen müsse auch immer wieder an neue Erkenntnisse angepasst werden, die Klimastabilität spiele eine immer entscheidendere Rolle. So hätten die Forstwirte beispielsweise noch vor relativ kurzer Zeit nicht damit gerechnet, wie anfällig Buchen für Trockenheit sind. "Das war vor zehn Jahren noch kein Thema", sagt Steuer. "Wir haben gedacht, die überstehen das."

    Was wird aus dem Holz der Bäume, die im Steigerwald gefällt wurden?

    Dass die Staatsforsten mit dem Verkauf des Holzes ihrer gefällten Bäume Geld verdienen, wollen Daniel Steuer und Petra Diener gar nicht bestreiten. Die Finanzen seien aber nicht das Kriterium, nach dem entschieden wird, welche Bäume gefällt werden. Hauptkunden sind Sägewerke, allen voran die Firma Reitz aus Wonfurt, die die Stämme zu hochwertigen Brettern verarbeitet. Wie viel die Kunden auf dem sehr dynamischen Holzmarkt derzeit bezahlen, möchte Daniel Steuer nicht genau benennen, denn das hänge auch davon ab, welche Mengen ein Sägewerk abnimmt.

    Aber er nennt eine Größenordnung. So zeigt er auf einen Buchenstamm, an dem er Qualitätsmerkmale erklärt. Der Stamm ist astfrei, das Holz im Inneren ist "weiß", was in diesem Fall nicht wirklich weiß, aber eben eine sehr helle, gleichmäßige Farbe beschreibt. Die Bretter, die daraus entstehen, seien vor allem im Innenausbau, also in der Möbelherstellung, gefragt. Damit könne der Forstbetrieb das Holz für etwa 80 bis 100 Euro pro Kubikmeter verkaufen. Ein anderer Stamm hat einen Spritzkern, also eine Farbveränderung, die bei der Kundschaft nicht beliebt ist. Mit diesem Holz lässt sich weniger Geld verdienen.

    Eine rotkernige Buche: Durch die Farbveränderung ist dieses Holz weniger begehrt.
    Eine rotkernige Buche: Durch die Farbveränderung ist dieses Holz weniger begehrt. Foto: Peter Schmieder

    Die Sägewerke sind Hauptabnehmer des Holzes aus dem Steigerwald, doch auch Brennholz wird hier erzeugt, ebenso wie Industrieholz, das beispielsweise zu künstlichen Fasern in der Textilindustrie verarbeitet wird. Außerdem bleibt ein Teil als Totholz im Wald liegen, vermodert mit der Zeit und bildet damit unter anderem Lebensraum für Pilze. Schnitte, die die Waldfacharbeiter gesetzt haben, zeigen an, welche Teile eines Baumes in welche Verwertung gehen. "An einem Baum können bis zu vier verschiedene Kunden sein", sagt Petra Diener.

    Wie ist die Qualität des Holzes, das aktuell geschlagen wurde?

    Welche Qualität das Holz hat, sehen auch die Försterinnen und Förster erst, wenn der Baum gefällt ist und sie den Stamm von innen sehen können. Mit der aktuellen Ausbeute um den Zabelstein sind sie aber durchaus zufrieden: "Das meiste Buchenholz liegt im weißen Bereich", sagt Daniel Steuer. Nur etwa 30 Prozent seien rotkernig.

    Die Küche von Försterin Petra Diener zeigt, dass sich auch aus rotkernigem Buchenholz etwas Schönes machen lässt - allerdings mit größerem Aufwand.
    Die Küche von Försterin Petra Diener zeigt, dass sich auch aus rotkernigem Buchenholz etwas Schönes machen lässt - allerdings mit größerem Aufwand. Foto: Petra Diener

    Übrigens: Auch wenn es weniger Geld bringt und als unattraktiver gilt, hat das Holz mit der auffälligen roten Zeichnung seine Fans: Petra Diener zeigt ein Foto ihrer Küche, die sie sich aus diesem Holz hat machen lassen – mit hohem Aufwand, denn bei der auffälligen Zeichnung war genau auf Anordnung und Ausrichtung des Holzes zu achten. Doch mit dem Ergebnis ist sie sehr zufrieden.

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