Nicht ganz so lange wie die Queen hat er regiert. Aber seine Amtszeit war fast doppelt so lange wie die 16-jährige Kanzlerinnenschaft von Angela Merkel. Im Mai jedoch geht Sands Bürgermeister Bernhard Ruß in den Ruhestand. Damit tritt nach drei Jahrzehnten ein lokalpolitisches Schwergewicht von der Bühne ab, das es – als Roter wohlgemerkt – 2014 fast geschafft hätte, Landrat in den Haßbergen zu werden.
Jetzt aber ist das Ende der Ära Ruß eingeläutet. Und das macht die Korbmachergemeinde zu einem Musterbeispiel dafür, wie spannend Lokalpolitik sein kann. Während es in Hofheim darauf hinauszulaufen scheint, dass für November Wolfgang Borsts (CSU) Nachfolger mit Parteifreund Alexander Bergmann schon gefunden ist, weil offenbar niemand sonst seinen Hut in den Ring werfen will, treten in Sand – Stand jetzt – (mindestens) zwei Kandidaten gegeneinander an.

Das an sich ist nichts Ungewöhnliches. Spannend wird es vor allem deshalb, weil nicht nur zwei Männer antreten, die – ohne jede Parteibrille betrachtet – beide ordentliche Qualifikationen für das Amt des Rathauschefs mitbringen. Sondern die auch Parteien hinter sich haben, die alles dafür tun werden, damit ihr Hoffnungsträger gewinnt.
Die CSU greift das Sander Rathaus mit Julian Müller an
Da ist auf der einen Seite Julian Müller von der CSU. Im Hauptberuf Büroleiter von MdL Steffen Vogel, dazu zweiter Bürgermeister und gerade erst in Hofheim zum stellvertetenden Kreisvorsitzenden gewählt. 27 Jahre jung, bestens vernetzt in seiner Partei und schon jetzt mit allerlei politischen Wässern gewaschen. Vor allem aber mit einer frisch gebackenen CSU-Kreisvorsitzenden Dorothee Bär an der Seite, für die Sand der erste große Leistungsnachweis sein wird, ob sie auf lokalpolitischer Ebene ebenso kämpfen kann wie ihr Vorgänger Vogel. Sprich ob und wie sie für Müller rennt und brennt.
Die SPD verteidigt das Sander Rathaus mit Matthias Zink
Auf der anderen Seite Matthias Zink, der – sollte er wie Ruß 30 Jahre Bürgermeister bleiben, bei seinem Ausscheiden genauso alt wäre wie jetzt der amtierende US-Präsident, 79 nämlich. Kein Problem also. Er ist Geschäftsleiter der Gemeinde Sand, in Sachen Verwaltung macht ihm also niemand etwas vor, kein Bürger, kein Ratsmitglied. Und: Wer von "König Bernhards" Gnaden aus den eigenen Reihen designierter Thronfolger wird, der muss schon was draufhaben. Denn ebenso, wie die CSU chilischarf darauf ist, den Roten nach einer gefühlten Ewigkeit das Rathaus wieder abzujagen, so brennt die SPD mit Höllenfeuer darauf, ihr Bollwerk gegen den schwarzen Ansturm zu verteidigen.

Freilich ist nichts unmöglich. Doch angesichts der oben geschilderten Konstellation erscheint es unwahrscheinlich, dass ein weiterer Kandidat oder eine Kandidatin den Hut in den Ring werfen wird: Niemand reibt sich gerne für ein Strohfeuer auf. Wie werden sich die im Gemeinderat vertretenen Freien Sander Wähler, die Freien Sander Bürger und öha Sand verhalten? Wer soll ihr Herzblatt werden?
Wird es ein konstruktiver, fairer Wahlkampf, wo es doch um so viel geht? Mögen die Sanderinnen und Sander am Ende die Person wählen, die am besten in die großen Fußstapfen passt, die Bernhard Ruß zweifelsfrei hinterlässt.