Der Landkreis Haßberge will mit einem bisherigen Tabu brechen: Windräder im Naturpark. Das ging bisher gar nicht, du liebe Güte, die schönen Haßberge, der schöne Steigerwald. Welch Landschaftsverschandelung! Welch Eingriff in die Natur! Da war sich die Kommunalpolitik einig, Ausnahmen wie Sands Bürgermeister Bernhard Ruß bestätigen die Regel.
Andererseits: Wo immer außerhalb der geschützten Landschaft ein Windrad gebaut werden sollte, war sich die örtliche Bevölkerung einig: Wollen wir nicht. Macht uns krank, mindert den Wert unserer Immobilie, und überhaupt: Der arme Uhu, der arme Schwarzstorch. Schnell sprachen da viele Betroffene der Windkraftnutzung generell jeglichen Nutzen ab.

Da wird es jetzt richtig spannend, wenn der Landkreis Flächen tief im Wald, fernab des nächsten Wohnhauses findet, die sich fürs Pflanzen der geflügelten Riesenspargel eignen. Was sagen die Nimbys dazu, die Landschaftsästheten, die Freunde alternativer Energien? Wird es Bürgerinitiativen dagegen geben, selbst wenn die Windmühlen ganz weit weg von der eigenen Haustüre Wind mahlen sollen? Und der arme Uhu, der arme Schwarzstorch?
Vielleicht kommt durch den Krieg in der Ukraine jetzt alles ganz anders? Und die Menschen begreifen besser, welchen Nutzen es hat, sich unabhängiger vom Import von Gas und Öl zu machen, vor allem jetzt, wo dem benachbarten Kernkraftwerk der Stecker gezogen ist. Da macht es doch Sinn, selbst mehr regenerative Energien zu erzeugen, nicht nur des Klimas wegen.
Der Landkreis mag beim neuerlichen Vorstoß in Sachen Windenergie vermutlich auch eines beobachtet haben: Niemand muss beim Anblick von Windrädern (oder Solarparks) in Jubel ausbrechen. Aber die Menschen in der Umgebung lernen, wie beim Sailershäuser Wald, mit den Kolossen in der Nachbarschaft zu leben. Davon, dass Infraschall und Blinklichter Anlieger in den Wahnsinn oder gar Tod getrieben hätten, davon war auch noch nichts zu hören oder lesen.
Weil zudem zu erwarten ist, dass sich Fuchs und Hase unten am Waldboden doch alsbald nicht mehr groß um die merkwürdigen Riesenbäume kümmern werden, ist es bestimmt eine gute Idee, Steigerwald und Haßberge in die Standortsuche einzubeziehen. Irgendwoher muss der Strom der Zukunft ja kommen. Und irgendein Preis wird dafür immer zu bezahlen sein.